Ob Opernbühne, Schlosskeller, Kirche oder die Deutsche Botschaft: Mit ihrer warmen Stimme füllt die Frankfurter Sopranistin Bernadette Schäfer so manchen Raum – auch ihre eigenen vier Wände. Ein Hausbesuch.

Es ist ein musikalisches Haus im Frankfurter Nordend, in dem sich die Altbauwohnung der freischaffenden Sopranistin Bernadette Schäfer befindet. Passenderweise steht es in einer Straße, die nach einem berühmten Komponisten benannt wurde – von dem Schäfer zufällig auch eine Arie in ihrem Vorsingrepertoire hat. „Bis vor kurzem lebten hier im Haus noch zwei weitere Opernsängerinnen. Und unter mir wohnt eine Frau, die gerne Cello spielt“, erzählt sie kurz nach der freundlichen Begrüßung.

„Gott sei Dank ist es für meine Nachbarn kein Problem, wenn ich in meiner Wohnung laut singe. Schließlich muss ich meine Stimme täglich trainieren. Das heißt natürlich nicht, dass ich stundenlang die hellsten und höchsten Töne von mir gebe. Das würde nämlich keine Stimme lange aushalten.“

Ein lockerer Körper ist Voraussetzung für eine kräftige Stimme

Wir sitzen im Wohnzimmer, das mit Möbeln und Accessoires aus Holz, Kupfer und Messing im Stil vergangener Dekaden eingerichtet wurde. Am Fenster steht ein schwarzes E-Piano, auf dem sich Schäfer beim Singen begleitet. Bei anderen Gegenständen, die uns umgeben, ist es weniger offensichtlich, dass sie eine wichtige Rolle in ihrem Berufsleben spielen. Den Gymnastikball und die Therabänder etwa, die über der Tür zum Nebenraum hängen, braucht sie für Lockerungsübungen. Ein lockerer Körper ist eine wichtige Voraussetzung für eine kräftige Stimme. Der große Wandspiegel im Schlafzimmer dient nicht in erster Linie der Eitelkeit, sondern hilft Schäfer beim Singen ihre Körperhaltung zu kontrollieren. Und die fünf Kleider auf den farbigen Bügeln (das auffälligste hat ein exotisches Pfauenmuster), trägt Schäfer fast ausschließlich bei Auftritten. „Privat bin ich eher der Hosentyp“, sagt sie.

Foto: Neven Allgeier

Mit einer Stimme, die wärmer und auch ein wenig tiefer ist, als man es von einer Sopranistin gemeinhin erwartet, erzählt Schäfer von ihrer musikalischen Ausbildung. Seit ihrem sechsten Lebensjahr nahm sie Klavierunterricht. Ab der fünften Klasse ging sie auf das Landesmusikgymnasium ihrer damaligen Heimatstadt Montabaur. Eine engagierte Lehrerin weckte in ihr den Wunsch, Gesang zu studierten. „Von da an war mir klar, dass ich Opernsängerin werden will. Ich hatte keinen Plan B und wollte niemals etwas anderes machen“, erinnert sie sich.

Nach dem Abitur besuchte Schäfer die Musikhochschule in Detmold. „In meinem Jahrgang waren wir am Fachbereich Künstlerischer Gesang bloß vier Studenten. Das war eine prima Voraussetzung, weil sich jedem von uns viele Gelegenheiten boten, sich auszuprobieren und an tollen Aufführungen teilzunehmen – ganz ohne Konkurrenzdruck“, sagt sie. Zu den Studieninhalten gehörte auch szenischer Unterricht, in dem schauspielerische Fähigkeiten vermittelt wurden. Nach ihrem Abschluss bekam Schäfer ein Engagement am Landestheater Detmold. „Als der Gastvertrag dort auslief, brach ich von heute auf morgen meine Zelte ab, weil ich unbedingt in eine größere Stadt ziehen wollte. Ich bin in solchen Dingen manchmal rigoros.“

Foto: Neven Allgeier

Von da an war mir klar, dass ich Opernsängerin werden will. Ich hatte keinen Plan B und wollte niemals etwas anderes machen.

Bernadette Schäfer

Seit acht Jahren lebt Schäfer nun schon in Frankfurt. Zweieinhalb Jahre lang war sie hier an der Oper im Chor engagiert, stand fast täglich auf der Bühne und sang in so ziemlich allen großen Produktionen – Zauberflöte, La Traviata, Così fan tutte und Don Carlos zum Beispiel. „Der Job war eine Elternzeitvertretung, hat mir großen Spaß gemacht und war eine wertvolle Erfahrung“, sagt Schäfer. Als ihr Vertrag verlängert werden sollte, lehnte sie dennoch ab. „Ich wollte lieber unabhängig sein und als Solistin auftreten. Nicht immer nur im Chor. Also habe ich mich für das Risiko entschieden und begann als freie Opernsängerin zu arbeiten.“ Bereut habe sie diesen Schritt in die Selbständigkeit noch nie, sagt Schäfer. Im Gegenteil. „An meinen Beruf gefällt mir, dass er so enorm abwechslungsreich ist“, erzählt sie. 

Foto: Neven Allgeier

An meinen Beruf gefällt mir, dass er so enorm abwechslungsreich ist.

Bernadette Schäfer

Zu ihren Engagements gehören neben Opernproduktionen (auf diversen Freilichtbühnen der Republik spielte sie etwa die Pamina aus Mozarts Zauberflöte) auch Kirchenkonzerte und Liederabende. Außerdem unterrichtet sie Gesangsschüler. Voller Begeisterung berichtet sie von ihren Konzertreisen in ferne Länder. In der Deutschen Botschaft von Tiflis, der Hauptstadt von Georgien, hat sie bereits gesungen. Ein anderer Auftritt als Solistin führte sie mit dem Goethe-Institut nach Santa Cruz de la Sierra in Bolivien, wo Beethovens neunte Symphonie mit dem berühmten vierten Satz (der auch als „Ode an die Freude“ oder „Europahymne“ bekannt ist), gegeben wurde.

Von Schlossgespenstern über ein Café im Nordend zum Weihnachtsoratorium

Spaß machen Schäfer auch die Kinderopern, in denen sie hin und wieder eine Rolle übernimmt. An der Oper Frankfurt war sie in einer Operette von Emmerich Kálmán zu sehen. Zuletzt spielte sie im vergangenen Sommer das Schlossgespenst Elsbeth bei den Marburger Schlossfestspielen. „Mit dem Stück sind wir durch das ganze Schloss gezogen. In jedem Raum spielte eine andere Szene. Das war eine ganz besondere Herausforderung, weil man sich ständig auf neue akustische Bedingungen einstellen musste“, erzählt sie.

Foto: Neven Allgeier
Foto: Neven Allgeier

Woran Schäfer aktuell arbeitet, verraten die aufgeschlagenen Blätter auf dem Notenständer neben dem Klavier: Für ein Konzert in der Marktkirche Wiesbaden, das im November stattfinden soll, studiert sie gerade das Elias-Oratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy ein. Und zum Schluss erzählt uns die vielseitige Musikerin noch von einem weiteren Projekt, das aber noch nicht ganz spruchreif ist: „Eine Freundin von mir übernimmt demnächst das Kulturcafé Denkbar im Frankfurter Nordend. Dort werde ich dann vermutlich auch bei der ein oder anderen Musikveranstaltung mitwirken.“ Auf jeden Fall wird man von Bernadette Schäfer noch so einiges hören.

Foto: Neven Allgeier
Foto: Neven Allgeier

Mehr aus der Reihe

Frankfurts kreative Szene

069