Sie macht einfach ihr Ding: Ein neuer Kinofilm zeigt das unkonventionelle Leben und Lieben der Malerin Paula Modersohn-Becker.

„Bis 30 will ich es geschafft haben. Mein Leben soll ein Fest sein. Ein kurzes, intensives Fest. Wenn ich drei gute Bilder gemalt habe, dann gehe ich gern. Drei gute Bilder und ein Kind.“ Leidenschaftlich erzählt Paula (Carla Juri) das ihrer besten Freundin Clara (Roxane Duran), während die beiden Lebefrauen wild die Kirchenglocke läuten und ihre Verlobung feiern.

Regisseur Christian Schwochow greift in dieser Szene seines Biopics „Paula“ Worte aus dem Tagebuch von Paula Modersohn-Becker auf. Und die Malerin sollte recht behalten, ihr Leben war kurz und intensiv: Im Alter von gerade einmal 31 Jahren stirbt sie kurz nach der Geburt ihres ersten Kindes 1907 in Worpswede. Post mortem wurde sie, auch wegen des Engagements ihres hinterbliebenen Mannes Otto Modersohn, zu einer der wichtigsten frühexpressionistischen deutschen Künstlerinnen. Sie hinterließ ein umfangreiches Werk und ist die erste Malerin der Kunstgeschichte, der ein eigenes Museum gewidmet wurde.

Sieben turbulente Jahre

In satten Farben und opulenter Fin de siècle-Optik folgt der Film grob den Stationen von Paulas Leben in den Jahren zwischen ihrem 24. Lebensjahr und ihrem Tod: Ihr Umzug in die Künstlerkolonie Worpswede, wo sie auf ihren zukünftigen Mann Otto Modersohn (Albrecht Abraham Schuch), Clara, ihren späteren Freund Rainer Maria Rilke (Joel Basman) und ihren vorläufigen Lehrer Fritz Mackensen (Nicki von Tempelhoff) trifft, der vom expressionistischen Stil seiner Schülerin gar nichts hält: „Das ist viel zu grob, Fräulein Becker! Ein Apfel, der aussieht wie ein Kohlkopf!“; ihre Heirat mit Otto; die Abkehr von ihm nach fünf kinderlosen Jahren und von der Künstlerkolonie, die ihren Stil nicht versteht; ihr neues Leben in Paris, das zu jener Zeit das Mekka moderner künstlerischer Formen war; die Versöhnung mit Otto und ihr früher Tod.

Otto Modersohn und Paula, © Pandora Film Verleih
Carla und Paula (links) © Pandora Film Verleih

Christian Schwochow stellt nach „Novemberkind“, „Die Unsichtbare“ und „Westen“ erneut eine starke weibliche Figur in den Mittelpunkt und zeichnet das Porträt einer modernen Frau, die Carla Juri herrlich zwischen Verspieltheit und trotzigem Ernst spielt. Ihre Paula sucht in der Kunst, am Übergang von Impressionismus zum Expressionismus, wie auch im Leben, das Unkonventionelle und Neue und ist egoistisch genug, dafür alles hinter sich zu lassen. Zunächst ihren Vater, der ihr gleich in der ersten Szene des Films eine Moralpredigt darüber hält, dass Frauen keine Malerinnen werden können. Dann den konservativen männlichen Haufen in Worpswede, der sie wegen ihres unzüchtigen Verhaltens am liebsten ins Irrenhaus stecken würde. Feministisch aufgeladen wirkt das allerdings nicht, Paula macht einfach ihr Ding.

Unterhaltsam und humorvoll

Der Film konterkariert mit seiner Heldin die Rolle der Frau und der Institution der Familie um 1900 und erzählt von ihrer künstlerischen Emanzipation, kunsthistorische und politische Zusammenhänge werden dabei weitestgehend ausgeklammert. Zugleich steht die ebenfalls moderne, holprige Liebesgeschichte des Künstlerpaars im Zentrum. Erst als Otto auf Paula zugeht und ihre künstlerische Größe erkennt, kommt ihre Beziehung wieder auf Spur. Das alles wird recht konventionell, aber doch unterhaltsam und humorvoll erzählt. Bei der karikaturesken Zeichnung der männlichen Figuren kippt die gewollte Leichtigkeit des Films – ausgenommen nur Albrecht Abraham Schuch alias Otto Modersohn – allerdings oft zu sehr ins Lächerliche.

Otto Modersohn und seine Künstlerkollegen © Pandora Film Verleih
© Pandora Film Verleih