Ab in den Urlaub! Das SCHIRN MAG hat die schönsten Reiseziele erkundet. In New York kann man von einem Public Art Event zum nächsten schlendern, sich durch die Küchen der Welt probieren und kostenfreie Konzerte besuchen.

1. Chuck Close in der Subway Station

Über 40 Jahre mussten die New Yorker auf den Bau der 2nd Avenue Subway Linie warten. 2017 wurden die ersten drei Stopps (96th, 86th und 72nd) endlich eröffnet. Jede der Stationen wurde von einem zeitgenössischen Künstler gestaltet. Mein Favorit sind die überlebensgroßen Mosaike von Chuck Close, die in der fast komplett in Weiß gehaltenen Station besonders hervor stechen. Der amerikanische Künstler wurde in den späten 60er Jahren durch seine hyperrealistischen, massiven Portraits, die er trotz Prosopagnosie (Gesichtsblindheit) aus unterschiedlichsten Materialien gestaltetet, bekannt. An der Oberfläche angekommen, gehe ich entweder Richtung Westen zum Central Park oder Richtung Osten zum Carl Schurz Park und nehme mir von den Two Little Red Hens Proviant mit - hier gibt es die besten Cupcakes & Kuchen der Stadt.

Chuck Close, Subway Portraits, 2017, Foto: Natalie Wichmann
Chuck Close, Subway Portraits, 2017, Foto: Natalie Wichmann
2. Kunstprojekte an der High Line

Der beste Zeitpunkt, die High Line zu besuchen, ist unter der Woche in den frühen Morgenstunden, wenn Anwohner und Touristen noch in den Federn liegen. Die High Line, heute einer der beliebtesten Parks der Stadt, ist auf einer ehemaligen Hochtrasse für Güterzüge zwischen W34th und Gansevoort Street parallel zum Hudson River angelegt. Neben unzähligen Pflanzen werden auf der Grünfläche jährlich wechselnde Kunstprojekte gezeigt. Dieses Jahr setzt sich die Gruppenausstellung AGORA mit der Frage auseinander, welche Rolle Kunst für die Definition, Gestaltung und Nutzung von öffentlichem Raum innehat. Eine der neun Küstlerinnen und Künstler ist Andrea Bowers, die zuletzt in der SCHIRN bei Power to the People zu sehen war. Mit dem Neon-Schriftzug „Somos 11 Millones / We Are 11 Million“ (aktuelle Anzahl der undokumentierten Migraten in den USA) ein starkes Zeichen zur aktuellen amerikanischen Immigrationspolitik. 

Zu sehen bis März 2019

Andrea Bowers, Somos 11 Millones / We Are 11 Million, 2018, Foto: Natalie Wichmann
3. Jacob Hashimoto auf Governors Island

Wenn ich mal eine Pause vom Trubel der Großstadt brauche, nehme ich die Fähre zu Governors Island. Obwohl die Autofreie Insel nur knapp fünf Minuten von der Südspitze Manhattans entfernt ist, hat man trotzdem den Eindruck in einer komplett anderen Welt, ja fast in einer anderen Zeit zu sein. Die Mischung aus historischen Gebäuden und modern angelegtem Park bietet geistige Anregung als auch die Möglichkeit, einfach in einer der vielen Hängematten, die über den Park im südlichen Teil der Insel verteilt sind, zu entspannen. Diesen Sommer lohnt es sich aber noch für etwas Anderes auf die Insel zu kommen: Jacob Hashimoto’s „The Eclipse“. 15.000 schwarze und weiße Kreise aus Reispapier hängen an kaum sichtbaren Fäden von der Decke der zum ersten Mal seit 2013 wieder geöffneten St. Cornelius Chapel. Wie gigantische Wolken schwebt die Installation im Raum. Ein idealer Ort, um sich zu setzen und eine Weile der Stille zu lauschen.

