Auf der Taunusstraße hat das Oye aufgemacht. Der Club ist jedoch nicht nur Club. Er kann auch Galerie.

Der Asphalt fließt zäh von der Straße bis ins Oye hinein. Kaum merklich geht es über unterschiedliche Ebenen von der Taunusstraße hinunter ins Souterrain. Die blinkenden Neonreklamen lässt man hinter sich und steigt hinab in einen Kaisersaal. Auf einmal befindet man sich in bester Gesellschaft, inmitten von Kaisern und Königen, die einen aus schwarz-weißen Augen von der Tapete anschauen. Unter den Blicken der betuchten Herren kann man Mantel und Mütze ablegen, sich entblättern und schon mal an der künftigen Adelung arbeiten.

Das Oye in der Taunusstraße 19 ist ein Raum in dem Leute zusammenkommen können, ohne dieselbe Sprache zu sprechen. Man könnte meinen es sei ein Club, denn hier verständigt man sich über Musik und Tanz. Doch die Bezeichnung mag zu kurz greifen. Hinter der Gestaltung steckt mehr oder eben auch mehrere. Es ist ein Ort, an dem nicht nur die Materialen Holz, Zink und Licht zusammenfließen, sondern auch der kreative Input vieler Persönlichkeiten. Zumindest einige werden hier vorgestellt.

Die Straße ist omnipräsent

Für die Architektur wurde das „Office for Architecture and Design“ von Philipp Mainzer engagiert. Mainzer, ein deutscher Architekt und Produktdesigner, ist Präsidiumsmitglied im Rat für Formgebung. Er gründete zusammen mit einem Kommilitonen die stilgebende Möbelmarke e15. „Wir haben lediglich versucht alles auf einen Nenner zu bringen“, so Mainzer. Es ist kein einfacher Raum, wenn im Souterrain kein Kellergefühl aufkommen soll. Es wurden verschiedene Ebenen eingebaut, die über lange Treppen und ein Podest kaum spürbar hinabführen. Ein harmonischer Übergang von der Straße. Und gleichzeitig ist die Straße omnipräsent.

Foto: Diana Pfammatter, Image via diedeana.tumblr.com

Die Materialien Asphalt und Zink holen die Straße in den Raum. Zink ist schließlich das Material, aus dem etwa auch Laternenmaste und Rolltore bestehen. Durch den Bau der Belüftung sind viele Ecken und Kanten entstanden. „Das haben wir einfach zum Thema gemacht“, so Mainzer. „Und Stützen eingebaut, wo es keine gab.“ Der Raum wirkt durch die vielen Sichtpunkte dynamisch. Überall warten Überraschungen. Auch könne man so den Raum flexibler nutzen und an verschiedene Besucherzahlen anpassen. So funktioniert er sowohl als Club, als auch als Galerie.

Musik und Kunst

Ein weiterer Vorteil der vielen Ecken sind die vielen Flächen. Die Tapete ist strickt in schwarz-weiß gehalten. Der hintere Raum trägt den Titel „Love goes to“ und zeigt heute Aufnahmen von Favelas. Er soll unter der künstlerischen Leitung von Teimaz Shahverdi wechselnd tapeziert werden. Shahverdi ist, allgemein ausgedrückt, Designer. Vielmehr bewegt er sich jedoch zwischen den Disziplinen. Er kuratiert Ausstellungen wie zum Beispiel „Trading Style. Weltmode im Dialog“ im Weltkulturen Museum, gestaltet Räume, wie im Museum Angewandte Kunst oder den MMK Store. Früher hatte er den Laden Azita, der Mode, Musik und Kunst verband.

Image via facebook.com/OYE

„Mir ist die Ästhetik sehr wichtig. Viele Entscheidungen basieren darauf “, so Shahverdi. „Wenn man die Skizzen sieht, könnte man denken sie seien für ein anderes Projekt. Ein schöner Entwicklungsprozess.“ Denn viele unterschiedliche Köpfe haben an dem Projekt mitgewirkt. Doch Ideen und Einflüsse mussten am Ende immer über seinen Tisch. Abstrakt gesagt: Er ist der Kurator.

Deutsche Herrscher an den Wände

Im Oye gibt es zwei Bars – eine davon heißt „Unity“. Über dem Tresen hängt sogar das Schild aus dem ehemaligen Club auf der Hanauer Landstraße, den auch die Zeleke-Brüder Mengi, Taff und Yeshi betrieben.

Foto: Oye, 12016

Guckt man im ersten Raum genau hin, sieht man zwischen den deutschen Herrschern an den Wänden, die in ihren spitzbogenförmigen Nischen stehen, Haile Selassie, den äthiopische „König der Könige“. Äthiopien hat für den Clubmacher Mengi Zeleke eine ganz besondere Bedeutung: „Das sind meine Wurzeln. Natürlich ist das in mir drin“, sagt Zeleke. Zusammen mit seinem Bruder kam er Ende der Achtziger mit 15 Jahren aus Äthiopien direkt nach Frankfurt. Was eigentlich als Zwischenstopp gedacht war, wurde eine große Liebe. Anfangs noch Kommunikationselektroniker, wurde Zeleke schon bald im Musikmanagement tätig, was wiederum ins Betreiben eines Clubs mündete, dem „Unity“ in den neunziger Jahren und weiterging mit dem „NuSoul“. Für Zeleke hört ein guter Gastgeber noch längst nicht an der Bar auf. „Die Leute müssen untertauchen können mit allen Sinnen“, sagt er.

In hundert kleine Lichter

So nun auch im Oye, wo es nicht nur etwas auf die Ohren (Oye, spanisch: Hör zu) sondern auch auf die Augen gibt (Oye: Abkürzung für Open your eyes). Es ist für die musikalischen Künstler eine Möglichkeit sich zu präsentieren, die über das Medium Musik hinausgeht. Die Decke des Oye besteht aus Spiegelplättchen, wie bei einer Discokugel. Hält man das Handylicht daran, zerspringt es in hundert kleine Lichter, die auf die tanzende Meute hinabregnen.

Foto: Diana Pfammatter, Image via diedeana.tumblr.com

Magisch Magritte

Ein Magier der Rätsel, ein Surrealist, ein Musikliebhaber wie René Magritte hätte seine Freude an diesem Kellergeschoss in der Taunusstraße 19 gehabt. "Ceci n'est pas une Kaisersaal", hätte er vielleicht ausgerufen – oder es zumindest an die Wände mit den Porträts der Herrscher aus dem Römer und anderen Ecken der Welt geschrieben. Kurzum: Magritte und das Oye passen zusammen wie die SCHIRN und das Bahnhofsviertel. Wir wollen das feiern. Mit Blues als Aperitif, mit den Klängen von Diggermies und Jackmode als plat principal. Seid dabei, wenn Magritte zu Gast bei der Rednight ist.

Foto: Oye, 2016