Die Ausstellung im MMK Zollamt präsentiert die Abschlussarbeiten von 34 jungen Künstlerinnen und Künstlern.

JUST DO IT. I BELIEVE I CAN FLY. THE WINNER TAKES IT ALL. Die Fassade des MMK Zollamts ist mit einem Netz aus Stoffplanen bespannt, die mit motivierenden Sprüchen und charmant-dilettantischen Zeichnungen verziert wurden. Die Installation „Molli" von Moritz Grimm erinnert stark an die Plakate, die Abiturienten an die Zäune derjenigen Schule anbringen, die sie bald verlassen werden. Sie sind mit Sprüchen wie „ABIleave I can fly" oder Aufmunterungen „Lotta, du schaffst das!" versehen, um sich gegenseitig Glück für die Prüfungen und Erfolg für die Zukunft zu wünschen. Eine ähnliche Schwellensituation ist das Absolvieren eines Studiums an einer Kunstakademie und die Ungewissheit danach. Allein die Vorbereitung für die abschließende Ausstellung gleicht einer Prüfung: „Der Druck, der auf den Studenten lastet, ist sehr groß", so Anna Goetz, Kuratorin der Ausstellung. Denn schließlich werden die im Zollamt präsentierten Werke als offizielle Abschlussarbeiten, als Aushängeschild der eigenen Praxis wahrgenommen. Nicht allen Absolventen war frühzeitig bewusst, welches Werk sie präsentieren wollten. So war es bis zum Eröffnungstag „eine intensive Zusammenarbeit mit jedem der Studierenden", währenddessen hinsichtlich Auswahl und Präsentation der Arbeiten gemeinsame Entscheidungen getroffen wurden. Es ist eine Schau entstanden, die positive Aufbruchsstimmung verspüren lässt. Nicht nur, weil die Werke thematisch und formal gruppiert wurden und somit eine kohärente, stimmige Ausstellung entstanden ist, sondern auch weil den Arbeiten genug Raum zukommt, um ihre ganz eigene Energie zu entfalten.

„Ein ‚positiver' Druck, effektiv und produktiv zu sein": So fasst Alan B. Brock-Richmond, Absolvent der Douglas Gordon Klasse, seine letzten vier Jahre an der Städelschule in Frankfurt zusammen. Da der aus Kalifornien stammende Sound-Künstler bald in die USA zurückkehren wird, war es ihm ein Anliegen eine Arbeit zu zeigen, die die prägende Zeit in Frankfurt formal thematisiert und inhaltlich reflektiert. So ist die „trace"- Serie entstanden, ein visuelles und auditives Archiv, das in der Ausstellung als Installation präsentiert wird. In den abstrakt wirkenden Siebdrucken „trace 1" und „trace 2", jeweils in den Komplementärfarben Rot und Grau-Blau gefertigt, ziehen sich vertikale und horizontale Linien über das Blatt. Sie erinnern an Gitarrensaiten und Notenlinien, stellen jedoch auch einen Bezug zu der Visualisierung von Ton in Form von Amplituden her. Der glatte Druck wird immer wieder durch kleine Kratzer aufgebrochen, welche die optische Perfektion zerstören und als kaum wahrnehmbare indexikalische Zeichen von der Präsenz des Künstlers zeugen. Die darunter angeordnete „trace loop series" wiederum ist eine Ansammlung von 500 Magnetbändern, auf denen ca. 25 Auftritte der letzten vier Jahre aufgenommen wurden, was insgesamt fünf Stunden Tonmaterial entspricht. Diese sind in zwei Tonbandbehälter sortiert, unterschieden wurde zwischen melodischeren Stücken, und „drones", also experimentellen Noise-Klängen, die wortwörtlich „dröhnen". Am Eröffnungsabend spielte Brock-Richmond jeweils zwei Bänder parallel auf einem Tonbandgerät ab und improvisierte zusätzlich mit der Gitarre. So entstand eine Sound-Performance, die sich zwischen Form und Narration bewegt. Es ging ihm dabei um die Möglichkeiten, die entstehen, wenn die eigenen Stücke neu zusammengebracht werden. Aber auch darum, mit den Besuchern einen einzigartigen Moment zu teilen und sie an seinem persönlichen Archiv teilhaben zu lassen. Denn sein Interesse, so der Künstler, gilt der Erkundung feiner Nuancen sowie der phänomenologischen, also körperlich-sinnlichen Erfahrung. So pendelt sein Werk stets zwischen Harmonie und Störung, Perfektion und Dekonstruktion, Formalität und Phänomenalität.

Müde Augen blicken den Betrachter unter halbgeschlossenen Lidern an. Sie scheinen in eine grüne Maske gerahmt. Bei näherem Hinsehen erstreckt sich eine geheimnisvolle Landschaft aus dezenten Formen und dominanten Farben, die Rätsel stellen: Was schlängelt sich im Hintergrund? Sind das Hände oder doch nur willkürlich angeordnete Formen und Flächen? Die Absolventin Lena Philipp zeigt zwei in diesem Jahr entstandene Malereien „From the series postural performance". Ihre großformatigen Werke sind Widerspiegelungen dessen, wofür sie sich derzeitig interessiert und mit welchen Fragestellungen und Thematiken sie sich auseinandersetzt. Philipp geht es um eine gewisse Untersuchung der Malerei, um das Anwenden unterschiedlicher Strategien, um die Behandlung von Flächen -- um das Malen als Aktion, die auf unterschiedliche Weise ausgeführt werden kann. Bei genauerer Betrachtung ihrer Malereien wird dies deutlich: mal sind kraftvolle Pinselbewegungen auszumachen, die in einer schnellen Bewegung über die Leinwand geführt wurden, mal wird die Farbe dezent aufgesprüht, an anderer Stelle ist dicke Ölfarbe zu erkennen. Ebenso erprobt Philipp das Pendeln zwischen Figürlichkeit und Abstraktion, dem Konkreten und dem Offenen. Es soll eine Balance entstehen, die nicht zu viel, aber gerade genug über das Bild verrät: „Ich will sehen, wie weit ich gehen kann, wie konkret ich werden will." Als Ausgangspunkt eines Bildes dienen oftmals Leinwände, die zuvor als Arbeitsunterlage genutzt wurden. Die Malerin lässt sich dann intuitiv von den unabsichtlich entstandenen Farblandschaften leiten.So unterschiedlich die Absolventenarbeiten in Material, Thema und Auseinandersetzung mit der eigenen künstlerischen Praxis sind, so stimmig ist letztlich der Gesamteindruck: Hier verlässt ein Jahrgang seine Schule, um den man sich keinerlei Sorgen machen muss. JUST DO IT.„Pashmina. Absolventen der Städelschule 2014" ist noch bis zum 10. August im MMK Zollamt zu sehen. Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Website des MMK.