Heimatkitsch und Klamauk, Filmkunst und Sozialkritisches, politisch Gefärbtes jeglicher Couleur: Das SCHIRN MAG beleuchtet in einer zweiteiligen Serie den Film der Weimarer Republik.

„Von Caligari bis Hitler“ heißt die wohl bekannteste und vielleicht auch wichtigste Abhandlung über die Filme der Weimarer Republik. Sie stammt von Siegfried Kracauer, dem berühmten deutschen Filmtheoretiker und Begründer der Filmsoziologie. Und ja, möchte man zustimmen: Kracauers Titel spielt natürlich auf eine zeitliche Abfolge an – von den Anfänge der Weimarer Filmrepublik über deren Entwicklung bis zum baldigen Ende, für das Adolf Hitler steht, aber an dem neben ihm selbstredend viele beteiligt waren. Gleichzeitig kann dieser Titel doch auch programmatisch gesehen werden.

Von der absoluten Avantgarde bis zur absoluten Propaganda war alles dabei. Heimatkitsch und Klamauk, Filmkunst und Sozialkritisches, politisch Gefärbtes jeglicher Couleur. Wer nie zuvor einen Film aus dieser Zeit geschaut hat, der wird überrascht sein, mit welcher Selbstverständlichkeit Themen wie die selbstbewusste Frau, Sexualität oder Abtreibung verhandelt werden. 

Eine erfolgreiche Industrie

Künstlerisch gehören etliche Titel aus der Weimarer Republik mit zu den interessantesten Filmen der Filmgeschichte. Es brachte einige Freiheiten mit sich, dass man Geschmäcker und Erwartungen eben noch deutlich weniger bedienen musste, sondern selbst prägen oder auf die Probe stellen konnte. Doch nicht vertun: Wirtschaftlich wie politisch war die Zeit der Weimarer Republik, natürlich, die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.

Siegfried Kracauer, Image via wikimedia.org/wikipedia/commons

Dieser Umstand prägte auch die Filmproduktion. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich im Deutschen Kaiserreich eine enorm lebendige und erfolgreiche Industrie, aus der nicht zuletzt Filmemacher wie Fritz Lang hervorgingen (der viele Jahre später bekanntlich Joseph Goebbels‘ Angebot als Haus-und-Hof-Regisseur Hitlers ausschlug).

Neue Herausforderungen

Kurz vor Beginn der Weimarer Republik wurde die Universum Film AG, kurz UFA, gegründet. Während des Krieges hatten ihre Produktionen die Bevölkerung durch Vaterlandsstreifen auf die politische Linie eingestimmt, mit dem Ende des Ersten Weltkrieges kamen neue Herausforderungen: Plötzlich brach das Import-Embargo für ausländische Filme weg, gleichzeitig waren nun aber deutsche Produktionen in vielen Ländern verboten. Aufwändige Filmproduktionen wurden riskant, mit entsprechenden Investitionen konnte man schnell bankrottgehen.

Fritz Lang mit Kameramann Curt Courant (Mitte) bei den Dreharbeiten zum Stummfilm Frau im Mond, Image via: wikimedia.org/wikipedia/commons/

Doch dem schier endlos sprudelnden Quell an Ideen und Tatendrang konnte auch dies nichts anhaben: Die künstlerischen und gesellschaftlichen Umwälzungen schlugen sich in extremer Produktivität nieder. Rund 250 Filme wurden im Schnitt pro Jahr produziert, multipliziert mit den vierzehn Jahren ihres Bestehens hat die Weimarer Republik so rund 3.500 Titel hervorgebracht.

Emigration

Viele der Filmemacher dieser Zeit sind vor oder auch kurz nach Ende der Weimarer Republik ins Ausland emigriert, gezwungen oder aus freien Stücken. Nicht jede Emigration hatte direkt mit Hitlers Ernennung zu tun; schon die zunehmend nationalistischen und antisemitischen Stimmungen im Land zogen einige fort, andere wollten eine günstige Gelegenheit ergreifen und ihr Glück in Hollywood versuchen. Fritz Lang, Josef von Sternberg, Friedrich Wilhelm Murnau, aber auch Schauspielerinnen wie Marlene Dietrich machten bald darauf in Hollywood Karriere – nach Deutschland sind viele nicht mehr zurückgekehrt. Diesem Thema wird das das Kölner Museum Ludwig ab März 2018 übrigens eine große Ausstellung widmen: Emigration - Film - Politik.

Marlene Dietrich in Shanghai Express, Image via wikimedia.org/wikipedia/commons

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