Mit diesen Last-Minute-Geschenketipps findet sich garantiert ein passendes Buch für Groß und Klein, ganz gleich ob für Kurator*innen von Morgen, absolute Kunstprofis oder solche, die es schon immer werden wollten.

Für die Kurator*innen von Morgen

In dem bild- und textstarken Ausstellungskatalog „Schulterblicke“ werfen die Kuratoriumsmitglieder des Offenbacher Kunstvereins Mañana Bold, Ellen Wagner, Aileen Treusch und Felix Kosok, einen Blick über den Tellerrand traditioneller Kunstvereine hinaus. Ein Mantra ist der ständige Wechsel, die stetige Bewegung, der stete Fluss – ganz gleich, ob geistig oder physisch. Mit einem Fokus auf nomadische Kunstvereine, die ihren Standort regelmäßig wechseln, sprechen sie mit verschiedenen Institutionen und Kulturschaffenden über die Potenziale und Schwierigkeiten einer Kulturarbeit auf Wanderschaft. Zugleich werfen sie mit ihren Gesprächspartner*innen einen Blick zurück auf bereits realisierte Ausstellungsprojekte und damit verbundene Konzepte. In einem einleitenden Glossar werden spielerisch Stichworte gegeben, die sich aus der nomadischen Arbeit ableiten lassen und als „Gedankenübung zur Beweglichkeit“ verstanden werden. Die anschließenden vier Kapitel setzen sich  jeweils aus einem Essay und einem längeren Gespräch zusammen. Sie fokussieren sich auf die Interaktion im Urbanen und auf die Frage, wie sich Film- und Videoarbeiten im öffentlichen Raum zeigen lassen, auf das Interdisziplinäre – beispielsweise das Verhältnis von Design und Kunst – und auf Hybride, die irgendwo zwischen digital und analog angesiedelt sind. 

Schulterblicke, Image via hfg-offenbach.de

Für alle, die über den westlichen Kunstkanon hinauswachsen wollen

Mit „Black Artists Now” bietet Ann Mbuti einen beeindruckenden und inspirierenden Ausblick auf Schwarze zeitgenössische Kunst, der mit dem weiß und westlich dominierten Kunstkanon, wie er im Kunstunterricht, aber auch an vielen Hochschulen noch immer vermittelt wird, bricht. Oder wie sie in der Einleitung des Buches selber schreibt: „Die folgenden Seiten versammeln viele [...] Geschichten über Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt, die aus [einer transformativen] Kraft schöpfen. So unterschiedlich ihre Themen und Werke sind, haben sie jedoch gemeinsam, dass sie alle Schwarz sind. Damit ist nicht nur ihre Hautfarbe gemeint, sondern die soziale Konstruktion des Andersseins und die nicht-privilegierte Positionierung in der Gesellschaft, die sie alle betrifft. Das zeigt sich besonders in der Kunstwelt, denn sie hat lange vermittelt, dass die großen Errungenschaften der Vergangenheit vor allem der Arbeit von Weißen Künstlern entspringen. Die Kunstgeschichte schien vorzuschreiben, was gute Kunst ist – dabei ist sie nur eine Geschichte von vielen. Doch auch sie wandelt sich mit den Künstlerinnen und Künstlern der Gegenwart, die sie konstant fortschreiben und neue Richtungen aufzeigen. Zum Beispiel hin zu Schwarzen Künstlerinnen und Künstlern, die sich schon lange visuell und intellektuell mit künstlerischen Mitteln ausdrücken. [...] Nun zieht die westliche Kunstwelt mit einer neuen Kanonbildung nach und räumt diesen Künstlerinnen und Künstlern mitsamt ihren Fragestellungen endlich Platz ein. “

Insgesamt 15 zeitgenössische Künstler*innen, darunter Kara Walker, El Anatsui, Precious Okoyomon, Otobong Nkanga uvm., werden exemplarisch vorgestellt und mit Anekdoten, biografischen Eckdaten und Erzählungen über die Entstehung ihrer Kunstwerke nahegebracht. Das Buch ist für Kunstinteressierte jeden Alters konzipiert, erfordert keine Vorkenntnis zeitgenössischer Kunst und lädt mit einer Vielzahl von Abbildungen und Illustrationen zu einer lange überfälligen Horizonterweiterung ein.

