Bis zum 31. Juli 2011 zeigt die SCHIRN KUNSTHALLE eine vielschichtig-meditative Film-/Rauminstallation der jungen zyprischen Künstlern Haris Epaminonda.

Haris Epaminonda, 1980 in Nicosia auf Zypern geboren, studierte am Chelsea College of Art & Design, an der Kingston University sowie am Royal College of Art in London. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie durch die Teilnahme an der 52. Biennale di Venezia 2007 bekannt, wo sie den Pavillon im Palazzo Malipiero bespielte. Es folgten die 5. Berlin Biennale (2008), Gruppenausstellungen u. a. im New Museum, New York (2009), sowie Einzelausstellungen in der Konsthall Malmö (2009) und der Level 2 Gallery der Tate Modern, London (2010).

Epaminondas Arbeiten lassen sich als audiovisuelle Collagen bezeichnen, verwendet die Künstlerin doch Medien, Materialien und Objekte aus unterschiedlichen Quellen und Epochen. Von ethnographischen Fotostrecken aus Büchern und Magazinen aus der Zeit zwischen den 1930er- und den 1960er-Jahren ist sie ebenso fasziniert wie von Filmdokumentationen der 1950er- und 1960er-Jahre, da beide Medien zu ihrer Zeit eine der wenigen Möglichkeiten darstellten, die Welt zu entdecken und die damalige Begeisterung für das Fremde und Exotische zu dokumentieren. Diese Bilder kombiniert Epaminonda mit antiken Skulpturen, Tongefäßen, afrikanischen Holzschnitzereien, chinesischem Porzellan und Kunsthandwerk sowie mit vorgefundenen Gegenständen der zu bespielenden Orte zu vielschichtigen Rauminstallationen.

In ihren Filmen, die neben der Fotografie ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, bedient sich Haris Epaminonda nicht nur der bestehenden Bilderwelt, sondern greift auch auf ihr eigenes Formen- und Motivarchiv zurück – Sequenzen, die sie auf Reisen, im Studio und aus Büchern mit einer Super-8-Handkamera aufgezeichnet hat. Aufgrund der grobkörnigen Materialität und der verwackelten Ästhetik wirken diese Aufnahmen wie aus einer längst vergangenen Zeit – ein Eindruck, der durch den bewussten Verzicht auf Hinweise auf Herkunft und Bedeutung verstärkt wird. Die Fragmente werfen den Betrachter auf sich selbst zurück, wollen zusammengefügt und in neue Sinnzusammenhänge übertragen werden.

Die aus Fotografie, Film und anderen Gegenständen entstehenden dreidimensionalen Collagen fordern die Entdeckungslust der Betrachter heraus. Haris Epaminonda spielt mit dem musealen Ausstellungscharakter der Objekte sowie den Möglichkeiten der Präsentation. Die seltsame Stimmung ihrer Installationen rührt von der Überlagerung verschiedener Zeitebenen, Materialen und Techniken. Ihre Räume werden dadurch zu Zeitspeichern, markieren Schwellen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Privatheit und Anonymität, Realität und Fiktion. Epaminonda kreiert imaginäre Welten, indem sie subjektiv ausgewählte Fundstücke aus ihrem ursprünglichen Kontext löst und in einer neuen Umgebung neu zusammensetzt und kombiniert. Bemerkenswert ist die Sensibilität der Künstlerin im Umgang mit Rohmaterial und Darstellungsweisen. Der zärtliche Blick auf eine längst vergangene Zeit, die wehmütige Erinnerung an die Romantik exotischer Expeditionen und die Begeisterung privater Urlaubsmomente funktionieren beim Betrachter unmittelbar auf einer emotionalen Ebene.

Für die SCHIRN konzipiert Haris Epaminonda eine neue Arbeit, die an die 2010 in der Site Gallery, Sheffield, begonnene Reihe „Chronicles“ anknüpft. Sie entwickelt für die Ausstellung einen eigenen Filmraum, in dem sieben Projektionen zu sehen sein werden. Die Vorgehensweise bleibt auch in diesen neu produzierten Filmen fragmentarisch, die bewegten aneinandergereihten Bilder erzählen keine zusammenhängende Geschichte, sie sind allein durch ihre ästhetische Stimmung und repetitive Motivik miteinander verknüpft: Eine antike Skulptur, eine wasserspeiende Brunnenfigur, asiatische Mönche, eine stark verwitterte Mariendarstellung, die Kuppel einer Moschee, Bergspitzen, ein Sonnenuntergang im Wald und vor allem Wasser als wiederkehrendes Motiv vermitteln zwischen Kulturen und Religionen und hinterfragen das Wesen von Zeit, Bewegung und Ruhe.

Die Filmloops unterschiedlicher Dauer führen zu immer neuen Kombinationen und Stimmungen. Durch die Überlagerung der Medien verselbständigen sich Zeit- und Bedeutungskontexte, immer neue Bildwelten entstehen – und mit ihnen neue Assoziationsräume. Das französisch-britische Experimentalduo „Part Wild Horses Mane On Both Sides“ hat die Musik zur Installation komponiert. Raum und Filme werden von einem meditativen Raumklang untermalt, wodurch sich ein vielschichtiges begehbares Klangbild ergibt.