SUCUK UND BRATWURST DESIGN ANIMATION FRANKFURT MAINZ
Sucuk und Bratwurst sehen sich nicht als klassische Agentur, sondern als Familie. Jetzt feiern sie ihr dreijähriges Bestehen mit einer großen Party in der Frankfurter Bar AMP.
Von Alexander JürgsAlessandro Belliero sitzt vor dem Laptop und betrachtet eine Animation, die in den vergangenen Tagen entstanden ist. Es ist ein surreales, ein rätselhaftes Bild. Es zeigt ein Skelett, das an einem kupferfarbenem Bistrotisch sitzt, in der einen Hand ein Amulett mit Emoji-Motiv, in der anderen eine brennende Zigarette. Vor ihm liegt eine Rose, die auf den Tisch einen Schatten wirft.
Alles wirkt glatt, clean, wie eine abperlende Oberfläche aus Kunststoff. Entstanden ist das Bild für den Pariser DJ und Produzenten NxxxxxS, es wird das Cover seines neuen Albums. Die Viermann-Agentur Sucuk und Bratwurst arbeitet häufig für Musiker aus der Cloud-Rap-Szene. Für Live From Earth, das Berliner Label, auf dem der wunderbar wahnsinnige Yung Hurn seine Stücke veröffentlicht, sind sie so etwas wie die Hausagentur geworden.
So schnell so viel
Ihre ersten Arbeiten sind 2014 für den Berliner Watergate-Club und das „Groove Magazin“ entstanden. Seitdem ist die Kundenliste um beachtliche Namen gewachsen. Gearbeitet haben Sucuk und Bratwurst zum Beispiel schon für das Kosmetiklabel Axe, Adidas, die Austro-Popper von Bilderbuch, für das „Zeit Magazin“, das Hipsterblatt „032c“ und die „Welt am Sonntag“. Auch für die SCHIRN sind sie immer wieder tätig. Dabei haben sie noch nicht einmal zu Ende studiert.
Denis Olgac und Alessandro Belliero sind an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung eingeschrieben. David Gönner sitzt an der Mainzer Fachhochschule gerade an seinem Bachelor-Abschluss. Lukas Olgac, der ältere Bruder von Denis, hat eine Ausbildung als Mediengestalter absolviert. „Wir hätten nie damit gerechnet, dass wir so schnell so viele Aufträge bekommen“, sagt er. Ihr Büro ist ein aufgeräumter Raum in der gemeinsamen Wohnung der Olgac-Brüder in der Mainzer Altstadt. Vier Laptops stehen auf einem schlichten schwarzen Tisch, ein Regal, ein Sofa, ein paar Vasen mit bunten Blumen. Mehr brauchen Sucuk und Bratwurst nicht.
Wie Dolce & Gabbana
Angefangen hat alles mit einem Tumblr-Blog, auf dem die vier Freunde Dinge posten wollten, die ihnen ins Auge gefallen sind: Animationen, Grafiken, Bilder, alles, für das das Herz halt so schlägt, wenn man „übertrieben viel Zeit im Internet verbringt“. Dieser Blog brauchte einen Namen, und weil Denis und Lukas Olgac sowohl deutsche wie türkische Wurzeln haben, einigte man sich auf die erstbeste Schnapsidee: Sucuk und Bratwurst – „so wie Dolce & Gabbana“.
Aus dem Blog entstanden bald eigene Produktionen, immer häufiger kamen Kundenanfragen herein. Die Ergebnisse dieser Jobs haben Sucuk und Bratwurst ins Netz gestellt, was wiederum die nächsten Aufträge generierte. „Ohne Social Media würde es uns nicht geben“, sagt Denis Olgac. Selbst große Firmen wenden sich an die Designer häufiger über Facebook als per Mail.
Im Netz nicht untergehen
Einsortiert wurden sie anfangs in die Post-Internet-Art-Schublade. Sie selbst sagen, dass das Label nicht zu ihnen passt. Worum es ihnen geht, ist, Bilder zu schaffen, die auffallen, die in der Schwemme der Motive, die im Netz um Aufmerksamkeit kämpfen, nicht untergehen. Auf ihrem Instagram-Account inszenieren sich die Gestalter dabei auch gerne selbst. Eins der Bilder zeigt sie, wie sie in lilafarbenen Fantasie-Rennfahrer-Shirts posieren. Sie haben die Grafiken für diese Shirts selbst gestaltet, im Auftrag von „032c“. „Wir sind unsere eigenen Models“, sagt Denis Olgac. Manchmal legen sie auch gemeinsam als DJs auf – unter dem Label „100% Halal“, im April diesen Jahres etwa bei einer Schirn at Night.
Sucuk und Bratwurst sind eine erfolgreiche Designagentur, vor allem aber sind sie Freunde – und das schon seit Kindestagen. Lukas Olgac und Alessandro Belliero waren bereits gemeinsam im Kindergarten – in der Marienkäfer-Gruppe. David Gönner und Denis Olgac kennen sich aus Schulzeiten. „Wir machen eigentlich immer alles gemeinsam, nicht nur bei der Arbeit“, erzählt David Gönner. „Wir sind tatsächlich wie eine Familie“, sagt Alessandro Belliero.
Sucuks for life
In Mainz, wo alle vier aufgewachsen sind, hat sie das zusammengeschweißt. An der Stadt, in der sie schon ihr Leben lang zuhause sind, hängen sie nicht besonders. „Wir mögen weder Fasching noch Mainz '05, und von Handkäs’ mit Musik wird uns schlecht“, sagt Denis Olgac. Sucuk und Bratwurst können sich vorstellen, den Sitz ihrer Agentur irgendwann zu verlegen.
Sie sind glücklich darüber, wie es gerade läuft, sie genießen den gemeinsamen Erfolg. Stolz erzählen sie, dass sie an einigen Hochschulen – in Mannheim, in Hamburg, an der Bauhaus-Universität in Weimar – Workshops gegeben haben oder geben werden. „Die Freiheit, die wir haben, ist großartig“, sagt Denis Olgac. „Keiner von uns könnte als Festangestellter arbeiten, mir waren schon zwei Monate Praktikum zu viel.“
Schnell noch ein Gruppenfoto, die Gestalter posieren auf dem Balkon, klettern auf die Balustrade, Denis und Lukas machen den Vordermännern Hasenohren, alle lachen. Sie wirken wie eine überdrehte Jungsbande nach einer Runde Klingelstreiche. „Sucuks for life“, sagt Alessandro Belliero.
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