Im Frankfurter Kunstverein eröffnet das 8. Festival der jungen Talente, bei dem Studierende hessischer Hochschulen gemeinsame Projekte verwirklichen.

Es wurde im Jahr 2000 gegründet und findet nun schon zum achten Mal statt: Das Festival der jungen Talente bringt vom 28. April bis 1. Mai 2016 gemeinsame Projekte von Studierenden unterschiedlicher hessischer Kunst- und Theaterhochschulen in den Frankfurter Kunstverein. Hochschulübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, gehört zum Selbstverständnis des Festivals, das über Jahre in Offenbach stattfand und nun zum dritten Mal Station in Frankfurt macht. So bildeten sich Künstlerteams, die die Grenzen zwischen den Hochschulen überwinden helfen. Unter den 23 Projekten überwiegen performative und interdisziplinäre Arbeiten.

Der unaufhörliche Kreislauf des Geldes ist ein Thema der performativen Installation „Wohlstand“ von Carlos Franke und Julia Żabowska. Ihr zentrales Element ist ein Münzautomat, der während des Festivals abwechselnd an mehreren öffentlichen Plätzen Frankfurts aufgestellt wird. Carlos Franke, der am Gießener Institut für Angewandte Theaterwissenschaft studiert, ist immer vor Ort. Eine Texttafel vermittelt den potentiellen Nutzern die Funktionsweise des Automaten auf Deutsch und Englisch. 

Macht über den Performer 

Wirft man eine Münze ein, wird ein Timer aktiviert. Während der je nach Münzwert variierenden Zeit nimmt Franke eine für Meditation und Tai Chi übliche Pose ein. Sobald die Zeit abläuft, wechselt der Performer in den Pausenmodus, und der Automat gibt das eingeworfene Geld zurück. Ihre Installation ist für die beiden Künstler, die sich beim Festival der jungen Talente 2014 kennengelernt haben, ein Experiment. „Wir wissen nicht, wie die Leute reagieren werden“, betont Julia Żabowska, die an der Städelschule studiert und oft mit interaktiven Installationen arbeitet.

Carlos Franke und Julia Żabowska vor dem Automaten, Foto: Eugen El, 2016

Das Publikum hat nämlich die Möglichkeit, die Performance durch immer weiteren Geldeinwurf zu verlängern und so Macht über den Performer auszuüben. Die Versuchsanordnung ähnele einem „Bullshit Job“ im Sinne David Graebers, einer Tätigkeit, die im Grunde sinnlos ist und nichts produziert, erläutert Carlos Franke. 

Räume der Kindheit 

Unabhängig voneinander arbeiteten sie schon vor dem Festival an ähnlichen künstlerischen Fragen: Max Brück, Student an der HfG Offenbach, hat in seinen Installationen mehrmals Räume verwendet, die aus der Umgebung seiner Kindheit und Jugend stammen. Antonia Beeskow, die in Gießen Angewandte Theaterwissenschaft studiert, bezieht sich in ihren Arbeiten immer wieder auf die Landschaft, in der ihre Großeltern leben.

Max Brück und Antonia Beeskow, Es muss der Ort sein, Foto: Robert Schittko, 2016

Ihr gemeinsames Projekt „Es muss der Ort sein“ thematisiert nun die Erinnerung und das Gefühl von Nostalgie und Heimweh. Brück und Beeskow haben Gegenstände aus den Häusern ihrer Großeltern gesammelt und ein Archiv angelegt. Eine alte Waage findet sich darunter, ein Diaprojektor, oder auch Schallplatten aus vielen Jahrzehnten. Das Archiv wird während des Festivals in mehreren Regalen präsentiert und bildet eine Art Eingangssituation. Auch werden die Grundrisse der beiden Großelternhäuser auf dem Boden aufgetragen. Einige Wände kommen hinzu. 