Zu sehen bis 31. Oktober

Jacob Hashimoto, The Eclipse, 2018, Foto: Natalie Wichmann
4. Chiaozza Zen Garden in der Industry City

Obgleich das Künstlerduo Chiaozza, bestehend aus Terri Chiao und Adam Frezza, mit vielen bekannten Marken – wie Coachella, Nike und zuletzt Ikea – zusammengearbeitet hat, sind sie in der Kunstszene noch immer relativ unbekannt. Wer Lust hat, sich eine ihrer skurrilen Skulpturen anzuschauen, sollte die Gelegenheit nutzen und zur Industry City in Sunset Park, Brooklyn fahren. Dort haben sie zwischen den riesigen Lagerhallen im Innenhof den „Chiaozza Zen Garden“ angelegt, eine lebensgroße Version der in den 90er Jahren beliebten, japanischen Tischgärten. Mit einer Harke können Besucher Muster um die Skulpturen in den Kies zeichnen.

Und wenn man schon mal da ist, sollte man unbedingt die vielen hippen Cafés, Eisdielen, Galerien und Essensstände der Industry City erkunden und sich entspannt in einen der Innenhöfe setzen. Da gibt es übrigens den ganzen Sommer über kostenfreie Konzerte.

Adam Frezza und Terri Chiao, Chiaozza Zen Garden, 2017, Foto: Kendall Tichner (Detail)
5. Madison Square Park

Einer der bekanntesten Orte für Kunst im öffentlichen Raum in NYC ist der Madison Square Park (nicht zu verwechseln mit dem Madison Square Garden). Der kleine Park liegt zwischen dem architektonisch beeindruckenden Flatiron Building und Eataly, der italienische Feinkostriese hat eine der besten Eistheken der Stadt, die auf dem Weg dorthin oder im Anschluss ebenfalls einen Abstecher wert sind. Diesen Sommer zeigt hier die in Syrien geborene und in Brooklyn lebende Künstlerin Diana Al-Hadid eigens für den Park entstandene Arbeiten unter dem Titel: „Delirious Matter“. Die weißen Gips-Skulpturen scheinen die Oberfläche von unsichtbaren Objekten, organische wie architektonische, zu umfließen: Drei Frauenfiguren, kopflos, auf unsichtbaren Sockeln liegend, scheinen sich hinter der üppigen Vegetation des Parks zu verstecken. Auf der mittigen Rasenfläche stehen reliefartige, an Spitzendeckchen erinnernde Wände, die dem Besucher ein Drinnen-Gefühl im Draußen vermitteln. 

Zu sehen bis 3. September

Diana Al-Hadid, Delirious Matter, 2018, Foto: Natalie Wichmann
6. Skylineblick vom Domino Park in Brooklyn

Für den besten Ausblick auf die Stadt muss man nach Brooklyn! Der neu eröffnete Domino Park, benannt nach der ehemaligen Domino Zuckerfabrik, liegt am Flussufer des East Rivers in Williamsburg. Der 24.000 qm große Park bietet (Wasser)spielplätze, Beachvolleyball, Boccia und Rasenflächen zum Sonnen und Entspannen. Die beste Sicht, von der Williamsburg Bridge über das World Trade Center bis hin zum Empire State- und Chrysler Building, hat man von der Hochtrasse am Nordende des Parks. Wer dann genug Sonne abbekommen hat, biegt am Ende der Trasse in die Grand Street ab und läuft bis bis zum Devoción. Das Café bietet den besten kolumbianischen Kaffee von Brooklyn – selbst angebaut und geröstet. Hier kann man sich unter dem Glasdach auf butterweichen Ledercouches eine Pause gönnen.

Domino Park, Foto: Natalie Wichmann
7. Bowery Mural in Manhattan

Die Bowery Mural Wand, an der Ecke Houston und Bowery, ist eine der wenigen Wände für Streetart in Manhattan. Seit Keith Haring sich hier 1982 mit seinem ikonischen “Crack is Wack” Bild für die Nachbarschaft verewigte, wurde die Wand von internationalen Streetart Künstlern bespielt. Die Gegend um die Bowery bot Künstlern wie Jean-Michel Basquiat, aber auch Musikern und Schriftstellern, seit den späten 70ern ein zu Hause. Seit 2008 haben Tony Goldman (Goldman Properties ist seit 1984 offizieller Eigentümer der Wand) und Jeffrey Deitch, Kunsthändler, ein gemeinsames kuratorisches Projekt ins Leben gerufen, das Street artists aus aller Welt eine Plattform bietet. Zuletzt war hier ein Bansky zu sehen. Er nutzte die Wand, um die Inhaftierung der türkischen Künstlerin Zehra Doğan kritisch zu kommentieren. Aktuell entsteht ein neues Mural, wer also in der Stadt ist, sollte unbedingt vorbei kommen.

