Jakob Hoffmann lebt und arbeitet in Frankfurt. Der Netzwerker veranstaltet Ausstellungen, Lesungen und außergewöhnliche Formate. Zur Buchmesse organisiert er ein Comic-Programm mit Zeichnern aus Flandern.
Wenn man Jakob Hoffmann besucht, dann wird schnell deutlich, dass er einer ist, der gerne auf unterschiedlichen Hochzeiten tanzt, dass man es hier mit einem zu tun hat, der sich für dies, das und noch etwas ganz anderes gleichzeitig interessiert. In einer Holzkiste stapeln sich neue Comics, die Regale quellen über vor CDs, Büchern und Ausstellungskatalogen, an den Wänden hängt Kunst – vor allem Illustrationen. Jakob Hoffmanns hat sich die Aufgabe gesucht, diese Dinge, die ihn begeistern, anderen näherzubringen. Er kuratiert Ausstellungen, er organisiert Lesungen, er moderiert Film-Screenings, er hat eine Veranstaltungsreihe zum Thema Comics ins Leben gerufen. Er liebt es, Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenzubringen – einfach um zu gucken, was daraus entstehen könnte. Es gibt wohl kaum Menschen, die neugieriger sind als Jakob Hoffmann.

Hoffmann, 52 Jahre alt, macht das alles aus Spaß – nicht, um damit Geld zu verdienen. In seinem Brotjob arbeitet er als Jugendbildungsreferent für den Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder. Er sagt, dass es ein Luxus ist, Kulturveranstaltungen zu organisieren, ohne unter dem Druck zu stehen, dass sie sich rentieren müssen, ohne dass am Ende des Monats genug für Miete und Leben übrig bleiben muss. Trotzdem fühlt er sich nicht richtig wohl in seiner Rolle. Ihn sorgt, dass er mit seinem Engagement denen schadet, die hauptberuflich im Kulturbetrieb arbeiten und sowieso häufig schon unter finanziellem Druck stehen. Verschlechtern Menschen wie er die eh schon prekäre Situation in den Kulturberufen? Aus diesem Dilemma scheint es keinen Ausweg zu geben.
Illustratoren, Schauspieler, Kinder
Es gibt Croissants und eine große Kanne Kaffee. Wir gehen auf die Terrasse, die Sonne ist gnädig. Auf dem Tisch steht ein bunter Blumenstrauß, in der Sandkiste liegt buntes Spielzeug, die „FAZ“ liegt auf dem Tisch. Jakob Hoffmann ist mit einer Ärztin verheiratet, die beiden haben zwei Kinder. Sie wohnen in einem Siebziger-Jahre-Backsteinbau im Westend, die Decken sind niedrig, das macht es gemütlich. Hoffmanns wichtigstes Arbeitswerkzeug, ein wuchtiger Windows-Laptop, steht auf dem Wohnzimmertisch.


Hoffmann zählt auf, was er schon alles gemacht hat. Ausstellungen in einer alten Fabrikhalle in Grävenwiesbach. Den „Two Size Kalender“, für den Jahr für Jahr andere Illustratoren Werke beisteuern. Eine Ausstellung mit Polaroid-Fotos, an der sich Künstler wie das Paar Wiebke Grösch und Frank Metzger, aber auch die berühmten Schauspieler Sepp Bierbichler und Wolfram Koch (der heute Frankfurter „Tatort“-Kommissar ist) beteiligt haben. Kleidertauschpartys. Für das MMK hat er eine Ausstellung für Kinder mit der Frankfurter Ateliergemeinschaft „Labor“ und den Machern des britischen Kinder-Magazins „Anorak“ organisiert, der Titel: „Pssst!“. In abgewandelter Form hat sie vor kurzem auch das Museum Ludwigsburg gezeigt. Bei der Gründung von zwei wichtigen Frankfurter Kulturinitiativen war Jakob Hoffmann mit dabei: beim Verein „Raum 121“ und beim Literatur-trifft-Pop-Format „Text & Beat“.
Organisieren und netzwerken
Warum macht er das alles? Was treibt ihn an? „Das ist eine schwierige Frage“, sagt Hoffmann. „Die psychologische Antwort lautet wohl: weil es meine Möglichkeit ist, mich aktiv im Kunstbereich zu bewegen.“ Er sagt, dass er schon immer fasziniert war, von der Kunstwelt, dass er immer schon Teil dieser Welt sein wollte. Doch mit eigenen künstlerischen Ambitionen habe er nie glänzen können. Also konzentriert sich Hoffmann auf das, was er besonders gut kann: organisieren und netzwerken.


Eines seiner neuen Projekte ist das Veranstaltungsformat „Stories + Strips“, das den Machern von Comics und Graphic Novels eine Bühne bietet. Sechs bis acht Comic-Lesungen pro Jahr stellt Hoffmann dafür auf die Beine. Zur Buchmesse organisiert er einen Comic-Schwerpunkt für das Lesefestival „Open Books“ des Frankfurter Kulturamts. An zwei Tagen während der Messe treten dann in der Heussenstamm Galerie wichtige Comic-Künstler, auch aus Flandern, der diesjährigen Gastland-Region der Buchmesse, auf.
Eine große Solidarität
Auch bei „Stories + Strips“ war es die Neugier, die am Anfang stand. „Als Kind habe ich zwar wie alle anderen Comichefte wie Zack oder Buffalo Bill gelesen, aber ein echter Fan war ich nie“, erzählt Hoffmann. Vor einigen Jahren entdeckte er dann, welches Potential in dem Genre steckt. Die Artikel von Comic-Experte und FAZ-Redakteur Andreas Platthaus hatten ihn auf die Fährte gebracht. Er fängt an, regelmäßig Comics zu lesen, lernt die Macher des Berliner Reprodukt-Verlags kennen, organisiert eine erste Comic-Lesung, mit der großartigen Zeichnerin Ulli Lust, für die „Text & Beat“-Reihe. Und er merkt schnell: „Das ist eine Szene, die ist mir sympathisch.“ Es herrscht eine große Solidarität unter den Comicverlagen, die Szene ist überschaubar, man unterstützt sich gegenseitig, sagt Hoffmann. Das ist ihm wichtig.


Sein zweite, aktuelle Herzensangelegenheit nennt sich „These Foolish Things“. Diese Veranstaltungsreihe organisiert Hoffmann für das Atelier Goldstein. Seit 2001 gibt es die Initiative, die Künstlern mit Handicaps wie Down-Syndrom oder Autismus Atelierräume zur Verfügung stellt und sie fördert. Seit 2014 hat das Projekt eine eigene Galerie, in einem früheren Ladenlokal auf der Sachsenhäuser Schweizer Straße. Die Ausstellungen dort will Hoffmann mit der „These Foolish Things“-Reihe „an den aktuellen Kunstdiskurs andocken“. Er will neue Verbindungen zwischen dem Kunstbetrieb und der sogenannten „Outsider Art“ herstellen. Wahrscheinlich ist genau das der Begriff, der die vielen unterschiedlichen Dinge, die Jakob Hoffmann macht, am besten zusammenfasst: Brückenbauer.


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