Isabel Gathofs Dokumentarfilm „Moritz Daniel Oppenheim – The first Jewish painter“, der für den Hessischen Filmpreis in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm 2017“ nominiert war, kommt am 25.10. ins Kino.

„Niemand soll vergessen sein“ erklärt Majer Szanckower, Verwalter der jüdischen Friedhöfe in Frankfurt am Main, gegen Ende von „Moritz Daniel Oppenheim – The first Jewish painter“. Zu sagen, dass dieser Satz programmatisch über Isabel Gathofs Dokumentarfilm hängt, wäre zu wenig. Denn die junge Filmemacherin entreißt Moritz Daniel Oppenheim, der als erster jüdischer Maler des 19. Jahrhunderts in die Geschichte eingegangen ist, nicht nur dem Vergessen und setzt ihm ein filmisches Denkmal, sondern sie verschweißt den zu Lebzeiten modern eingestellten Künstler regelrecht mit der Jetztzeit.

Moritz Daniel Oppenheim wurde 1800 in die letzten Jahre des Hanauer Gettos hineingeboren, das 1806 von Napoleon und seiner Armee aufgelöst wurde. Er wuchs in einem jüdisch-orthodoxen Milieu während der Anfangsjahre der jüdischen Emanzipation auf und besuchte ab 1810 die Hanauer Kurfürstliche Zeichenakademie. Nach Stationen an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München, am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt und als Schüler von Jean-Baptiste Regnault in Paris gewann er 1924 bei einem Zeichenwettbewerb in Rom den ersten Preis, der ihm allerdings wegen seiner jüdischen Herkunft wieder aberkannt wurde. Durch die Begegnung mit Baron Carl Mayer von Rothschild in Neapel, der auch sein Mäzen wurde, etablierte er sich ab 1825 als Porträtist und Kunstagent der berühmten jüdischen Rothschild-Familie.

Abbild Moritz Daniel Oppenheim, (c) FEINSHMEKER FILM

All das ergründet Isabel Gathof sehr klassisch und nüchtern, indem sie Nachfahren, Kunsthistoriker und Personen aus der jüdischen Gemeinde zu Wort kommen lässt. Ihr Film schwenkt dabei zwischen dem Schloss Philippsruhe und den Jüdischen Friedhöfen in Hanau und Frankfurt, dem Rothschildpark in Frankfurt oder dem Jüdischen Museum in Paris hin und her und begibt sich auf Spurensuche. Oppenheim bekommt hier das Lob, das ihm gebührt, denn Gathof zeigt ihn und seine Kunst als Verkörperung der jüdischen Emanzipation und eines interreligiösen Austauschs, den man vielen aktuellen Konflikten nur wünschen kann.

Ein detailverliebter Chronist

Gegen seine Skeptiker aus dem Judentum blieb Oppenheim der Malerei treu, die damals als christlich-kirchliche Kunst galt. Genauso treu blieb er aber auch seinem Glauben und konvertierte nie, wie viele seine Zeitgenossen, zum Christentum. Oppenheim wurde von Juden und Christen gleichermaßen geschätzt und fertigte Porträts von bekannten Persönlichkeiten wie Goethe und Heine an, daneben zeigte er sich mit seinen Genre- und Milieubildern über das jüdische Leben und seine traditionellen Feste als detailverliebter Chronist.

„Rückkehr des Freiwilligen aus den Befreiungskriegen zu den nach alter Sitte lebenden Seinen“ von Moritz Daniel Oppenheim, 1833/34, Image via: lichter-filmfest.de  

Gathofs gut recherchiertes Porträt über Moritz Daniel Oppenheim alleine würde eine solide, sich aber nicht wirklich hervorhebende Künstlerdokumentation abgeben. Die Regisseurin geht allerdings einen Schritt weiter: Sie greift nämlich Oppenheims gelebtes Miteinander von Tradition und Moderne auf und verarbeitet es leitmotivisch, indem sie Leben und Werk mit dem Entstehungsprozess des Denkmals „Moritz und das tanzende Bild“ zusammen schneidet, das 2015 auf dem Hanauer Freiheitsplatz eingeweiht wurde.

Begleitet von einer Fusion klassischer und elektronischer Musik

Meditativ wirkende Bilder zeigen, wie aus einem Miniaturmodell schrittweise die überlebensgroße Oppenheim-Skulptur des Bildhauers Pascal Coupot wird und wie schließlich das gesamte, von Robert Schad entwickelte Denkmal entsteht. Dass der Soundtrack, der in Zusammenarbeit mit der Neuen Philharmonie Frankfurt entstand, als Fusion von klassischer und elektronischer Musik daherkommt, ist dabei nur konsequent in dieser filmischen Schweißnaht zwischen Damals und Heute.

Moritz Daniel Oppenheim und das tanzende Bild, Hanau, Image via: hanau-neu-erleben.de

Filmstill, Miniaturmodell von Pascal Coupot, (c) FEINSHMEKER FILM