Banksy, Free Zehra Doğan, 2018, Bowery Mural Wall, Foto: Katherine Lorimer (Detail)
8. Eldorado für Street Art in Brooklyn

Wer sich für Street Art interessiert, sollte sich in den L train setzen und nach Bushwick, Brooklyn rüber fahren. Wo sich Troutman Street und Nicholas Avenue treffen, ist seit 2013 ein regelrechtes Wunderland an Street Art entstanden. Die sogenannte “öffentliche Galerie“ ist rein auf die Verschönerung des Viertels ausgelegt: Künstler spenden ihre Materialien und Arbeit, Anwohner stellen ihre Hauswände zur Verfügung. Für einen guten Kaffee setze ich mich in die Kávé Espresso Bar, die etwas versteckt hinter einer knallgrünen Tür an der Knickerbocker Avenue liegt. Für den großen Hunger wiederum gibt es keinen besseren Ort als das Arepera Guacuco. Der venezolanische Imbiss ist bekannt für seine Arepas und Empanadas.

Street Art in Brooklyn, 2018, Foto: Natalie Wichmann
9. Ein Symbol für den Kulturaustausch

Yinka Shonibares Skulptur „Wind sculpture (SG) I“ am Doris C. Freedman Plaza sieht aus wie eine gigantische Flagge, die von einer Windböe erfasst wird. Die Farben – knalliges Orange, Türkis und erdiges Braun – sollen an westafrikanische Stoffe erinnern. Shonibare, geboren in London und aufgewachsen in Lagos, hat sein gesamtes Leben zwischen England und Nigeria verbracht. Er versteht sich selbst als Kulturhybrid, “ein Produkt aus komplexen, übereinander gelagerten Beziehungen, die über Jahrhunderte von globalem Handel, Migration, Politik und Kulturaustausch geformt wurden.”

Von hier aus gehe ich entweder in den Park, schlendere die Mall runter in Richtung Bethesda Terrace oder, wenn mir nach hübscher Architektur und einem Stück Kuchen ist, kreuze ich einmal die Grand Army Plaza und laufe zum Plaza Hotel. Unter der Woche lohnt es sich, den Vordereingang zu nehmen und einen Blick auf den einzigartigen Palm Court zu werfen. Drinnen angekommen mache ich mich direkt auf den Weg ins Untergeschoss und genieße ein Stück Mille Crêpe Cake von der Lady M Bäckerei.

Zu sehen bis 14. Oktober

Yinka Shonibare MBE: Wind Sculpture (SG) I, 2018, Foto: Natalie Wichmann
10. Nächtliche Screenings am Times Square

Wem nach einem NYC Klassiker ist, der geht zum Times Square. Am besten kommt man gegen 22:30 Uhr auf ein Slice Pizza und geht dann zu Dave & Busters, eine original amerikanische Arcade (Spielhalle). Um 23:45 Uhr sollte man sich aber von den Automaten losreißen, damit man das Wichtigste nicht verpasst: den Midnight Moment. Jede Nacht um exakt 23:57 Uhr wird ein großer Teil der bunten Screens für drei Minuten auf ein monatlich wechselndes Kunstprojekt umgestellt. Dann stehe ich gerne in der Mitte, lasse Bilder, Menschen und all die durcheinander wirbelnden Eindrücke auf mich einprasseln. Und wenn man dann, leicht angetrunken von all den Lichtern, über die Gitterroste an der Fußgängerinsel zwischen 45th und 46th Street am Broadway entlang stolpert, kann man das tiefe Wummern von Max Neuhaus’ Soundinstallation „Times Square“ hören. Ein perfektes Ende für eine Reise nach NYC.

Times Square Arts, 2018, Foto: Ka-Man Tse (Detail)