Da im kommenden Februar meine Ausstellung „Surreale Dinge – Skulpturen und Objekte von Dalí bis Man Ray“ eröffnet wird, habe ich dieses und vergangenes Jahr mehrfach Reisen nach Paris unternommen. Denn der Surrealismus war eine primär französische Bewegung der 1920er bis 1940er Jahre, und viele Werke befinden sich heute im Centre Pompidou, im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris oder in wichtigen Galerien und Privatsammlungen der französischen Hauptstadt.
Die Verhandlungen, um solche hochkarätigen und empfindlichen Leihgaben zu bekommen, erforderten fast immer den persönlichen Besuch – manchmal sogar mehr als einen – denn auch wenn die SCHIRN unter den Museumskollegen bekannt ist, genügt es oft nicht, Leihgebern nur einen Brief zu schreiben und das Konzept einer Ausstellung schriftlich darzulegen. Ein Besuch vor Ort, um beispielsweise auch Werke im Depot eines Museums im Original anzuschauen, ist meist unabdingbar.
Außerdem ist es oft schwierig, mit Leihgebern in Kontakt zu kommen, die ihre Privatsphäre vehement schützen wollen. Es gehört viel Geduld und oft auch die Hilfe von Dritten dazu, um überhaupt empfangen zu werden. Selbst Galeristen, die als Experten für Surrealismus manchmal schon viele Jahre mit dieser Kunst handeln, sind oft nicht so leicht zu überzeugen, dass gerade dieseSurrealismus-Ausstellung tatsächlich ein neues Terrain erschließt – und dass es sich lohnt, mit uns zu kooperieren.
Meine gerade zu Ende gegangene Reise nach Paris war der Abschluss solcher streckenweise etwas zähen Verhandlungen – oder soll ich sagen „Kämpfe“ – um die Leihgaben. Aber wir waren erfolgreich: Es ist uns gelungen, rund 180 Werke von 51 Künstlern auszuleihen und von Februar 2011 an ausstellen zu können. Dass es die erste umfassende Präsentation von dreidimensionalen Werken des Surrealismus sein wird, hat unsere Leihgeber überzeugt.
Bei meinem aktuellen Besuch habe ich die Abbildungen für den Katalog besprochen – und die ungewöhnliche Ausstellungsarchitektur, die wir planen. Auch damit müssen Leihgeber in Bezug auf Sicherheit und konservatorische Fragen im Vorfeld einverstanden sein.
DIE MONET-AUSSTELLUNG ZU SEHEN, LOHNT SICH
Dass die FIAC Kunstmesse in Paris – nur eine Woche nach der Frieze in London und zwei Wochen nach dem Artforum Berlin – gerade einen Boom erlebt, ist überall spürbar. Tatsächlich herrschte im Grand Palais, wo die klassische Moderne und vorwiegend etablierte Gegenwartskunst versammelt ist, fast eine Stimmung wie in Basel: Museales und Raumgreifendes, wohin man schaute, von Pollock über Twombly, von Mario Merz bis Anish Kapoor. Werke in Millionenhöhe überall. Aber nicht nur der Preis, sondern auch die Qualität stimmt, und man hat Freude, das zu sehen.
Das Grand Palais mit seinem riesigen Glasdach ist ein spezieller und äußerst repräsentativer Ort für eine Messe. Diesmal gab es zusätzlich einen Parcours aus hochwertigen Skulpturen in den Tuilerien, die den Weg säumten, wenn man zur Abteilung für die junge Kunst ins Carrée du Louvre hinüberging.
Das Einzige, was man als professioneller FIAC-Besucher vermissen konnte, war ein Begleitprogramm: Überall, ob in Köln, Berlin, New York, London oder Basel gibt es spezielle Veranstaltungen wie Besuche in Privatsammlungen, besondere Termine in aktuellen Ausstellungen der Museen mit Führungen durch den Kurator. Doch nicht in Paris. Das ist erstaunlich.
Doch auch die große, gut gehängte Monet-Ausstellung, ebenfalls im Grand Palais, und die umfassende Basquiat- sowie die skandalträchtige Larry-Clark-Ausstellung im Musée d’Art Moderne haben den Paris-Besuch lohnend gemacht. Eine Entdeckung war für mich die Schau des zu Unrecht des Kitsches bezichtigten Klassizisten Jean-Léon Gérome im Musée d’Orsay: Ein fantastischer Maler, dessen Szenen an Filme erinnern, und dessen Porträts eine enorme Intensität ausstrahlen.