Im Rahmen des LICHTER Filmfests laufen in der Naxoshalle fünf Kunstfilme. Einer von ihnen wird am 30.3. mit dem LICHTER Art Award ausgezeichnet.

Es dauert zwar noch ein paar Tage bis sich das Künstlerhaus Mousonturm ins Festivalzentrum des „LICHTER Filmfests Frankfurt International“ verwandelt und eine knappe Woche lang zur Anlaufstelle für anspruchsvolle Cineasten wird. Doch schon heute ist das beliebte Filmfestival Gesprächsthema im Café des Hauses: Auf dem Fernseher hinter der Bar läuft der offizielle Festival-Trailer zur neunten Ausgabe.

Saul Judd, Kurator der Kunstfilmsparte, sitzt zufrieden auf einem geblümten Sofa. Mit einer diskreten „Guck-Mal da Drüben“-Geste nickt er mit seinem Kopf, auf dem eine Basecap mit lustigem Kaktus-Muster sitzt, in Richtung Nachbartisch. Dort beugen sich gerade zwei Gäste über das Faltprogramm der Veranstaltung und beschließen, sich gemeinsam einen Film des diesjährigen Schirmherren Edgar Reitz anzugucken.

Eine Veranstaltung mit internationaler Ausrichtung

„Film und Kunst passen generell gut zusammen“, sagt Saul Judd. „Viele großartige Regisseure sind im Laufe ihrer Karriere auch als bildende Künstler in Erscheinung getreten: David Lynch oder Gus van Sant zum Beispiel.“ Judd schwärmt von einer Ausstellung mit Installationen des als Blockbuster-Regisseur bekannten Ridley Scott, die er vor vielen Jahren in London gehen hat. „It was awesome“, sagt Judd, der beim Reden hin und wieder ins Englische wechselt. Judd wurde in Brasilien geboren und lebte in Los Angeles und San Francisco, bevor er 1989 nach Frankfurt zog, um Philosophie zu studieren.

Saul Judd, Foto: Markus Wölfelschneider, 2016

Unter dem Label „Don’t miss“ veranstaltete er Ausstellungen in wechselnden Off-Locations. Im Januar rief er zusammen mit dem Künstler Gunter Deller im ersten Stock des Programmkinos „Mal Sehen“ die Videokunstreihe „Schaut!“ ins Leben. Seit 2010, dem Jahr, in dem sich das Lichter Filmfest unter der Leitung von Festivaldirektor Gregor Maria Schubert von einem Regional-Festival zu einer Veranstaltung mit internationaler Ausrichtung mauserte, ist Judd für den „LICHTER Art Award“ verantwortlich.

Das Thema Flüchtlinge

Während die internationale Filmreihe und das Begleitprogramm diesmal unter dem Motto „Grenzen“ steht, gibt es in der Sparte „Videokunst“ kein verpflichtendes Oberthema. „Kunst muss schließlich frei sein“, sagt Saul Judd. Zusammen mit der freien Kuratorin Vivian Trommer und Fabian Schöneich (Kurator des Portikus) kürte er aus rund 80 eingereichten Filmen fünf Finalisten, die in der Naxoshalle auf speziellen Leinwänden in Endlos-Schleife gezeigt werden. Bei der Vernissage am 30. März um 19 Uhr wird der Siegerfilm mit dem LICHTER Art Award ausgezeichnet. 1000 Euro Preisgeld winken.

1001 NIGHTS IN FAIRFIELD (2015)

Gleich zwei der fünf Filme, die es in die Endauswahl geschafft haben, beschäftigen sich mit dem Thema „Flüchtlinge“: „1001 Nights in Fairfield“ der australischen Künstlerin Zanny Beggs handelt von einem religionsübergreifendem „Chor der Liebe“ in Melbourne, in dem irakische Flüchtlinge sogenannte Maquams singen – ursprünglich arabische Lieder, die von Moslems, Juden und Arabern gleichermaßen geschätzt werden. Der Film „Ansichten“ von Sita Scherer und Tina Schönfelder zeigt die desolaten Zustände in einer Flüchtlingsunterkunft bei Fulda und konfrontiert die Bilder mit Audiokommentaren, in denen deutsche Normalbürger ihre Ansprüche an eine gute Wohnung schildern.

Ein multimediales Theaterstück

„Shoreline“ von Yalitsa Riden handelt von einer Frau, die zusammen mit ihrer Tochter und einer Freundin eine Wohngemeinschaft bildet. Das Innenleben ihrer Protagonistinnen übersetzt Riden in poetische Bilder von Küstenlandschaften. Auch „Woman Without Mandoline“ ist ein gutes Beispiel dafür, dass Videokunst oft deutlich experimenteller ist als etwa Filme aus dem Kurzfilmgenre. Mit Hilfe von digitaler Technik verwandelt der in Berlin lebende Künstler Fabiano Mixo das Gesicht der farbigen Schauspielerin Miriam Goldschmidt in ein kubistisches Kunstwerk und spürt den afrikanischen Einflüssen auf die europäische Kunstgeschichte nach. In „B-Roll with Andre“ von James N. Kienitz geht es um einen fiktiven Charakter namens Andre, der im Film selbst nicht vorkommt sondern immer nur aus der Sicht Anderer beschrieben wird.

WOMAN WITHOUT MANDOLIN (2015)

Zum Programm in der Naxoshalle gehört neben einem Art-Talk (31.3., 18 Uhr) mit den Videokünstlern auch ein multimediales Theaterstück, das den Titel jener beiden Tage trägt, an denen es aufgeführt wird: „1. April 2016“ und „2. April 2016“. Zu elektronischen Beats werden die Meldungen der Tagesschau gesungen. „Es handelt sich um eine Art New Opera“, erklärt Saul Judd.