In der Frankfurter Kaiserpassage zeigen Gislind Köhler und Daniel Stempfer in ihrem Off-Space junge künstlerische Positionen.

Mitten im Bahnhofsviertel, zwischen Kaiserstraße und Taunusstraße, erstreckt sich die Kaiserpassage. Ein Bau der 70er-Jahre, in dem neben kleinen Lebensmittelgeschäften und Friseursalons seit März diesen Jahres auch der Off-Space Jenifer Nails zu finden ist. Bucht man eine moderierte Bahnhofsvierteltour, berichten die Touristenführer, dass in dem kleinen Raum vorher ein Nagelstudio residierte -- daher also der Name „Jenifer Nails". Eine nette Anekdote, die zwar nicht der Wahrheit entspricht, den beiden Betreibern Gislind Köhler und Daniel Stempfer als Entstehungsmythos aber gut gefällt.

Köhler, die als Assistenzkuratorin bei der Produktions- und Ausstellungsplattform basis e.V. beschäftigt ist, und Stempfer, bildender Künstler und Absolvent der Frankfurter Städelschule, sind sichtlich entspannt. Das kleine Ladenlokal mit der großen Fensterfront und der charmanten Wendeltreppe haben die beiden durch eine Agentur für Zwischennutzung bekommen und selbst renoviert. Seitdem läuft der Ausstellungsraum in Eigenregie und wird von Köhler und Stempfer als Möglichkeit genutzt, Ausstellungen von jungen Künstlern zu präsentieren.

„Es sind Versuche, die wir hier zeigen", so Daniel Stempfer. Im Gegensatz zu kommerziellen Galerien findet sich bei Jenifer Nails auch Kunst, die nicht den Kriterien des Kunstmarkts unterliegt. Dementsprechend können sich Stempfer und Köhler voll ihrem eigenen kuratorischen Prinzip widmen. Gezeigt werden junge Künstler, die sich mit zeitgenössischen Diskursen auseinandersetzen. Dies impliziert etwa die Reflektion der Ausstellungssituation: Die eingeladenen Künstler entwickeln meist Arbeiten, die sich mit den spezifischen Räumlichkeiten auseinandersetzen.

Wie zum Beispiel der italienische Künstler Federico Del Vecchio, dessen Ausstellung „I Wish I Were A Futurist" im Juni bei Jenifer Nails zu sehen war. Del Vecchio entwickelte eine raumspezifische Installation, in der er die Beziehung zwischen Alltagsgegenständen und Kunstwerken sowie Themen wie Repräsentation, Appropriation und die Doppeldeutigkeit von Sprache untersuchte: Ein Vorhang aus Tintenfischknochen wird zur Bildfläche für das Bild eines Alpha Romeo Spider, ein Automodell von 1966, das unter dem Namen „Osso di Seppia", also Tintenfischknochen, bekannt ist.

Zuletzt stellte Daniel Stempfer selbst bei Jenifer Nails aus. In „Season 1 Episode 2" zeigte er verschiedene Installationen aus künstlich hergestellten Haushalts- oder Gebrauchsgegenständen. An Ventilatoren befestigte Glühbirnen blitzen im Minutentakt auf, durch verschlungene Plastikrohre werden neonfarbene Putz- und Waschmittel gepumpt, Plastikspiralen in Regenbogenfarben ergeben auseinandergezogen eine schimmernde Wand, ein Regenponcho flattert im Wind. Die steten oder unregelmäßigen Bewegungen der einzelnen Installationen ergeben gemeinsam eine dialogische Choreographie, die in ihrer scheinbaren Zufälligkeit dennoch einer gewissen rhythmischen Ordnung folgt. Das Artifizielle der Ausstellung wird durch die blaue Folie, die auf der Fensterfront befestigt ist und den Blick ins Innere verfremdet, noch betont.

Erst drei Ausstellungen haben in den Räumen von Jenifer Nails stattgefunden, die vierte ist in Vorbereitung. Doch schon jetzt hat der kleine Off-Space eine große Fangemeinde, die Reaktionen der Besucher waren durchweg positiv. „In Frankfurt herrscht ein Mangel an unabhängigen Ausstellungsräumen und es gibt wenig Plattformen für jüngere Positionen", so Köhler und Stempfer. Die karge Off-Space Landschaft, die in Anbetracht der hohen Dichte an Kunst- und Kultureinrichtungen in Frankfurt erstaunt, war letztendlich ausschlaggebend für die beiden. Denn die Idee hegten beide unabhängig voneinander bereits seit Längerem. Für die Zukunft sind weitere Kollaborationen mit internationalen Künstlern wie Kuratoren geplant. Wie sich der Raum auf lange Sicht entwickelt, soll offen bleiben - einen reglementierten Jahresplan wird es bei Gislind und Daniel nicht geben.

Am 05. September um 19 Uhr eröffnet die Ausstellung „Ciao Ragazze!" der in Wien lebenden Künstlerin Elisabeth Greinecker. Weitere Infos zu Jenifer Nails finden Sie unter www.jenifernails.com.