Jasna Fritzi Bauer und Katharina Zorn sind als Artist-Duo nicht nur künstlerisch miteinander verbunden, sie sind auch privat ein Paar. Gemeinsam ziehen sie die 6-jährige Zoe groß. Wir haben mit ihnen über ihr Leben zwischen Rotem Teppich, (Theater-)Bühne und Kindergarten gesprochen.

Wir betreten das „Château Royal” an einem nasskalten Freitagmittag. Während wir uns den Nieselregen von der Stirn wischen, empfängt uns das Berliner Hotel mit einer angenehmen Atmosphäre: Fischgrätparkett, holzvertäfelte Wände, warme Farben und edle Stoffe. Jasna Fritzi Bauer und Katharina Zorn haben es als Location für das heutige Shooting ausgesucht. Die Schauspielerin und die Künstlerin kennen wir eigentlich aus Frankfurt am Main, wo sie mit ihrem interaktiven Lyrikprojekt „Heute schreibe ich” schon den Römerberg und das Mainufer bespielt haben. Auch im Château Royal sind die beiden keine Unbekannten: Während der Berlinale feierten sie hier gemeinsam ihren Geburtstag, zu dem auch viele Prominente aus der Filmbranche eingeladen waren. Ihre Wohnung halten die beiden dagegen lieber privat. Schließlich steht Jasna Fritzi Bauer schon seit ihrer Schulzeit im Rampenlicht. Die Wiesbadenerin mit schweizerisch-chilenischen Wurzeln spielte in diversen TV- und Kinoproduktionen mit – nicht selten in der Hauptrolle. Seit 2021 ist sie auch als Liv Moormann, Kommissarin im Bremer Tatort, bekannt. Katharina Zorn arbeitete viele Jahre international als Visual Merchandiser, bevor sie mit 25 Jahren ungeplant schwanger wurde. Obwohl sie mit dem Vater keine Beziehung führt, entscheidet sie sich für das Kind. Ein Jahr lang zieht sie die kleine Zoe allein groß. Dann lernt sie in der Küche einer gemeinsamen Freundin Jasna Fritzi Bauer kennen, die gerade am Schauspiel Frankfurt gastiert. Es funkt. Schon am nächsten Tag sind die beiden ein Paar. Seit 2022 leben und arbeiten sie in Berlin. Mit Zoes Vater und dessen Familie pflegen sie einen engen Kontakt. Sie sind ein wichtiger Teil des Familienkonstrukts.

Langsam füllt sich die Lobby. An der Hotelbar, die auch Kulisse in einem französischen Arthouse-Film sein könnte, werden Espresso-Martini und andere Cocktail-Klassiker gemixt. Doch noch bevor wir in Versuchung kommen, selbst einen Drink zu bestellen, stehen Jasna Fritzi Bauer, Katharina Zorn und Zoe vor uns. „Hey, schön, dass ihr da seid!” Gemeinsam gehen wir in den Restaurantbereich, wo ein Tisch für uns reserviert ist. Bei Pommes frites und Wolfsbarschfilet kommen wir ins Gespräch …

Foto: Maria Poursanidou

Wir haben uns heute verabredet, um über eure kreative Arbeit zu sprechen. Aber auch über eure Rolle als Mütter einer Tochter. Obwohl ihr schon seit 2019 zusammen seid, ist das für euch in dieser Form Premiere. Warum habt Ihr bisher noch nicht öffentlich über eure kleine Familie gesprochen?

Jasna: Ich spreche generell nicht gerne über mein Privatleben. Vor Katharina hatte ich aber auch noch keine ernsthafte längere Beziehung und habe noch niemanden mit auf den Teppich genommen. Ich glaube, wir mussten selbst erst in diese Rolle hineinwachsen und für uns überlegen, was wir preisgeben und was wir schützen wollen. Für uns ist es wichtig, selbst zu bestimmen, was von unserem Privatleben in die Öffentlichkeit kommt.

Katharina: Wir sind auch erst zusammen auf den roten Teppich gegangen, als klar war, dass wir zusammenarbeiten. Am Anfang sind wir also mehr als Künstlerduo aufgetreten anstatt als Paar. Aber wir haben auch nie ein Geheimnis daraus gemacht.

Jasna: Tatsächlich fehlten uns hier ein bisschen die Vorbilder. Natürlich gibt es in der LGBTQ-Szene und in der Filmbranche Menschen, die sich geoutet haben. Aber andere lesbische Paare mit Kindern kennen wir persönlich nicht. Schon gar nicht in unserem Alter.

Jasna, wie war es für dich, dass Katharina ein Kind mit in eure Beziehung gebracht hat?