Persönliche Erinnerungen 

So werde ein „Aktionsraum“ entstehen, sagt Antonia Beeskow. Die beiden Künstler werden die Dinge aus ihrem Archiv im Raum platzieren. Die Installation werde sich nach und nach subtil verändern, erzählen Brück und Beeskow. Gleichwohl sei es keine Performance, eher eine Skulptur im Raum. Die Gegenstände, Bilder und Tonaufnahmen sollen die persönlichen Erinnerungen des Betrachters ansprechen.

Ausstellungsvorbereitungen im Frankfurter Kunstverein, Foto: Robert Schittko, 2016

Die Verwandlung eines mitgebrachten Gegenstands in eine künstlerische Arbeit steht im Mittelpunkt des Projekts „Sharing is Caring“ von Marina Rüdiger, Robert Schittko und Clara Sterzinger. Die Besucher des Festivals sind aufgerufen, ein Objekt ihrer Wahl mitzubringen und einzureichen. Jeder Teilnehmer wird zunächst von Clara Sterzinger, die Curatorial Studies an der Goethe-Universität studiert, zum mitgebrachten Gegenstand und dessen Geschichte befragt. Sterzinger fertigt daraufhin ein Objektschild an. 

Ein Archiv mitgebrachter Gegenstände 

Im nächsten Schritt stellt eine Gruppe um Robert Schittko, der an der HfG studiert, und Marina Rüdiger vom Studiengang Curatorial Studies zu jedem Objekt eine künstlerische Arbeit her. „Sie kann materiell oder flüchtig sein, ein performativer Moment, eine Notiz, eine spontane Fotografie“, erzählt Schittko. Der Teilnehmer erhält die entstandene Arbeit, auch wenn es nur eine Erfahrung ist. Der mitgebrachte Gegenstand verbleibt im Archiv, das während des Festivals beständig wachsen soll.

Marina Rüdiger, Clara Sterzinger und Robert Schittko, Sharing is Caring, Foto: Künstler, 2016

„So entsteht eine Art interaktives Museum“, sagen die Künstler. In jedem Objekt steckt eine Geschichte, aber auch ein Moment der Verwandlung. „Es ist spannend zu wissen, dass daraus etwas geworden ist“, betont Robert Schittko. „Jeder bekommt bei uns Aufmerksamkeit“, fügt er an. Marina Rüdiger sieht intensive Tage auf die Gruppe zukommen: „Wir machen künstlerische Fließbandarbeit“. 

Kunstbetrieb und Kreativwirtschaft 

Am letzten Festivaltag richten Philipp Hindahl, Leonie Döpper, Annkathrin Kluss, Sarah Mohr, Arootin Mirzakhani, Carina Premer, Manuel Rossner, Moritz Urban, Bernard Vienat und Alla Zakiullina, Studierende der Hochschulen in Offenbach, Frankfurt und Gießen, ein Symposium zur Arbeit in Kunstbetrieb und Kreativwirtschaft aus.

Die Organisatoren des Symposiums zur Arbeit in Kunstbetrieb und Kreativwirtschaft, Foto: Eugen El, 2016

Dem Eröffnungsvortrag folgt eine Podiumsdiskussion zur Lage der Frankfurter Kunstinstitutionen, anschließend widmet sich ein Vortrag dem bedingungslosen Grundeinkommen. Ein weiteres Panel thematisiert die Immigration als Herausforderung für Architektur und Design sowie den urbanistischen Blick auf die veränderten Strukturen kreativer Arbeit. Abschließend sind alle Künstler des Festivals eingeladen, das Festivalformat und die Arbeitsbedingungen im Kunstbetrieb zu reflektieren. 

Lerneffekte und Austausch 

So sehr es den Organisatoren des Symposiums um konkrete Umstände und realisierbare Verbesserungsvorschläge geht, wollen sie auch „Werbung für Utopien machen“. Auch das Stichwort „Vernetzung“ fällt, man erhofft sich Lerneffekte durch den Austausch zwischen sonst isoliert arbeitenden Kunstsparten. Zustande kam die Gruppe, nachdem ursprünglich drei Konzepte für Symposien unabhängig voneinander bei der Festival-Jury eingereicht wurden. „Wir wurden verkuppelt“, berichten die Künstler.