Die Künstler Andrea Diefenbach, Levent Kunt und Heike Weber rücken noch bis zum 23. Juni mit ortsbezogenen Installationen die Frankfurter Innenstadtklöster in den Fokus.

Es ist nicht zu übersehen. In den Frankfurter Abend- und Nachthimmel ragen derzeit drei monumentale Lichtsäulen. Bei guter Witterung sind sie noch aus einer Entfernung von 30 Kilometern erkennbar. Die Lichtsäulen, die der Frankfurter Künstler Levent Kunt entworfen hat, gehen zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang von drei Orten aus: dem Karmeliterkloster, dem Dominikanerkloster und dem Kapuzinerkloster Liebfrauen.

Die drei Frankfurter Innenstadtklöster stehen noch bis zum 23. Juni im Mittelpunkt des künstlerischen Projekts „Stadt_Klausur“. Die Künstler Andrea Diefenbach, Levent Kunt und Heike Weber wurden eingeladen, ortsbezogene Interventionen zu entwickeln. „Uns interessiert neben der historischen und kulturellen Bedeutung der Stadtklöster auch und vor allem ihr zeitgenössisches Potential als Ruhe- und Krafträume, Orte des sozialen Engagements und nicht zuletzt der Spiritualität“, sagt Christian Kaufmann, Kurator und Studienleiter für Kunst und Stadt bei der Evangelischen Akademie Frankfurt.

Minimale Eingriffe

Levent Kunt war es wichtig, einerseits alle drei Klöster, aber auch den städtischen Raum in sein Projekt einzubeziehen. In seiner künstlerischen Arbeit geht es Kunt um „minimale Eingriffe im öffentlichen Raum“. Damit möchte er die Wahrnehmung des jeweiligen Orts beeinflussen. Kunts Lichtsäulen lassen den Betrachter rätseln, denn sie sind nicht auf Anhieb als Kunst erkennbar. Besonders eindrücklich ist ihre Wirkung in unmittelbarer Nähe der Klöster. Ein guter Blick auf die gesamte Lichtinstallation bietet sich zum Beispiel vom Sachsenhäuser Mainufer aus.

Levent Kunt, Stadt_Klausur, Frankfurt, Foto Günther Dächert, 2016

Waren Kirchen früher noch unübersehbare Wegpunkte in der Landschaft, so sind sie heute, zumal in Frankfurt, kaum noch im Stadtbild präsent. Deshalb sieht Levent Kunt seinen Eingriff auch als „eine gewisse Markierung“. Das Licht spiele in Kirchen architektonisch wie symbolisch eine große Rolle, erzählt Kunt. Seit der Moderne denkt man auch an die Lichter der Großstadt und an die dort entstehende Lichtverschmutzung. Beide Aspekte greift Kunt mit seinem Projekt auf. „Ich bin gespannt auf die öffentliche Reaktion“, sagt der Künstler.

Das Gefühl unendlicher Weite

Im Hof des Dominikanerklosters begegnet man einer großformatigen Bodeninstallation der Kölner Künstlerin Heike Weber. Sie hat mehr als 6 Tonnen Spiegelglasbruch zu einem Kreis von 16 Meter Durchmesser arrangiert. „Alma“ heißt Webers Installation, was auch mit „Seele“ übersetzt werden kann. Die Arbeit hat Weber eigens für die Ausstellung und den Ort konzipiert. Oft arbeitet sie raumbezogen und verwendet dabei einfache Materialien wie Wäscheleinen, Silikon oder Plastikkordel. Entstanden ist eine homogene Fläche, die sich indes aus unzähligen kleinen Fragmenten zusammensetzt.

Heike Weber, Alma, Stadt_Klausur, Frankfurt, Foto Bernd Thiele, 2016

Umrundet man Webers Installation, so bekommt man ein Gefühl unendlicher Weite. Besonders in der Sonne glänzen viele kleine Lichtpunkte. Man denkt an einen silbrig schimmernden Sternenhimmel. „Es geht mir um das Kosmische“, bestätigt Heike Weber. Mit jeder Witterung und Tageszeit verändert sich das Aussehen der Installation. „Man sagt, dass der Spiegel ein Widerschein des Himmels ist“, erzählt die Künstlerin. Tatsächlich spiegelt sich der Himmel in den Glasfragmenten. Hier knüpft Weber bewusst an Levent Kunts Projekt an. Das von ihm in den Himmel projizierte Licht holt Weber gewissermaßen zurück.

Würde und Zuversicht

Die in Wiesbaden lebende Fotografin Andrea Diefenbach quartierte sich im unweit der Hauptwache gelegenen Kapuzinerkloster Liebfrauen ein, dem einzigen noch aktiven Frankfurter Innenstadtkloster. Ihre Aufnahmen hat sie in Magazinform zusammengefasst, um die klösterliche Stille nicht durch eine Ausstellungssituation zu stören. Die Magazine liegen im Dominikanerkloster und dem katholischen Kirchenladen „punktum“ aus. Diefenbachs lakonische Fotografien eröffnen Einblicke in eine dem hektischen innenstädtischen Treiben entgegengesetzte Lebenswelt.

Andrea Diefenbach, Stadt_Klausur, Frankfurt, 2016

Sie zeigen einen durch die Symbole und Rituale des christlichen Glaubens durchsetzten Alltag. Weltliche Profanität und das Sakrale vermischen sich auf eine überraschende Weise. So blickt man auf eine Magnetpinnwand mit Terminen und Aushängen, an dem auch eine Urlaubspostkarte hängt, oder auf Mönchskutten in der Wäscherei. Man sieht einen Kapuzinerbruder bei der Arbeit in der Küche, einen anderen im Büro, den Blick auf einen MacBook-Bildschirm gerichtet. Diefenbach porträtiert auch einige Mönche. Sie strahlen eine erstaunliche Würde und Zuversicht aus.

Andrea Diefenbach, Stadt_Klausur, Frankfurt, 2016