Jasna: Darüber habe ich mir eigentlich keine Gedanken gemacht. Es war ja klar, dass es uns sonst nicht geben würde. Also entweder hopp oder topp (lacht).

Wolltest du denn Kinder?

Jasna: Ich komme aus einer großen Familie, aber das war für mich vorher noch nie ein Thema. Aber ich hatte auch kein Leben, in das ein Kind gepasst hätte: Am Theater ist es kaum möglich, ein Kind alleine großzuziehen. Als ich Katharina und Zoe kennengelernt habe, war es dann einfach so: Endlich hatte ich jemanden, den ich beeinflussen und dem ich viel Blödsinn beibringen konnte (lacht).

Katharina: Zoe hat zu Jasna von Anfang an Mama gesagt. Insofern hat sie uns abgenommen, das auszusprechen.

Katharina, bevor du Jasna kennengelernt hast, warst du alleinerziehend und hast Vollzeit gearbeitet. Wie hast du diese Zeit erlebt?

Katharina: Genau. Nach einem Jahr Elternzeit bin ich wieder voll in meinen alten Job als Visual Merchandiser zurückgekehrt. Das war schon hart. Es kam vor, dass ich morgens nach München fliegen musste und abends gerade noch rechtzeitig zu Hause war, um Zoe aus der Kita abzuholen. So gesehen war die Pandemie das Beste, was mir passieren konnte...

Inwiefern? Was ist damals passiert?

Katharina: 2020 wurden meine Kolleg*innen und ich quasi von heute auf morgen gekündigt. Ich habe schon immer viel geschrieben und davon geträumt, selbständig zu sein. Aber bis dahin hatte ich weder die Zeit noch den Mut, das beruflich zu machen. Heute bin ich frei und kann mir nicht mehr vorstellen, mich beruflich in so ein enges Korsett zu zwängen. 

Im selben Jahr habt ihr „Heute schreibe ich” ins Leben gerufen. Wie kam es dazu? 

Katharina: Wir haben in unserer Beziehung von Anfang an sehr viele Briefe geschrieben. Generell tragen wir beide eine gewisse Romantik in uns, eine Sehnsucht nach etwas Realem. Wir müssen die Dinge anfassen, fühlen, riechen können. Zu Beginn der Pandemie kam mir das abhanden. Ich konnte nichts mehr fühlen. Alle haben sich zu Hause eingeschlossen, überall waren diese schrecklichen Nachrichten. Vor allem als Mutter macht das etwas mit einem. Zoe war ja noch so klein. Ich hatte damals richtig Weltschmerz und Angst vor der Welt, in der sie aufwachsen würde. Um mich davon zu befreien, habe ich eines Abends angefangen zu schreiben.

Jasna: Am nächsten Tag hat mir Katharina ihr Gedicht vorgelesen. Ich fand es super inspirierend und habe sie darin unterstützt, es auf Plakate zu drucken und an Bushaltestellen aufzuhängen. Mithilfe eines QR-Codes wollten wir andere Menschen dazu animieren, sich zu beteiligen und ihre Gedichte zu teilen. So wollten wir ein kollektives Gefühl einfangen.

Inzwischen hat sich eure Kunst weiterentwickelt. In euren Performances und Installationen verarbeitet ihr längst nicht mehr nur Gedichte, sondern auch Elemente aus Film, Animation oder Skulptur. Wie geht ihr dabei vor?

Jasna: Lyrik ist immer noch unsere Basis. Ausgehend von einzelnen Gedichten entwickeln wir dann unsere Ideen. Wir arbeiten viel mit Symbolik, kombinieren Altes mit Neuem, Digitales mit Haptischem, das wir mit unseren Händen gestalten. So entsteht ein Gesamtkunstwerk, das sich aber auch immer wieder verändern kann.

Katharina: Jasna kommt vom Film, ich habe lange Visual Merchandising gemacht. Das bringen wir in unserer Kunst zusammen. Neulich haben wir zum ersten Mal eine große Skulptur in unsere Arbeit integriert. Das war sehr spannend, weil es sehr handwerklich war.

Foto: Maria Poursanidou

Wenn Jasna dreht, ist sie manchmal monatelang weg. Wie geht ihr als Familie damit um?

Jasna: Ich fahre an den Wochenenden entweder nach Hause oder Katharina und Zoe kommen zu mir ins Hotel. Manchmal bleiben sie auch ein paar Tage länger und sind bei den Dreharbeiten dabei. Als Zoe drei war, habe ich den ersten Tatort gedreht. Sie hat sich das eine Weile angeschaut und ist dann schnurstracks zur Regisseurin gelaufen und hat gesagt: „Morgen spiele ich mit.” Das Team hat daraufhin tatsächlich versucht, sie zu integrieren. Aber letztendlich war es nicht möglich, weil sie keine Drehgenehmigung hatte.

