Zu Schirn At Night wird Brandstifter die konzertante Soundinstallation „rauschgiftengelloops“ inszenieren, eine Mischung aus Performance, Installation und Musik. Was den Besucher dort erwartet, erklärt der Künstler im Interview.

Brandstifter ist ein experimenteller Aktions- und Soundkünstler, seine partizipatorischen Arbeiten stehen unverkennbar in der Tradition der Fluxus-Kunst: So war er 2012 Teil der großen Ausstellung „Fluxus at 50" im Museum Wiesbaden, performte als NY-Stipendiat in der Emily Harvey Gallery am Broadway und setzte bei seinem Projekt „Asphaltbibliotheque" gemeinsam mit dem Fluxus-Mitbegründer Benjamin Patterson die Aktion „A Penny For Your Thoughts" um. Zu Schirn At Night im Rahmen der großen Yoko Ono-Retrospektive am 13. April wird Brandstifter ab 20 Uhr die konzertante Soundinstallation „rauschgiftengelloops", die sich auf die Idee der Repetition im Sinne des Fluxus-Lehrmeisters John Cage bezieht, inszenieren. Außerdem in die Performance involviert sind Plastikengel, Vinylschallplatten und drei Plattenspieler. Was uns an dem Abend sonst noch erwartet, berichtet Brandstifter vorab im Interview mit dem SCHIRN Magazin.

SCHIRN MAG: Mit dem Künstlernamen Brandstifter formulierst Du bereits Deinen selbst gewählten Auftrag als Stifter. Was oder wen stiftest Du an?

Brandstifter: Eigentlich heiße ich mit bürgerlichem Namen Stefan Brand. Als ich einmal in einer Musikband spielte, hat jemand gesagt, du bist jetzt „Brandstifter". Zuerst fand ich den Namen furchtbar, bei genauerer Betrachtung aber wiederum gut, weil er eine positive und negative Seite hat. Ich stifte an, sich mit meinen Ideen auseinanderzusetzen und mitzuspielen. Kurt Schwitters soll einmal gesagt haben: „Wir spielen bis der Tod uns abholt."

SM: Fluxus-Kunst ist oft ironisch, witzig, sarkastisch, kritisch, radikal, kreativ und provokant. Deine Aktionen stehen in der Tradition von Fluxus. Welche Themen sind für Dich als Künstler relevant?

B: Das kann ich unterschreiben, in meiner Kunst findet sich das alles wieder. Mich interessiert in erster Linie die Kommunikation und Auseinandersetzung mit anderen Menschen und unserer Umgebung. Es gibt Leute, die kein Verständnis für meine Aktionen zeigen. Denen sage ich grundsätzlich: bei mir bekommt jeder, was er verdient. Mit meiner Kunst halte ich den Menschen einen Spiegel vor. Gerade weil meine Kunst auf Kommunikation und Reaktion basiert und mit den Leuten interagiert.

SM: Im Rahmen von Schirn At Night wird man Deine konzertante Soundinstallation „rauschgiftengelloops" erleben können. Was erwartet uns?

B: Die Loops sind interdisziplinär, eine Mischung aus Performance, Installation und Musik. Sie leben von dem Moment, jede Aufführung ist einzigartig. Ich improvisiere dabei und weiß nie genau, welche Loops entstehen, wenn ich den Plattenspieler in Gang setzte. Ich unterwerfe mich dem Zufallsprinzip und dem Chaos. Das ist für mich eine Parabel zum Leben, letztendlich machen wir das ja alle: Man versucht immer alles in geregelte Bahnen zu lenken, aber im Prinzip muss man mit dem umgehen was passiert.

SM: Fluxus lebt oft von der Unmittelbarkeit der Aktion. Welchen Stellenwert hat die Aufzeichnung Deiner Performances?

B: Die Aufzeichnung ist ein wertvolles Performancerelikt, sie bildet aber nur einen Teilaspekt der Aufführung ab. Sie ist Souvenir für diejenigen, die dabei waren und Orientierungspunkt für die, die nicht dabei waren. Viele meiner Künstlerbücher und Schallplatten sind in Museen oder Archiven, wie der MoMA Library in New York. Manchmal bekommen die aufgezeichneten Konzerte durch die Ausblendung des visuellen einen eigenen Charakter. Der Hörer kann sich dadurch seine eigenen Bilder dazu machen.

SM: Wenn man Dein Projekt „Asphaltbibliotheque", in der Du achtlos weggeworfene Schriftstücke archivierst, anschaut, fragt man sich, ob es überwiegend die kleinen, banalen Dinge sind, die Dich interessieren.

B: Mir geht es darum, die Kunst aus dem Alltag aufzugreifen, aus dem Alltäglichen. Gerade im Kleinen steckt das Große, und eben auch im Alltäglichen. Ich finde es wichtig, dass die Kunst dort ansetzt wo das Leben ist und nicht in irgendeinem Elfenbeinturm. Meine Aktionen, meine Konzepte sind meist so gedacht, dass man einfach mitmachen kann. Trotzdem haben sie auch eine tiefere Bedeutung, etwas Komplizierteres steht dahinter.

SM: Deine Kunst ist partizipatorisch. Welche Rolle spielen die Besucher: Sind sie Mitverursacher, willkommene Störfaktoren oder Sub-Unternehmer im Kunstbetrieb?

B: Ich habe viele Aktionen, bei denen Menschen als Impulsgeber sehr wichtig sind. Bei „rauschgiftengelloops" konzentriere ich mich allerdings sehr auf die Loops und bediene die Geräte. Ich nehme natürlich trotzdem wahr, was um mich herum passiert, ob im Hintergrund jemand lacht oder weint. Ich bin durch die Situation und die Anwesenheit des Zuschauers stark beeinflusst. Die Menschen spiegeln sozusagen die Kunst bzw. den Künstler wider. Meine Kunst ist Kommunikation, auch in Negation.