Ob im Spessart, der texanischen Wüste oder schwedischen Wäldern: Diese zehn Adressen lohnen definitiv einen Umweg!

UNNA, LECH, ZOUZ & CO.

Der „Roden Crater“ in der Wüste Nordarizonas soll zwar in den kommenden Jahren nach viereinhalb Dekaden endlich eröffnen, aber noch ist kein fester Termin in Sicht. Bis dahin werden Fans von James Turrell aber schon an anderen mehr oder weniger abgelegenen Orten fündig: Der berühmte amerikanische Licht-Raum-Künstler erschafft ortsspezifische Erlebniskunst, die ausschließlich mit natürlichem Sonnen- oder auch Mondlicht funktioniert – dauerhaft zu sehen sind seine Skyspaces an so unterschiedlichen Orten wie Lech am Arlberg (Österreich), Zouz (Schweiz) oder Northumberland (England), aber auch an zahlreichen Orten in den USA oder zum Beispiel in Colomé (Argentinien). Und im westfälischen Unna, wo nebenbei auch das Zentrum für Lichtkunst einen Zwischenstopp lohnt.

James Turrell, Third Breath in Unna, 2009, Image via www.lichtkunst-unna.de

KUNSTVEREIN WIESEN, SPESSART

Wirklich abseits des Weges und der Besucherströme liegt der Kunstverein Wiesen, in den Wäldern des Spessarts, nicht weit von Aschaffenburg. Der Verein öffnet seine Räume in einem ehemaligen Jagdschloss nach individueller Vereinbarung und manchmal samstags, dann auch ohne Voranmeldung. Alternativ kann man auch zur nächsten Ausstellungseröffnung anreisen: Am 13. Juli startet die Schau von Daniel Lergon, der bekannt wurde für umfangreiche Serien mit Malerei, die er jeweils mit einem einzigen Farbpigment bestreitet – in der Vergangenheit zum Beispiel Phtalo-Grün oder Alizarin. Die auszustellenden Werke sind noch im Entstehen, der Ausflug lohnt sich also.

Eröffnung: Samstag, 13. Juli 2019

Yves Scherer, Sunset, Ausstellungsansicht, Courtesy the artist und Kunstverein Wiesen
MUZEUM SUSCH, SCHWEIZ

Im Schweizer Unterengadin, wo im Winter Ski gefahren und im Sommer gewandert wird, ist jetzt auch die Kunstwelt zu Hause: Die polnische Sammlerin Grażyna Kulczyk hat dem 200-Einwohner-Dörfchen Susch ein millionenschweres Museum für zeitgenössische Kunst beschert, eingebettet in spektakuläre Architektur, die sich bis ins unterirdische Steinmassiv frisst. Die Eröffnungsausstellung in diesem Jahr lautete „A Woman looking at Men looking at Women“, entlieh ihren Titel dem gleichnamigen Essayband von Siri Hustvedt, und umfasste Werke unter anderem von Nicole Eisenman, Carolee Schneemann oder Alina Szapocznikow. Eine neue Ausstellung eröffnet am 27. Juli, hinzu kommen zahlreiche Dauerinstallationen.

Museum Susch, Image via dezeen.com

THE WALTHER COLLECTION, NEU-ULM

Die Privatsammlung von Artur Walther gehört zu den großen Fotografiesammlungen in privater Hand. Unter dem Namen The Walther Collection werden wechselnde Ausstellungen aus dem eigenen Bestand an zwei Standorten in New York und Neu-Ulm gezeigt. An beiden Standorten widmet man sich derzeit mit „Then and Now. Life and Dreams Revisited” chinesischer Fotografie, die seit 2017 einen neuen Sammlungsschwerpunkt bilden – von anonymen Aufnahmen aus den 1910er Jahren über den omnipräsenten Ai Weiwei bis zum Fotoblogger Lin Zhipeng alias 223, in dessen Arrangements Social Media- mit Juergen Teller-Ästhetik zusammenkommen.

The Walther Collection, Campus Neu-Ulm, 2018 © Juliane Peil, Image via www.walthercollection.com

CASA DAS MUDAS, CALHETA 

In Madeira wachsen prächtigste Blumen im Bündel am Straßenrand, die man auf den Frankfurter Wochenmärkten für mehrere Euro je Stück erwerben kann. Die spektakuläre Botanik ist, neben Wanderungen entlang der traditionellen Aquädukte, eines der wichtigsten Aushängeschilder der portugiesischen Urlaubsinsel. Eher seltener erwähnt wird das Museum für Zeitgenössische Kunst, MUDAS, dem nicht mal eine eigene Webseite vergönnt ist - dabei zeigt es sich mit einer gigantischen Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche von 12.000 Quadratmetern gar nicht besonders bescheiden. Nebenbei wartet das preisgekrönte Bauwerk des Architekten Paulo David mit einem dramatischen Ausblick direkt am Steilhang über Insel und Meer auf.

