OG LU gilt als spannende Newcomerin in der Deutschrapszene. Am 16. August tritt sie beim SUMMER HANGOUT vor der SCHIRN auf. Zuvor haben wir ihr in Sachsenhausen einen Hausbesuch abgestattet.

„Drückt die Klingel mit den vielen Namen!“ hatte uns Lu auf Instagram geschrieben. Nun stehen wir vor einem prachtvollen Altbau in der Kennedyallee, der fast schon als Villa durchgeht. Zusammen mit sieben weiteren Personen bildet die Rapperin auf zwei Stockwerken und 360 Quadratmetern eine Wohngemeinschaft. Auf dem Dachboden hat sie sich ein kleines Tonstudio eingerichtet. Aus einer Luke hat man einen tollen Blick auf die Frankfurter Skyline.

Es ist früher Mittag. Lu wirkt ausgeschlafen, obwohl sie gestern eine Nachtschicht hatte. Regelmäßig jobbt sie als Türsteherin. Sie schaltet das Radio aus und die Kaffeemaschine an. Wir sitzen in der Küche und trinken Espresso mit Hafermilch. Lu fragt, ob es uns stört, dass sie sich eine Zigarette dreht – dann holt sie kurz ihren Tabakbeutel. Eine Whippet-Hündin springt um uns herum. Sie heißt Tija (Hessisch für Tiger) und gehört einer Mitbewohnerin.

Foto: Neven Allgeier
Texte, so hart wie Thaiboxen

In ihren Texten gibt sich OG LU gerne angriffslustig: „Meine Hook scheppert wie’n Wangenschlag, [...] Meine Fäuste, sie sind stadtbekannt“, rappt sie im Song „Namajunas“ zu einer hypnotischen Synthie-Melodie und Trap-Beats. Das Video dazu wurde in einem Preungesheimer Kampfsportstudio gedreht, in dem Lu Thaiboxen trainiert. Sie arbeitet auch selbst als Thaiboxtrainerin und gibt zum Beispiel in Jugendzentren Kurse, die sich speziell an Mädchen und junge Frauen richten.

Nach dem Abi ging Lu für ein halbes Jahr nach Thailand. Zunächst landete sie in einem Hostel, wo sie sich ziemlich langweilte. „Ich bin dort Menschen begegnet, die ihre Zeit damit verbrachten, Elefanten zu waschen oder sich in Tempeln segnen zu lassen. Das war überhaupt nicht mein Ding.“ Sie erinnerte sich an eine Instagram-Story, in dem ein Thaiboxstudio erwähnt wurde, das ganz in der Nähe war. „Das hat mich interessiert. Da bin ich hin und habe jeden Tag trainiert.“ Nach einem kurzen Zwischenspiel in Frankfurt zog sie nach Italien, engagierte sich in der linken Szene und lebte in einem besetzen Haus. „Ein bisschen auch auf Druck meiner Eltern bin ich dann zurückgekommen“, erzählt sie. „Sie meinten: Du kannst doch nicht dein Leben lang mit Punks rumhängen.“ Lu begann damit, Sport zu studieren. Inzwischen steht sie kurz vor dem Abschluss.

Foto: Neven Allgeier

Bin mit der Gang außer Rand und band. Meine Fäuste, sie sind stadtbekannt.

OG LU

Lu ist im Frankfurter Gallusviertel aufgewachsen. Rap mit deutschen Texten galt in ihrer Jugend als uncool. „Alles, was kein Ami-Rap war, hatte in meinem Freundeskreis keinen Platz“, erinnert sie sich. Das änderte sich erst, als Künstler wie Haftbefehl und Celo & Abdi Anfang der Zehnerjahre ihre ersten Alben veröffentlichten. Lu wurde Fan und begann, auf YouTube zu den Karaoke-Versionen ihrer Songs mitzurappen.

Seit zwei Jahren macht sie nun selber Musik. „Ich hatte großes Glück, dass ich in die Hände von coolen Leuten gekommen bin, die mich von Anfang an unterstützt haben.“ Ein befreundeter Musiker namens Die Zelle, der wiederum Teil der Frankfurter Rap-Crew PZK ist, versorgte Lu mit selbstproduzierten Beats. Ein wütend-anklagender Feature-Part auf dem gesellschaftskritischen Die-Zelle-Song „Fass ohne Boden“ war Lus musikalisches Debut. Bald darauf folgte mit „Sonne, Strand, Sattla“ ihre erste wirklich eigene Single, die mit ihrem ebenfalls von Die Zelle produzierten Boom-Bap-Beat das Zeug zum Sommerhit hat.

Hausgemachte Sounds und improvisierte Gesangskabine

PZK nahmen Lu mit zu Auftritten auf kleinere Festivals, die Leute aus ihrem Umfeld veranstalteten. „Nach den Shows kamen Menschen auf mich zu und sagten: Wir wollen mehr von Dir!“ Sie brauchte dringend neue Songs – auch, weil weitere Booking-Anfragen nicht lange auf sich warten ließen. In schneller Folge entstand neues Material. „Meine Musik ist sehr homemade“, sagt Lu. Viele Ideen entstehen ganz spontan. Einen ihrer Songs („Ups“) hat sie im Kleiderschrank ihres WG-Zimmers aufgenommen, den sie dafür kurzerhand in eine Gesangskabine verwandelte.

Ihre Bühnen sind innerhalb kürzester Zeit immer größer geworden: Lu hat inzwischen schon auf namhaften Festivals wie Fusion, Splash oder Tapefabrik gespielt. Am 16. August tritt sie beim Summer Hangout auf den Treppen vor der SCHIRN auf. Live wird sie nicht nur von einem DJ, sondern oft auch von anderen Rappern begleitet. Zum Beispiel von den Jungs des Kollektivs Gauners, mit denen sie vor ein paar Monaten ein Tape aufgenommen hat. Einen Tag vor unserem Besuch hat OG LU den Song „Konsti“ veröffentlicht – der ebenfalls eine Kollaboration mit den Gauners ist. „Chayas, Habibas, Banditas, scheißegal, alle machen mit Haschisch schnapp“ schildert Lu das nächtliche Treiben an Frankfurts Drogen-Hot-Spot in der Innenstadt.

Foto: Neven Allgeier

Ich bin in meinem Leben oft angeeckt, weil ich zu viel und zu laut gesprochen habe. Als Rapperin werde ich nun das erste Mal genau dafür gefeiert

OG LU

In den nächsten Monaten wird OG LU noch einige weitere Songs herausbringen. Sie arbeitet gerade an einer EP. Lu genießt ihren Erfolg, möchte aber nicht krampfhaft eine große Karriere erzwingen und alles auf eine Karte setzen. „Ich wohne in einer großen WG, habe einen großen Freundeskreis und muss Lohnarbeit und Studium unter einen Hut bringen“, sagt sie. „Da ist es natürlich schwierig, sich voll und ganz auf die Musik zu fokussieren.“ Ihre Version von Rap ist hart und direkt. Manch einer würde vielleicht Straßenrap dazu sagen. Die Texte sind explizit, oft aber auch ziemlich lustig. Rap hat für OG LU nicht zuletzt auch viel mit Empowerment, also mit Selbstermächtigung zu tun. „Ich bin eine junge Frau mit einer großen Klappe“, sagt sie. „Ich bin in meinem Leben oft angeeckt, weil ich zu viel und zu laut gesprochen habe. Als Rapperin werde ich nun das erste Mal genau dafür gefeiert.“

Foto: Neven Allgeier

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