Die SCHIRN präsentiert eine Auswahl monumentaler Skulpturen aus dem Spätwerk des Künstlers Bruno Gironcoli. Der Österreicher gilt als einer der wichtigsten Bildhauer seiner Generation.

In seiner persönlich gefärbten, individuellen Bildsprache schuf Bruno Gironcoli ab den frühen 1960er-Jahren in einer schier nicht enden wollenden erfinderischen Unersättlichkeit ein sehr eigenwilliges, singuläres Œuvre. Mit immer neuen Werkgruppen gelang es ihm, eine jeweils unverkennbare, überraschende Sprache zu finden. Nacheinander entstanden Drahtplastiken, Hohlkörperformen, Polyesterobjekte und irritierende Environments.

Der Mensch mit seinen Abgründen befand sich dabei im Zentrum der künstlerischen Arbeit Gironcolis. Existenzielle Fragen und einen durchaus politisch motivierten Avantgardegedanken teilte er mit den Kollegen der Wiener Szene. Gironcolis Ästhetik der Maßlosigkeit und der Opulenz hat unzählige jüngere Künstler inspiriert, darunter auch ehemalige Schüler wie Franz West, Hans Schabus oder Ugo Rondinone.

Gironcolis Ästhetik hat unzählige jüngere Künstler inspiriert

1977 übernahm Gironcoli die Leitung der Bildhauerschule der Akademie der bildenden Künste in Wien. Es entstanden erstmals raumfüllende, oft raumsprengende Skulpturen, die als Hauptwerk des Künstlers gelten. Fremdartig und doch vertraut sind sie mit ihren organischen Formen und den Versatzstücken einer Alltagskultur, die sich häufig am Lokalen orientiert: Bald glaubt man ein Weinfass zu erkennen, eine Ähre, eine Weinrebe. Dann wieder inszeniert Gironcoli einen seltsamen Aufmarsch von Säuglingen oder eine imposante ameisenartige Skulptur. Seine grandiosen und irritierenden Werke überraschen stets als postmoderne Pastiches.

Bruno Gironcoli im Frankfurter Kunstverein 1981, Foto: Walter Kranl

Gegen Ende der 1960er-Jahre bewegt sich Gironcoli weg von einem trotz aller innovativen Kraft doch relativ konventionellen Skulpturenbegriff, hin zu einem komplexeren Umgang mit dem Raum und insbesondere mit dem Betrachter. In dieser Zeit entstehen unter anderem irritierende Environments aus verschiedenen, auch alltäglichen Gegenständen, in denen der Betrachter nun als aktiver Protagonist einer Szene begriffen wird. Die Environments sind zugleich Bühnen für Handlungen, die eng mit den performativen Arbeiten des Wiener Aktionismus verbunden sind. Die Einflüsse der Wiener Aktionisten synthetisiert er mit der Arte Povera, der neuen Figuration, dem Objektbegriff des Künstlers Marcel Duchamp und dem sich langsam etablierenden neuen Medium des Environments und findet damit wiederum zu einer eigenen Sprache. 

Die gigantischen Objekte scheinen einem Theater des Absurden entsprungen

Es sind vor allem die seit 1977 entstandenen monumentalen Skulpturen, die Gironcoli zur Referenz für die jüngere Bildhauergeneration gemacht haben. Mechanistische, maschinenartige Elemente sind vereinigt mit plakativen Symbolen und provokativen Schnörkeln. Es sind körperhafte Kunstwerke, die in vielerlei Hinsicht mit der Wahrnehmung des Betrachters spielen. Als seien sie einem Theater des Absurden oder einer surrealen Traumwelt entsprungen, erscheinen die gigantischen Objekte wie Prototypen einer neuen Spezies, getaucht in glänzende, verführerische Oberflächen aus Gold, Silber und Kupfer.

Bruno Gironcoli, Ohne Titel, 2001 © the Estate Bruno Gironcoli, Foto: Hans Christian Krass

Die Schirn präsentiert insgesamt sechs dieser Skulpturen – sowohl im Innenraum als auch im Außenraum, der Rotunde.  Die klare abstrakte Konstruktion der Prototypen wird immer wieder durch gegenständliche Details gebrochen. Die Prototypen bestechen durch eine Maßlosigkeit, die sich nicht allein in der monumentalen Dimension zeigt, sondern auch in ihrer Komplexität – Gebilde, die ästhetisch reizvoll und vielschichtig in ihren Bedeutungen sind. Sie verbinden Mechanik und Organismus, Psychisches und Technisches.