Casa da MUDAS, Image via museus.madeira.gov.pt

KUNSTVEREIN ARNSBERG

Über 300 Kunstvereine gibt es in der Bundesrepublik, nicht alle sind, wie der Frankfurter Vertreter, in der Großstadt angesiedelt. Im beschaulichen Arnsberg beispielsweise konnte man schon nächtlichen Performances im Wald beiwohnen oder Einzelausstellungen mit Künstlern wie Julius von Bismarck besuchen. Aktuell zu sehen: Die Malerin und Performerin Angela Fette, die unter anderem auch an der Offenbacher HfG wie auch an der Städelschule studiert hat.

Fabian Knecht, ISOLATION (Dead Tree) im Arnsberger Wald, Image via www.kunstverein-arnsberg.de

CHINATI FOUNDATION, MARFA 

In den 70er Jahren zog es Minimal Artist Donald Judd aus dem zunehmend verhassten Kunstmekka der Metropole in die texanische Wüste. In Marfa kaufte er ein ehemaliges Armeegelände, das er bis zu seinem Tod 1994 mit Kunst füllte, unter anderem von Dan Flavin, Roni Horn und Richard Long, aber auch mit eigenen, gigantischen Betonkästen, die sich hier nun unter einmalig dramatischem Licht ganz gut als Monolithen der Ewigkeit machen. Geografisch ist Marfa noch immer reichlich abseits des Weges. Einsam wird es an diesem abgelegenen Ort inzwischen seltener – längst hat sich die dort ebenfalls ansässige Chinati Foundation in den internationalen Art Destination-Kanon eingeschrieben (dort war übrigens unter anderem auch schon Rosa Barba als Artist in Residence zu Gast). Und ein paar Kilometer weiter befindet sich die bekannte „Prada Marfa“ Installation des Künstlerduos Elmgreen & Dragset.

Donald Judd, Untitled, 1984, Image via WikiCommons
Elmgreen & Dragset, Prada Marfa, 2005, Image via WikiCommons
Wanås Konst, KNISLINGE

In einem anderen Nirgendwo, hier: dem der schwedischen Wälder, befindet sich der Skulpturenpark Wanås Konst. Selbst die nächstgelegene Stadt fasst nur wenige Tausend Einwohner. Zwischen üppigem, wucherndem Grün lagern 70 Kunstwerke von Künstlerinnen wie Jenny Holzer, Ann-Sofi Sidén und Ann Hamilton. Oder Yoko Ono, die einen Kirschbaum zum „Wish Tree“ umfunktioniert hat. Der Park ist 365 Tage im Jahr jeweils morgens um zehn bis nachmittags um fünf Uhr geöffnet und zusammen mit dem zugehörigen Schloss auf vielen Besucherrouten fest eingeplant. Nebenbei: Wanås Konst ist diesjähriger Partner der Bad Homburger Blickachsen, somit ist ein erster Einblick in den schwedischen Skulpturenpark näher als man denkt.

Jenny Holzer, Wanås Wall, 2010, Foto: Mattias Givell, Image via www.wanaskonst.se

JOSEF ALBERS MUSEUM QUADRAT, BOTTROP

Das Quadrat ist Museum für Ur- und Stadtgeschichte und eine Hommage an den berühmtesten Künstler der Stadt in Einem. 1976 etablierte Bottrop das Josef Albers Museum Quadrat, einige Jahre später überließ die Textilkünstlerin und Ehefrau des Künstlers Anni Albers der Institution   eine weitere großzügige Sammlung mit Werken des Farbtheoretikers und Malers. Neben der Dauersammlung wird im modernistischen Bauwerk mit Ulrich Erben ein deutscher Vertreter der Farbfeldmalerei präsentiert, im September folgt eine Ausstellung über Josef Albers und das Bauhaus.

Josef Albers Museum Quadrat Bottrop, Image via www.bottrop.de

MÖNCHEHAUS MUSEUM, GOSLAR

Mehr von Nevin Aladağ, deren Musikzimmer, Brussels auch in der aktuellen BIG ORCHESTRA zu sehen ist, gibt es noch bis zum 1. September in Goslar zu sehen. Zwar eine kleine Großstadt, trotzdem eher abseits der üblichen Verbindungsrouten zwischen Göttingen und Braunschweig direkt am Rande des Harz: Dort widmet das Mönchehaus Museum der Künstlerin eine Soloausstellung, in der Videoarbeiten wie „Traces“, aber auch Makramés aus Telefon- und Kupferkabeln sowie Bilder und Zeugnisse vergangener Sound-Performances zu sehen sind.

Nevin Aladağ, Jali Amorph, Keramik, 2019, Installationsansicht, Courtesy Nevin Aladağ und Wentrup, Berlin © Nevin Aladağ, VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Image via www.moenchehaus.de