„Es ist unsere Stärke, Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenzubringen.“

08.08.2025

6 min Lesezeit

Autor*in:
Markus Wölfelschneider
Tara Malek
Zwei Männer in bunten Outfits und Sneakers sitzen in einem hellen Raum mit großen Fenstern und einem Spiegel.

Fashion Shows, Ausstellungen und Performances: Die Events von Tara Malek vereinen Mode, Tanz, Poetry und Musik. Mit den beiden Gründern des vielseitigen Projekts haben wir uns in ihrem – eher unauffälligen – Hauptquartier getroffen.

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Eine Änderungsschneiderei in Königstein im Taunus. Es ist gerade Mittagspause. Vor dem breiten Schaufenster, in dem wir sitzen, laufen Kinder vorbei, die aus der Schule kommen. Um uns herum: Nähmaschinen, Garnrollen und eine lange Reihe von Kleiderstangen, auf denen ausgebesserte Klamotten hängen, die darauf warten, abgeholt zu werden. Neben den üblichen Jacken, Hosen und Hemden fallen uns Kleidungsstsücke ins Auge, die ganz und gar nicht alltagstauglich sind: Ein Rock aus Folie zum Beispiel, in den Tabakkrümel und menschliche Haare eingearbeitet sind. Auf der Folie kleben beschriebene Blätter. Wir lesen etwa ein Zitat aus einem Song von Jim Morrison: „We are ruled by TV“ heißt es da. Daneben hängt eine mit Tafellack beschichtete Hose. Sie kann mit Kreide beschrieben werden. Außerdem entdecken wir Gesichtsschmuck und Oberteile, die aus dem Kabelsalat von Musikkassetten geflochten wurden.

Bei den ungewöhnlichen Kleidungsstücken handelt es sich um Outfits, die bei den Performances des Kunstprojektes Tara Malek zum Einsatz kommen. Außerhalb der Öffnungszeiten werden die unverkäuflichen Einzelstücke hier gefertigt. „Die Schneiderei in Königstein ist unser Atelier und Rückzugsort“, sagt Tabariou Yakoubou, genannt Taba, der Tara Malek vor rund zwei Jahren zusammen mit Luca Giorgio Postir, Spitzname Tuci, gegründet hat. Die beiden stammen aus Düren, einem kleinen Städtchen zwischen Aachen und Köln, wo sie auch heute noch wohnen. Zu unserem Termin sind sie mit dem Zug angereist. Auch Maike, die Tochter der Inhaberin der Schneiderei, ist Teil der Gruppe. Ebenso wie ihr Freund Tom, der ursprünglich aus Düren kommt. „Über ihn lief unsere Frankfurt-Connection“, sagt Tuci.

Braune Wildlederjacke mit Fellkragen und Kette, dekoriert mit Taschenuhr und verschiedenen Textilien am Mannequin.
Foto: Neven Allgeier
CD-Cover der Arctic Monkeys liegt neben einem tragbaren CD-Player auf einem Papierstapel.
Foto: Neven Allgeier
Ein chaotischer Tisch voller bunter Nähgarne, Stifte und kreativer Arbeitsmittel.
Foto: Neven Allgeier

Zwischen Performance, Fashion und öffentlichem Raum

„Ich war schon immer ein in jeder Hinsicht kreativer Mensch, wusste aber lange Zeit nicht, welche Richtung ich einschlagen sollte – bis ich Tuci getroffen habe“, sagt Taba. Tuci hat Modemanagement in Köln studiert. Bei Tara Malek kümmert er sich um organisatorische Belange, während Taba zusammen mit Maike die Klamotten designt. Ihre neueste Kreation ist ein Oberteil, in das zwei Uhren eingearbeitet sind. Zu bewundern an einer Schneiderpuppe im Laden. Die Events von Tara Malek sind ein Mix aus Mode, Tanz, Poetry, Musik und Kunst. Es geht nicht nur um die Klamotten. „Es ist unsere Stärke, Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammenzubringen. Dann bekommen alle ihre Bühne und dürfen zeigen, was sie können“, sagt Tuci. Und Taba ergänzt: „Stell Dir einen großen Topf vor, in den alle ihr Gewürz reingeben. Und wir sorgen dann dafür, dass es gut schmeckt.“

Vor rund eineinhalb Jahren starteten Tara Malek ihr erstes Projekt im Maria-Shop – einem kleinen Modeladen in der Frankfurter Fahrgasse, umgeben von vielen Galerien. „Wir haben dort rotzfrech angefragt, ob sie uns hosten wollen“, erinnert sich Tuci. Die Antwort war positiv. Geboten wurde eine mehrstündige Show. „Die Models, die daran beteiligt waren, haben wir unter einer Brücke am Mainufer gestylt – Haare, Makeup und alles. Dann sind wir mit ihnen über die Straße auf den Laden zugelaufen. Wir lieben es einfach, den öffentlichen Raum in unsere Auftritte mit einzubeziehen.“ Hin und wieder veranstalten Tara Malek auch Fotoshootings in verschiedenen Städten und bauen dabei Passant*innen in ihre Inszenierungen ein, die ihnen spontan über den Weg laufen.

