„Ich bin eher der analoge Typ“
11.09.2025
7 min Lesezeit
Die gelernte Grafikerin Nina Egli betreibt die Bockenheimer Siebdruckwerkstatt JAKOB&TATZE. Neben Auftragsarbeiten gibt sie Workshops – auch außerhalb ihrer Arbeitsräume. Am 20. September kommt sie mit ihrer Siebdruckstation in die SCHIRN.
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Eine erstaunlich ruhige Werkstatt im Hinterhaus, nur ein paar Schritte von der wuseligen Leipziger Straße entfernt. Bei der Einrichtung dominieren Pastellfarben. Alles ist hell, bunt und fröhlich. Das Logo vom Firmenschild finden wir als kleines Tattoo auf dem rechten Oberarm von Inhaberin Nina Egli wieder: Eine blaue Rakel mit zwei Beinen und einem lustigen Gesicht. Ein Werkzeug wie dieses braucht man, um Farbe durch das Sieb auf den Stoff zu drücken. „Man hat mein Logo auch schon mal für ein Toastbrot gehalten“, bekennt Egli und lacht.
Das Ambiente wirkt wunderbar verspielt – trotz oder vielleicht auch wegen der vielen Maschinen. Das Siebdruckkarussell zum Beispiel, mit dem man zeitsparend mehrfarbig drucken kann, sieht so lustig aus wie es der Name vermuten lässt. Über dem sechsarmigen Gerät hängt eine Discokugel. Die gibt es in den Kisten mit den vorbereiteten Rahmen auch als T-Shirt-Motiv. „Die Leute mögen Designs, die plakativ sind“, sagt Egli. Beim Stöbern in den Kisten mit Motiven für die Workshops entdecken wir einen Hahn in Gummistiefeln, Hunde mit wehenden Ohren im Lastenfahrrad oder eine tanzende Kaffeetasse.
Egli hat sich mit ihrer Siebdruckwerkstatt Jakob&Tatze auf Textildruck spezialisiert. Bei unserem Besuch produziert sie gerade ein T-Shirt für das Frankfurter Food-Festival „Foodtura“ in kleiner Auflage. Aufträge aus der hiesigen Gastroszene bekommt sie regelmäßig: Für die Kafferösterei Hoppenworth & Ploch hat sie zum Beispiel schon Team-Shirts gedruckt. Ebenso für das Café Butter. Zu ihrer Kundschaft gehören Illustrator*innen aus ganz Deutschland, die ihre Designs auf Socken, Jutebeuteln oder Pullovern vertreiben wollen. Meist an den Wochenenden gibt Egli ihre Skills in Workshops weiter.
Aufgewachsen ist sie in der Schweiz. In ihrer Ausbildung an einer Schule für Gestaltung lernte Egli den Siebdruck kennen. Ein Job bei einer großen Werbeagentur verschlug sie nach Frankfurt. Vor rund zehn Jahren war das. Nach einem halben Jahr Arbeit im Bereich Dialogmarketing wechselte sie für viereinhalb Jahre in ein kleines Designbüro und entwarf Designs am Computer. „Dabei bin ich eher der analoge Typ“, sagt sie. Egli wollte lieber etwas mit ihren Händen arbeiten als stundenlang am Schreibtisch zu sitzen. „Also habe ich damit angefangen, mein eigenes Ding zu machen.“



