Der Künstler Wolfgang Tillmans engagierte und positionierte sich bereits 2016 politisch gegen den Brexit. Nun ruft er auf, bei der Bundestagswahl nationalistische und rechtspopulistische Strömungen zu verhindern.

"Rechstpopulisten gewinnen, weil die anderen zu Hause bleiben." Mit einer politischen Aktion meldet sich erneut der deutsche Fotograf und Künstler Wolfgang Tillmans zu Wort. Bereits anlässlich des Brexit-Votums 2016 hatte er in Großbritannien dazu aufgerufen, sich für die Wahlen registrieren zu lassen und als Wahlberechtigter mit der eigenen Stimme gegen die nationalistische britische Anti-Europa Bewegung vorzugehen.

Die Mitte der Gesellschaft wähnt sich in Sicherheit.

Wolfgang Tillmans, Künstler, 2017

Für die Anti-Brexit-Kampagne entwarf Tillmans damals 30 unterschiedliche Plakatmotive, die auf abstraktem farbigem Hintergrund teils poetische, teils sachliche Argumente gegen den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union vorbrachten. Der durch das britische Volk schließlich gewählte Austritt aus der E.U. wird auf der Website des Künstlers betweenbridges.net im Nachgang in einem ausführlichen, emotionalen Statement rekapituliert.

Eine massive Internetkampagne

Tillmans selbst beschrieb in der Süddeutschen Zeitung nach der Brexit-Abstimmung, dass er den begehrten englischen Turner Prize als deutscher Künstler im Jahr 2000 nur gewinnen konnte, weil in der Öffentlichkeit ein pro-europäischer, offener Geist herrschte. London hatte "selbstbewusst seinen Platz mitten im Zentrum Europas eingenommen." Nach einer beispiellosen nationalistischen Pro-Brexit Kampagne hat sich dieser Geist im Jahr 2016 verflüchtigt und es wurde eindrucksvoll demonstriert, wie erfolgreich populistische Parteien mit schwachen Argumenten im gegenwärtigen politischen Klima agieren können.

Wolfgang Tillmans, 2017

Trotz der politischen Niederlage ermutigten den Künstler die positiven Reaktionen auf seine Kampagne, die unter anderem in den sozialen Medien Verbreitung fand, nun anlässlich der deutschen Bundestagswahl erneut öffentlich politische Position zu beziehen, um einen Rechtsruck im deutschen Bundestag durch fehlende Wahlbeteiligung zu verhindern. Tillmans schreibt in einem offenen Brief unter anderem: "Die Mitte der Gesellschaft wähnt sich in Sicherheit, während die AfD für die letzten Tage des Wahlkampfes eine massive Internetkampagne plant."

Scheibchenweise Tabubrüche

"Es gibt keinen Grund entspannt zu sein und zu glauben, die neuen rechtsnationalistischen Bewegungen würden an Deutschland vorüberziehen." Die deutlichen Wahlergebnisse für den Front National in Frankreich hätten etwa gezeigt, wie stark die antidemokratischen und rechtpopulistischen Kräfte sind. Und sind sie erst einmal als drittstärkste Kraft im Parlament ins tägliche Geschäft eingebunden, wie nach aktuellen Umfragen vorhergesagt, würden "scheibchenweise Tabubrüche vorgenommen und rechtsradikales Gedankengut normalisiert."

Wolfgang Tillmans, 2017

Um den prozentualen Anteil der AfD so klein wie möglich zu halten, sei es notwendig, dass jeder berechtigte Wähler seine Stimme abgibt anstatt zu Hause zu bleiben und sich auf Wahlprognosen zu verlassen. Während die AfD in den letzten Tagen vor der Wahl am 24. September ihre Kampagne noch einmal in ihrer Polemik verstärkt, ruft der Künstler Wolfgang Tillmans mit seiner politischen Aktion zur aktiven Beteiligung an der Demokratie auf.

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Wolfgang Tillmans, 2017