Die SCHIRN veranstaltet begleitend zu „Geheimgesellschaften“ eine Talkshow mit internationalen Gästen und verlost Karten für die Ausstellung.

Am Mittwoch, den 31. August um 19.00 Uhr findet die hochkarätig besetzte Talkshow im Rahmen der Ausstellung „Geheimgesellschaften“ in der SCHIRN Kunsthalle statt. Wir verlosen 5 x 2 Karten für die Ausstellung „Geheimgesellschaften“ an die ersten fünf Personen, die eine E-Mail an marketing@schirn.de senden! Einer der Talkshow-Gäste ist Gary Lachman, Gründungsmitglied der New Yorker Band Blondie. Er hat zahlreiche Bücher über Okkultismus und Politik geschrieben und für den Katalog der Ausstellung einen außergewöhnlichen Essay verfasst. Als Vorgeschmack auf die mit Spannung erwartete Talkshow ein Auszug aus dem Katalogtext.

Gary Lachman: Nichts ist wahr: Eine kurze Geschichte der Geheimgesellschaften

Geheimgesellschaften gibt es fast so lange, wie es Gesellschaft gibt. Die Adepten im alten Ägypten, die Priesterkönige Chinas, die Akolythen der griechischen Mysterien, die heiligen Lehrmeister in den innersten Bezirken der verborgenen Städte überall auf der Welt: Sie alle sind heute quicklebendig, wenden ihre mysteriösen Methoden an und erteilen ihre Befehle – ohne dass wir es wissen, vermuten oder gar bemerken würden.

Verborgene Anführer, geheime Meister, der innere Kreis, die Illuminaten: Sie alle sind uns heute wohlvertraut. Sie sind diejenigen, die über ein geheimes Wissen verfügen und eine geheime Sprache sprechen. Sie kennen die magischen Symbole, jene Schlüssel zu Welten, die hinter der unsrigen liegen. Sie haben die Verfahren und Feuerproben der Initiation durchgestanden. Sie haben den Heiligen Gral, den Stein der Weisen, die Smaragdtafel und den versunkenen Kontinent Atlantis entdeckt.

Es sind viele, die durch diese Schule gegangen sind. Es wird gesagt, auch Buddha, Christus und Platon waren darunter. Ihnen allen wurde das geheime Wissen zuteil, und sie alle wussten, es von profanen Händen fernzuhalten. Sie sind die Elite. Sie sind die Erwählten. Sie sind die wenigen, die wissen, wagen, wollen – und darüber schweigen.

Jeder x-Beliebige könnte einer von ihnen sein. Wie der russische Philosoph P. D. Ouspensky behauptet, geht ein beträchtlicher Anteil des geheimen Wissens auf einen Orientalen zurück, der in Bourdeaux mit Papageien handelte. Ouspenskys eigene Suche nach übernatürlichen und „unbekannten“ Lehren führte ihn in ein unscheinbares Café in einer Moskauer Seitenstraße, wo er schließlich auf den Mann mit dem Wissen stieß.

Vielleicht sitzt er gerade neben uns, vielleicht ist er soeben auf der Straße an uns vorbeigegangen. „Klopfet an“, heißt es in den Evangelien, „so wird euch aufgetan; und wer da bittet, der empfängt.“ Doch muss man wissen, wo man klopfen und wen man bitten soll. Man darf nichts als selbstverständlich erachten. Man muss dazu bereit sein, auf einen Schlag alles – Reichtum, Stellung, Macht – aufzugeben für die eine Chance, der Alltagswelt zu entkommen und in die verborgene, gefährliche, verführerische Welt der Geheimgesellschaften einzutreten.

Wagt man diesen Schritt, wird vieles möglich. Fortan ist nichts mehr wahr, und alles ist erlaubt. Fortan darf man machen, was man will, weil – nach den Worten des Dichters William Blake – diese Welt, die Welt, die man zurückgelassen hat, eine Erfindung ist. Für solche, die den folgenschweren Schritt vollzogen haben, entpuppt sich die „reale“ Welt der Zeitungen, der Mobiltelefone und des Internets als unwahr. Sie ist eine Falle, ein Gefängnis, in dem Geist und Körper gefesselt sind durch Unwissenheit und Furcht, den beiden Zwingherren der Konvention, die dafür Sorge tragen, dass wir das Wissen, das uns frei macht, nicht einmal erahnen können. In der Welt der Geheimgesellschaften hingegen ist Wissen Macht. Das geheime Buch, die verborgene Lehre finden sich unter der dünnen Oberfläche des Alltagslebens; sobald sich in dieser weltlichen Hülle Risse zeigen, erkennt man darunter Verbindungen, Muster und Beziehungen zwischen den entferntesten Dingen. […]

Die Gäste der Talkshow:

Jörg Heiser, der in Berlin lebende Kunstkritiker, Kurator und Mitherausgeber der Zeitschrift „frieze“ hat 2007 im Classen Verlag das Buch „Plötzlich diese Übersicht“ über Mechanismen und Eigenheiten der Kunstszene veröffentlicht.

Dr. Vanessa Joan Müller ist seit 2006 Direktorin des Kunstvereins Rheinlande und Westfalen. Von 2000 bis 2005 war sie Kuratorin beim Kunstverein Frankfurt, seit 2005 ist sie wissenschaftliche Leiterin des Projektes „European Kunsthalle“ in Köln.

Jan Verwoert lebt und arbeitet als freier Autor und Kunstkritiker in Berlin. Für den Katalog der Ausstellung hat er das Essay „Wie teilen wir es? Das Geheimnis? Wie werden wir sie erfahren? Die Mysterien?“ verfasst.

Cristina Ricupero lebt und arbeitet als freie Kuratorin in Paris. Die Co-Kuratorin der Ausstellung „Geheimgesellschaften“ wird die Talkshow moderieren.