Die Künstlerin Kerstin Cmelka zeigt im Frankfurter Mal Seh´n Kino ihren ersten abendfüllenden Spielfilm „The Animals“ und die Videoinstallation „Mikrodrama #11“.

„It's a tough job to be an actor, right?“, fragt ein cholerischer, tyrannischer Coach seine Schauspielschüler. Immer wieder lässt er sie, von einem nicht minder cholerischen Kollegen begleitet, das Script von Jacques Tourneurs Horrorfilm „Cat People“ (1942) aufführen. Die Proben und die begleitenden Besprechungen finden in einem hermetisch, fast schon kafkaesk wirkenden Gebäude voller dunkler Gänge und undurchschaubarer Hierarchien statt. In ihrem neuen, abendfüllenden Spielfilm „The Animals“ erforscht die 1974 geborene, in Berlin lebende Künstlerin Kerstin Cmelka die psychischen Energien und Dynamiken der Schauspielerei.

Kerstin Cmelka, The Animals, Setfoto, Eric Bell, 2016

Im Zentrum ihrer Recherchen für „The Animals“, während eines Stipendiums in Los Angeles,  stand das Method Acting, eine Schauspieltechnik, die in den 1940er-Jahren in Hollywood Verbreitung fand. Method Acting sollte Schauspieler dazu bringen, durch die Einbeziehung eigener Erlebnisse Emotionen besser auszudrücken. James Dean und Marlon Brando waren frühe, erfolgreiche Vertreter dieser Schauspieltechnik. Vor allem zwei gängige Übungen aus dem Method Acting interessierten Cmelka.

Tiere aus nächster Nähe

Zum einen die "Song and Dance Exercise", die Schauspieler vor dem Auftritt ausführen, um Körperspannungen abzubauen und die Konzentration zu steigern. In „The Animals“ markiert die Übung einen rauschhaft-losgelösten Schlusspunkt. Bei der "Animal Exercise" wiederum studieren und beobachten Schauspieler regelmäßig ein Tier aus nächster Nähe, um einen Charakter, eine Persönlichkeit für sich besser erschließen zu können. Auch im Film „Cat People“ geht es um eine intensive Begegnung mit einem Tier: Die weibliche Protagonistin verwandelt sich in einen Panther.

Seit 2008 produziert Kerstin Cmelka mit Künstlerfreunden, Schauspielern und Musikern die „Mikrodramen“, eine Serie von Live-Performances, Performance-Videos, Fotoserien und Publikationen. Cmelka bezeichnet sie als „dramatische Fragmente“. „Damit habe ich selber ein Schauspielstudium absolviert“, sagt die Künstlerin. Freunde und Mentoren haben sie dann ermutigt, einen längeren Film zu machen. Das Drehbuch zu „The Animals“ entstand aus Re-enactments realer Begebenheiten, fiktiven Dialogen und Recherchematerial.

Strenge Kritiker

Die Charaktere des Films, in dem Cmelka ebenfalls mitspielt, wirken bisweilen überzeichnet. „Das ist Schauspielkunst! Drei Tage durchspielen!“, brüllt der Coach seinen Studenten entgegen. „Acting  is like fighting“, bemerkt ein anderer, der mit seinen floskelhaften Beschwörungen zur Karikatur eines charismatischen Schauspiellehrers gerät. Kerstin Cmelka erzählt, in der Wirklichkeit gäbe es viel extremere Charaktere. Die Figuren im Film seien künstlich, auch wenn hinter ihnen manchmal reale Vorbilder stehen. „The Animals“ ist bei aller psychischen Spannung auch ein vergnüglicher Film.

Kerstin Cmelka, Mikrodrama, Foto Kerstin Cmelka

Die Weltpremiere von „The Animals“ fand im April beim Festival „achtungberlin“ statt. Nun freut sich Kerstin Cmelka auf die beiden Screening-Termine und die begleitende Ausstellung im Frankfurter Mal Seh´n Kino. „Frankfurt ist für mich besonders und sehr aufregend“, sagt die Künstlerin, die von 1998 bis 2005 an der Städelschule studiert hat. Für die gebürtige Österreicherin ist Frankfurt „Hometown“. Im Sommer 2015 konnte Kerstin Cmelka ihre „Mikrodramen“ bei einem Künstlervortrag in der Städelschule vorstellen. Eine große Ehre sei es gewesen, sagt Cmelka, denn die Städelstudenten seien als strenge Kritiker bekannt.

Ein anderer Zugang zu Film

Cmelkas künstlerischer Weg begann in ihrer frühen Studienzeit im Experimentalfilm, später kamen  Fotografie, Installation und Performance hinzu. Nach dem Studienabschluss begann sie mit filmischen Adaptionen von Performances und bekam so „einen anderen Zugang zum Film“. Worum geht es der Künstlerin Kerstin Cmelka? „Die Grenzen zwischen den Disziplinen ignorieren und etwas Neues machen.“ Ihre Motivation bringt sie deutlich auf den Punkt: „Die Trennung zwischen Bildender und Darstellender Kunst nervt mich.“

Kerstin Cmelka, The Animals, Setfoto, Eric Bell, 2016
Kerstin Cmelka, The Animals, Setfoto, Eric Bell, 2016