„Wir lieben es einfach, den öffentlichen Raum in unsere Auftritte mit einzubeziehen.“

Luca Giorgio Postir (Tuci)

Bunt gemischte Kleidungsstücke hängen eng an Drahtkleiderbügeln.
Foto: Neven Allgeier
Mann mit Brille und lila Kleidung vor einem Glasfenster. Trägt eine Kopfbedeckung und eine Kette mit Afrika-Symbol.
Foto: Neven Allgeier
Ein schwarzer Tisch mit einem Buch über Martin Margiela und zwei Süßigkeiten verkörpert einen stilvollen, minimalistischen Moment.
Foto: Neven Allgeier

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In einer Eventlocation auf der Frankfurter Berger Straße gaben Tara Malek einen Einblick in ihr kreatives Schaffen. Vergangenes Jahr war das. Weiße Wände wurden über und über mit Plakaten und Polaroids bedeckt. Auf alten Röhrenfernsehern liefen Videos von früheren Events. „Wir arbeiten gerne mit analogen Mitteln“, sagt Tuci. Klamotten waren ebenfalls Teil der Ausstellung: Zum Beispiel ein hutförmiges Kleid aus Filz, auf dessen Stoff ein Konterfei von Joseph Beuys prangt. Der hatte mit seinem Motto „Jeder Mensch ist ein Künstler“ einen wichtigen Einfluss auf Tara Malek und ihre sympathische DIY-Attitude.

Anfang 2025 veranstalteten Tara Malek im Club Tokonoma im Frankfurter Bahnhofsviertel eine Performance, an der auch Ichiro Sugae beteiligt war, ein Tänzer der Dresden Frankfurt Dance Company. Bei dem Spektakel wurde ein ungewöhnlicher Clubabend inszeniert – inklusive gespielter Konfrontation mit dem Türsteher und blass geschminkten Geistern, die sich unter die Clubgänger*innen mischten. Ein weiteres Projekt mit einem anderen Tänzer desselben Ensembles ist in Planung, bei unserem Besuch allerdings noch nicht spruchreif. Am 6. September bespielen Tara Malek das Tanzhaus West. Über die Art der Veranstaltung wollen Taba und Tuci zum Zeitpunkt unseres Treffens noch nichts sagen.

Künstlerische Collage aus Stoff, Papier, Fäden und Erinnerungen in transparenter Verpackung.
Foto: Neven Allgeier
CDs von The Smiths und ein Veranstaltungsflyer mit der Frage "Wer ist Tara Malek?" liegen auf einem Tisch.
Foto: Neven Allgeier

„Tara Malek ist eher ein freies, abstraktes, Konzept und an keine spezifische Gruppe von Menschen gebunden.“

Tabariou Yakoubou (Taba)

Who is Tara Malek?

Überhaupt geben sich die beiden gerne geheimnisvoll. „Who is Tara Malek?“: Diese Frage hatten sie schon in ihrer Anfangszeit zum Slogan erhoben und auf unzählige Plakate gedruckt, um Frankfurt auf sich neugierig zu machen. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Die Bedeutung des Namens wollen sie nicht erklären. Den Begriff Künstler*innengruppe als Selbstbezeichnung lehnen sie ab: „Tara Malek ist eher ein freies, abstraktes, Konzept und an keine spezifische Gruppe von Menschen gebunden“, sagt Taba.

Tuci fährt seinen Laptop hoch und zeigt uns Fotos von vergangenen Events: Eine Modenshow im Frankfurter Kunstverein Lola Montez zum Beispiel. Einige Monate später fand am selben Ort ein Model-Casting statt. „Wir können unsere Models zwar nicht bezahlen. Dafür tun wir aber alles dafür, dass sie sich bei uns wohlfühlen und wir gemeinsam eine tolle Zeit erleben. Wir wissen auch von Models, die durch die Arbeit mit uns für professionelle Agenturen interessant wurden.“ Tara Malek sei kein kommerzielles Projekt. Es gehe dabei nicht ums Geld verdienen. Trotzdem gibt es einen gewissen Anspruch. „Wir haben eine breite Brust, weil wir wissen: Wir können das. Wir sind kein kleines Uni-Projekt, sondern machen richtig geilen Scheiß“, sagt Tuci.

Zwei Männer sitzen auf einer Treppe: Einer trägt einen pinken Hut und blauen Anzug, der andere einen lila Anzug und eine Kappe.
Foto: Neven Allgeier

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