„Das Coole am Siebdruck ist: Man kann sich fast stufenlos weiterentwickeln. Angefangen von Super-Low-Budget bis hin zur riesigen Druckerei.“
Nina Egli
Eine märchenhafte Zeichnung führte zum Namen
Den Gründungsprozess begleitete sie auf Instagram. Inzwischen hat sie fast 20000 Follower*innen. „Mir war es wichtig, auch über Dinge zu sprechen, die nicht so gut laufen. Oft hört man ja nur: Alles funktioniert, alles ist easy.“ Eine der größten Hürden – neben der Bürokratie – sei es gewesen, den Alltag sinnvoll zu strukturieren. „Wenn du den ganzen Tag alleine bist und niemand dir sagt, was du tun musst, ist das schwierig. Meine Strategie war es dann, Mitarbeiterinnen einzustellen. Die stehen morgens um 9.30 Uhr auf der Matte und brauchen eine Aufgabe.“ Neben einer Praktikantin arbeiten drei Frauen in der Werkstatt.
Die Designs für die Workshops – es gibt auch einen kleinen Verkaufsstand – stammen oft von den Mitarbeiterinnen oder entstehen in Kooperation mit externen Illustrator*innen. „Ich bin zwar gelernte Grafikerin. Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass es mich eher stresst, ständig neue Ideen haben zu müssen.“ Angefangen – damals noch nebenberuflich – hat Egli jedoch mit eigenen Designs. Die Siebrucke wurden mit einfachen Mitteln in der eigenen Wohnung angefertigt und auf Designmärkten verkauft. Als Vorlage dienten märchenhafte Zeichnungen, die Egli mit dem Fineliner zu Papier brachte. Eine zeigt einen Jungen und einen Bären, die gemeinsam auf einen Baum klettern. „Auf einem der Märkte hat mir eine Frau erzählt, der Junge würde sie an ihren Sohn Jakob erinnern. Dann habe ich mir überlegt, wie denn wohl der Bär heißen könnte.“ Das Motiv inspirierte Egli zum Namen ihrer Siebdruckwerkstatt: JAKOB&TATZE war geboren.




Die Siebdruckwerkstatt wächst
Die eigene Wohnung wurde Egli bald zu klein. „In der Badewanne habe ich Farbe ausgewaschen, im Wohnzimmer einen Baustrahler an ein Stuhlbein gebunden, um Siebe zu belichten, die in der Abstellkammer getrocknet wurden.“ Egli bezog ein Atelier nahe der Konstablerwache. Später ging es nach Bockenheim. Eglis Geräte und Methoden wurden immer professioneller. „Das Coole am Siebdruck ist: Man kann sich fast stufenlos weiterentwickeln. Angefangen von Super-Low-Budget bis hin zur riesigen Druckerei.“
Draußen vor dem Fenster, auf dessen Sims Farbtöpfe aufgereiht sind, knallt die Sonne. „Lasst uns eine Etage tiefer gehen, dort ist es kühler“, sagt Egli. Wir nehmen den Ortswechsel dankend an. Wegen der vielen Oberlichter wirkt der noch leere Kellerraum erstaunlich hell. Auf 220 Quadratmetern entsteht gerade ihre neue Werkstatt. Der Umzug ist für Februar 2026 geplant. Oben, die Fläche dort ist nur halb so groß, soll dann eine Ateliergemeinschaft einziehen.

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Früher wurde der Kellerraum als Holzwerkstatt genutzt. „Als wir hier das erste Mal reinkamen, lag über allem eine feine Schicht Sägespäne“, erinnert sich Egli. „Alles war abgerockt und schmuddelig.“ Zusammen mit ihrem Freund, einem Architekten, kümmert sich Egli seit diesem Januar um die Renovierung. „Dafür sind wir hier unten für dieses Jahr mietfrei. Wir machen so viel wie möglich selbst. Das ist zwar anstrengend, macht aber auch Spaß.“ Wofür braucht Egli doppelt so viel Platz? „Wenn Workshops stattfinden, muss ich oben immer aufräumen, wenn ich parallel an Aufträgen arbeite. Das muss ich hier unten dann nicht mehr.“ Außerdem soll eine Art Open Workspace entstehen. Künstler*innen können sich mit eigenen Projekten tageweise einmieten und die professionell ausgestattete Werkstatt nutzen.
Im noch leeren Keller steht der selbstgebaute Fahrradanhänger, mit dem Egli früher auf Designmärkten unterwegs war. Vor kurzem hat sie sich einen gebrauchten VW Caddy gekauft. „Das erste eigene Auto in meinem Leben.“ Mit ihren mobilen Geräten, zum Beispiel der Sockendruckstation, bietet Egli auch außerhalb der Werkstatt Workshops an. Am 20. September kommt sie in die SCHIRN. Im Gepäck: Schablonen mit Motiven, die von der Frankfurter Illustratorin Amelie Persson entworfen wurden.


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