Markus Wölfelschneider (38), Journalist aus Mühlheim, spazierte in der Ausstellung "Brasiliana“ durch eine Gebärmutter, lag in einer Hängematte und erzählte anschließend im Besucherinterview, was das alles mit ihm gemacht hat.

SCHIRN MAG: Wie hat Dir die Ausstellung gefallen?

Markus Wölfelschneider: Sehr gut! Beim Thema Brasilien hat man ja bestimmte Klischees im Kopf, die zum Glück nicht erfüllt wurden.

SM: Welche Klischees?

MW: Ich verbinde Fußball, Copacabana, Karneval und endlosen Sommer mit Brasilien. Themen, die mich nicht sonderlich interessieren. Aber in der Ausstellung kam das alles nicht vor. Ich fand es toll, dass die einzelnen Installationen wie ein Pfad der Sinne aneinandergereiht waren. Durch den geschickten Aufbau des Parcours hat man das Gefühl, sie würden aufeinander aufbauen. Man wurde von einer Welt in die nächste geworfen, war pausenlos in Bewegung und wurde ständig mit neuen Eindrücken konfrontiert.

SM: Welche Eindrücke waren das?

MW: Gleich am Anfang der Ausstellung gab es eine skurrile Situation: Eine Museumswärterin stand vor der Arbeit „Das Haus ist der Körper. Penetration, Eisprung, Keimung, Ausstoßung" von Lygia Clark und sagte in einem typischen Museumswärter-Ton und mit der größten Selbstverständlichkeit: „Das ist eine Gebärmutter."

SM: Was passierte dann?

MW: Ich musste meine Schuhe ausziehen und den Geburtskanal betreten, der aus stockdunklen Kammern mit Luftballons bestand, einer Gebärmutter in Form eines durchsichtigen Plastikzelts und einer weiterer Kammer mit bunten Bällen, wie man sie aus dem Ikea-Kinderparadies kennt. Als ich schließlich herauskam, nahm mich die Museumswärterin mit den Worten „Willkommen in der Welt!", in Empfang. Und ich fühlte mich ein wenig so, als ob ich gerade Woody Allens Film „Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten" entsprungen wäre.

SM: Lygia Clarks Arbeit war nicht die einzige, in die man als Besucher einbezogen wurde. Hast Du auch mit anderen Kunstwerken interagiert?

MW: Ja. Und das hat mir hat mir großen Spaß gemacht! Ich lag in Hélio Oiticicas Hängematten und habe dabei psychedelische Musik gehört, ich bin durch Henrique Oliveiras Holzhöhle gegangen und habe mich im Zerrspiegelkabinett von Cildo Meireless auslachen lassen.

SM: Welche Werke haben dir besonders gut gefallen?

MW: Es fällt mir schwer, einzelne Werke hervorzugeben. Die Ausstellung bestand aus vielen starken sinnlichen Eindrücken, die sich ergänzen und in ihrer Gesamtheit nachwirken. Aber Lygia Clarks Gebärmutter war ein großartiger Auftakt für das, was dann folgte. Außerdem hat mir Oliveiras Höhle sehr gut gefallen. Wenn man die Installation betrat, knarrte der Boden unter den Füßen und es roch nach Holz. Das war eine interessante sinnliche Erfahrung.