Black Artist Now, Image via chbeck.de

Black Artists Now, Image via chbeck.de

Für Kunstprofis mit Freundeskreis

Wie funktionieren Freundschaften in einem Arbeitsalltag, der wie der Kunstbetrieb  von Austausch und Kontakten, aber auch von einer großen Konkurrenz geprägt ist? Wo endet echte Freundschaft und wo beginnt Zweckmäßigkeit? Und von was für Ritualen werden Freundschaften begleitet? Es sind Fragen wie diese, denen sich die Kunsthistorikerin und Mitbegründerin von „TEXTE ZUR KUNST”, Isabelle Graw, in ihrem feinsinnigen Buch „Vom Nutzen der Freundschaft” widmet. Ausgangspunkt bilden fiktive Tagebucheinträge, mit denen Graw ihre eigenen Freundschaftserfahrungen im Kunstbetrieb mosaikhaft verwebt. Sie habe „eine Kulturkritik der Freundschaft schreiben” wollen, in der es darum ginge, „dass [...] im Kulturbetrieb – und im Kunstbetrieb insbesondere – viele Freundschaften einen instrumentellen Zug haben. Die sind nützlich, aber zugleich sind diese Freundschaften auch durch Zuneigung und Anziehung und Sympathie charakterisiert“, verrät Graw im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Als Resultat dieser Beobachtung ist ein Buch entstanden, das die Schattenseiten von Freundschaften innerhalb eines auf Wettbewerbsfähigkeit und neoliberalistischen Idealen ausgelegten Kunstsystems kritisch reflektiert, zugleich jedoch nie den Glauben an die Freundschaft im selben Berufsfeld aufgibt: Denn es gibt sie, die wahren Freundschaften im Kunstbetrieb und ihre Vorteile sind ebenso vielfältig wie ihre Risiken.

Vom Nutzen der Freundschaft, Image via spectorbooks.de

Für kleine Entdecker*innen, die eine Gutenachtgeschichte zur Kunst hören wollen

Ein kurzer, leicht verständlicher Überblick über die Kunstgeschichte, kindgerechte Informationen zur Funktionsweise eines Museums und zugleich ein fantasievolles Abenteuer mit animierenden Mitmachspielen und Platz zum Ausmalen und Einkleben? All dies findet sich in Christine Zieglers liebevoll illustriertem Kinderbuch „Kunstfresser – Aus dem Leben einer Museumsmotte”. Die Motte Heribert und seine Nichte Jolinde gehen auf große Entdeckungstour ins Museum. Doch aus Heriberts ursprünglicher Idee, Jolinde davon zu überzeugen, wie inspirierend und köstlich zugleich Kunst ist, wird nichts. Denn ausgerechnet Heriberts Lieblingsbild wird gestohlen! Nur durch den Mut der kleinen Jolinde wachsen beide Motten über sich hinaus und begeben sich auf die Suche nach dem heißgeliebten Kunstwerk – wobei sie Werken von Hilma Af Klint, Picasso, Frida Kahlo und vielen mehr begegnen. Mit dem Kunstbuch für Grundschüler*innen ist der Autorin ein großer Spagat zwischen informativen Kindersachbuch und Mitmach-Abenteuergeschichte gelungen. Das liebevoll illustrierte Kinderbuch ist zum Vorlesen ab 6 Jahren und für Jungen und Mädchen ab 8 Jahren zum Selberlesen geeignet.

Kunstfresser – Aus dem Leben einer Museumsmotte, Image via thalia.de

Kunstfresser – Aus dem Leben einer Museumsmotte, Image via thalia.de

Für alle, die bei Kunst nur müde die Augen verdrehen

„Warum sollte ich mich überhaupt mit Kunst beschäftigen? Wozu ist Kunst gut? Warum ist Gegenwartskunst nicht so gut wie die Alten Meister? Warum sind Texte zur Kunst immer so unverständlich?” Ja, warum eigentlich? Wem Fragen wie diese nur allzu bekannt vorkommen, könnte in dem neuesten Buch des ehemaligen FAZ-Kunstkritikers und heutigen Kurators der Bundeskunsthalle, Kolja Reichert,  den idealen Ratgeber gefunden haben. Mit „Kann ich das auch? 50 Fragen an die Kunst” bietet Reichert eine ebenso leichte wie anregende Lektüre, der es gelingt, mit Vorurteilen gegenüber der  Kunst auf humorvolle Weise zu brechen. Reich an Anekdoten aus dem internationalen Kunstbetrieb und kunsthistorischem Wissen behandelt Reichert die 50 titelgebenden Fragen und reflektiert, wie elitär Kunst sein darf, woran Kunstraub in der Regel scheitert und wie zwischen guter und schlechter Kunst unterschieden werden kann. Er habe mit diesem Buch zeigen wollen, „was man von der Kunst alles erwarten kann. Welche Fragen man an sie stellen kann. Wie man sie kritisieren kann. Und wie man vermeidet, dass man sich, wenn man aus einer Ausstellung kommt, dümmer fühlt als vorher.” Eine ehrgeizige und zugleich realistische Agenda, denn obwohl Reichert auf intellektuelle Belehrungen verzichtet, wächst das Wissen über die Kunst bei der Lektüre merklich an und stimmt versöhnlich – mit der Kunst genauso wie mit den Leuten, die nichts von ihr halten.

Kann ich das auch? Image via klett-cotta.de