Katharina: Zoe ist immer super brav am Set, weil sie weiß, wie wichtig das ist. Man muss wirklich mucksmäuschenstill sein, das fällt selbst mir schwer. Aber sie macht das problemlos über eine Stunde. Es ist total schön, dass wir ihr das alles zeigen können. Und bei Filmen, die thematisch etwas schwerer sind, bringt so ein kleines Kind auch eine gewisse Leichtigkeit ans Set.

Weiß Zoe, dass eine ihrer Mamas berühmt ist? 

Katharina: Ich glaube schon, dass sie das versteht. Aber es ist auch ganz normal für sie, weil sie damit aufgewachsen ist. Wir leben hier in Berlin in einer Blase, in der sie viele verschiedene Künstler*innen trifft. Erst neulich hat sie mit Mavie Hörbiger, die in Bibi Blocksberg mitspielt, den Film bei uns auf dem Sofa geguckt. Das ist schon lustig.

Jasna: Ich selbst habe noch nie in einem Kinderfilm mitgespielt. Deshalb darf Zoe meine Filme noch nicht sehen. Aber ich war bei der letzten Staffel von „The Masked Singer” dabei. Die Teilnahme an der Fernsehshow muss man streng geheim halten, sonst droht eine saftige Vertragsstrafe. Zoe hat mit ihrer Oma eine Folge gesehen und mich sofort an meiner Stimme erkannt. „Der Seestern ist die Mama!“ (lacht).

Katharina: Bei uns in der Straße hingen überall Plakate vom Seestern und wir sind jeden Morgen auf dem Weg zum Kindergarten daran vorbeigelaufen. Ich hatte jedes Mal Angst, dass sie dort erzählt, dass ihre Mama der Seestern ist. Zum Glück ist das nicht passiert (lacht).

Foto: Maria Poursanidou

Wie sieht euer Alltag aus? Wie teilt ihr euch auf – auch im Hinblick auf die Erziehung?

Jasna: Wir haben keine penible Aufteilung, sondern wechseln uns einfach ab. Manchmal arbeitet Katharina bis spät in die Nacht. Weil ich dann morgens früher wach bin, bringe ich Zoe in den Kindergarten, ein anderes Mal dann wieder sie …

Katharina: Wir haben ohnehin nicht diesen klassischen Alltag. Unser Leben ist sehr spontan. Wir wissen im Vorfeld ja nie, wo Jasna dreht. Manchmal kommen auch kurzfristig Kunstprojekte rein.

Jasna: Oder wir buchen einfach einen Zug und fahren spontan nach Paris. Demnächst arbeiten wir drei Monate von Mallorca aus. Da kommt Zoe natürlich mit.

Das klingt wirklich super. Aber bald kommen andere Zeiten auf euch zu. Zoe wird im September eingeschult, oder?

Katharina: Ja, das bereitet uns jetzt schon Kopfzerbrechen (lacht). Unser Leben wird dann natürlich nicht mehr in dieser Form möglich sein. Deshalb haben wir uns entschieden, sie auf eine bilinguale Privatschule zu schicken. Da sind viele Kinder von Künstler*innen, Schauspieler*innen und Musiker*innen und es gibt automatisch mehr Verständnis für unser Leben. Vielleicht ist es auch ein bisschen einfacher als in einer öffentlichen Schule, sie mal kurzfristig rauszunehmen.

Abgesehen von der Schule: Wie fördert ihr Zoes Kreativität?

Katharina: Sprache ist für uns eigentlich das Wichtigste. Die Mamas schreiben Bücher, also machen wir das auch zusammen und schreiben mit Zoe verrückte Geschichten.

Jasna: Ansonsten integrieren wir sie in unsere Arbeit und unser Leben, das sowieso sehr kreativ ist. Wenn wir eine Skulptur bauen, baut sie ihre eigene. Sowas macht ihr super viel Spaß.

Beeinflusst Zoe umgekehrt auch eure Arbeit?

Katharina: Auf jeden Fall. Mutter zu sein verändert das ganze Leben. Man hat einen ganz anderen Fokus. Natürlich hat das auch Einfluss auf unsere Arbeit, vor allem auf das Schreiben, was bei uns auch immer ein Stück weit autobiographisch ist.

Jasna: Zoe ist auch ein Vorbild für uns. Wir bewundern ihre Freiheit und ihre Kreativität. Sie hat zu so vielen Themen schon eine eigene Meinung, das ist toll.

Vielen Dank für das Gespräch!