Michael Riedel gibt mit seiner Podcast-Serie „HOW TO MAKE MONEY AS AN ARTIST IN THE ART WORLD“ intime Einblicke in die Kunstwelt. Wir haben mit ihm über das Projekt gesprochen und erfahren, wie er sich selbst zum Millionär machen konnte.

1. Lieber Michael, mit deinen ersten Aktio­nen im Rahmen des Kunst­pro­jekts „Oskar-von-Miller-Straße 16“ Anfang der 2000er-Jahre sowie der bis heute inmit­ten von Kunst und Leben ange­sie­del­ten frei­tags­kü­che hast du inter­na­tio­nal früh Bekannt­heit erlangt. 2012 folgte in der SCHIRN mit „MICHAEL RIEDEL. KUNSTE ZUR TEXT“ eine erste Retro­spek­tive deines Werks. Für all jene, die diese Projekte verpasst haben: Wie würdest du den Wesens­kern deiner Kunst beschrei­ben, auf welchen Prin­zi­pien grün­det dein Werk?

Michael Riedel: Im Wesent­li­chen stresst mich der Kunst­be­trieb. Fünf Fragen auf einmal, fünf unbe­zahlte Antwor­ten. Prin­zi­pi­ell versu­che ich aber, das Problem auch als Lösung zu verste­hen.  Verkürzt gesagt komme ich einfach nicht dazu Kunst zu machen, deshalb ist meine Kunst so wie sie ist.

Michael Riedel: Abstract, 2022 (Spector Books), (c) Studio Michael Riedel

2. Mit dem Podcast „HOW TO MAKE MONEY AS AN ARTIST IN THE ARTWORLD“ kommst du nun mit einem exklusiven Hörerlebnis zurück in die SCHIRN. Die Reihe basiert auf deinem 2022 erschienenen Brief-Roman „Abstract” (Spector Books, 2022), in dem du die Zusammenarbeit mit deiner ehemaligen New Yorker Galerie anhand des langjährigen E-Mail-Verkehrs nachzeichnest. Zuvor hattest du diese bereits in Form von Geldscheinen – den RIEDELS – veröffentlicht. Wie kam es dazu und hattest du keine Bedenken, die E-Mails offenzulegen?

Michael Riedel: Mir ist klar, dass E-Mails vertrauliche Informationen enthalten können, die Mitteilungen aber für mich bestimmt sind. Oder anders gesagt „ If you are not the intended recipient, please advise the sender immediately and delete this message”. Der Roman hätte auch als E-Mail verschickt werden können. Es ist aber nicht so, dass mich bei der Verwendung des E-Mail-Textmaterials die Offenlegung von Interna interessiert hat. Als Künstler interessiert es mich vielmehr, wie sich komplexe Situationen, wie zum Beispiel der Kommunikationsfluss zwischen Künstler und Galerie, verbildlichen lässt. Das Ergebnis waren spezielle Musterflächen unterschiedlich skaliert vom Geldschein bis hin zur Tapete oder auch collagiert für meine Ausstellungsreihe „Erfolg“, in der ich der Vermarktung verschiedene Gesichter gegeben habe. Mit den 45 Millionen „Riedels", die in Zusammenarbeit mit der deutschen Bundesbank entstanden sind, habe ich mich dann selbst zum Millionär gemacht. Seit­dem lasse ich die Riedels für mich arbei­ten. Der Roman war sozu­sa­gen die erste Ausschüt­tung. Und es geht infla­tio­när weiter.

Ist das Kunst oder ist das Geld?

Michael Riedel

Riedel-Geldscheine, Image via michaelriedel.net

Inflation-Schein (c) Studio Michael Riedel

3. In welchen Medien bewegst du dich vorrangig und was reizt dich daran, auch ins Auditive vorzudringen?

Michael Riedel: Ich bin das Medium! Vielleicht musste das mal laut gesagt werden. Und am besten mit gleich mehreren Stimmen, was im Text den zahlreichen Absender*innen entspricht. Da meine Bildsprache auf Texten basiert, liegt der Schritt zum gesprochenen Bild nahe. Mit Text-to-Speech-Programmen habe ich den Roman jetzt vertont, was übrigens nicht meine erste Audioproduktion gewesen ist. „zɛlpstbəˈʃʁaɪ̯bʊŋ”, phonetisch für Selbstbeschreibung, war der Titel meiner Museumsausstellung 2019 in Leipzig, in der meine Druckgrafik zu sehen und zu hören war. Und für den Museumsbau, den ich mit dem Architekturbüro Kühn Malvezzi in Saarbrücken realisiert habe, gibt es eine Komposition, die die Architektur als Oper inszeniert. Leider fehlt es dafür den Verantwortlichen aber oftmals an Fantasie.

4. Kannst du uns einen kleinen Vorgeschmack geben – welche Lehren lassen sich aus dem Podcast ziehen? Und inwiefern unterscheidet er sich vom populären Enthüllungsbericht?

Michael Riedel: Würde ich diese Frage ernsthaft beantworten, würde ich quasi den Witz erklären über den dann keiner mehr lachen kann. So funktioniert vielleicht Kunstvermittlung, aber nicht die Kunst selbst. Wenn sich überhaupt etwas enthüllt, dann vielleicht, dass ich dreizehn Jahre an einem Projekt gearbeitet habe, das die Zusammenarbeit zwischen Künstler und Galerie zum Gegenstand hatte. Wobei die Grenze zwischen Projektbewusstsein und Alltagsbewältigung dabei verschwimmt.

 

(c) Studio Michael Riedel

5. „HOW TO MAKE MONEY AS AN ARTIST IN THE ART WORLD” feierte kürzlich seine Premiere auf dem SCHIRN MAG und erscheint fortan monatlich. Begleitet werden die Podcast-Episoden jeweils von einem RIEDELS SCRATCH CARD EVENT in der freitagsküche –  das nächste Mal am 15. Dezember. Was erwartet die Besucher*innen vor Ort?

Michael Riedel: Die Besucher*innen erwartet eine postdramatische Abendgestaltung, theatralisch ausgedrückt. Ein Abend mit gewohnt gutem Essen und Getränken in der freitagsküche, schillernd moderiert von Deborah with a D., bei dem die Frage „Ist das Kunst oder ist das Geld?“ im Raum steht. Der Geldautomat, an dem mit Bankkarte Riedels gezogen werden konnten, ist leider außer Betrieb. Aber Euros lassen sich auch ohne Strom in Riedels umtauschen, mit denen dann die Rubbellose (Scratch Cards) gekauft werden können, die wiederum Gewinne in Millionenhöhe versprechen. Wobei die Nieten, also Null-Riedels, sicherlich auch einen Wert besitzen und ob die Lose überhaupt aufgerubbelt oder als monochrome Grafik gewertschätzt werden, wird sich zeigen. Wie auch immer, am Ende können Kunstwerke gekauft werden, die sich nur mit Riedels bezahlen lassen.

SCHIRN MAG x frei­tags­kü­che

PODCAST RELEASE & RIEDELS SCRATCH CARD EVENT

15. Dezem­ber 2023 und 26. Januar 2024, jeweils um 19 Uhr. Eintritt frei! Wir empfeh­len zu reser­vie­ren!

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