Ab 9. Juli präsentiert der Multimedia-Künstler Doug Aitken seine spektakulären Film- und Soundarbeiten auf der gesamten Ausstellungsfläche der SCHIRN.

Die Schirn Kunsthalle Frankfurt widmet vom 9. Juli bis 27. September ihre gesamte Ausstellungsfläche im Innen- und Außenraum dem eindrucksvollen Werk des US-amerikanischen Künstlers Doug #Aitken. Es ist nicht nur die bislang umfassendste Einzelpräsentation von Aitken in Deutschland und darüber hinaus, sondern auch eine raum- und grenzüberschreitende Ausstellung: Aufwendige Videoinstallationen und ausgewählte Skulpturen im Innenraum sowie eine ortsspezifische Soundinstallation im Außenraum der Schirn lassen die wesentlichen Etappen seines bisherigen kreativen Schaffens im Überblick sichtbar werden. Der 1968 in Redondo Beach, Kalifornien, geborene Aitken überschreitet mit seinen vielfach ausgezeichneten Arbeiten Grenzen: Dynamisch verbindet er Film und Musik, Architektur, Performance und Skulptur. Seit mehr als 20 Jahren schafft er dadurch Kunstwerke von faszinierender audiovisueller Intensität und suggestiv-verführerischer Kraft. Nicht ohne Grund gehört Aitken zu einer einflussreichen Generation von Künstlern, welche die Inszenierung des Mediums Film nachhaltig bereichert haben: Seine Arbeiten zeugen von einer eingehenden Beobachtung der Wirklichkeit und sind Ausdruck einer philosophischen Betrachtung der gegenwärtigen Welt. In seinen Projekten hat Aitken die Formen des Ausstellens neu formuliert und hierdurch weltweite Aufmerksamkeit erlangt, sei es mit der Projektion seiner Arbeiten an den Außenfassaden von Museen, wie "sleepwalkers" am Museum of Modern Art #MoMA in New York oder der Inszenierung unvergleichlicher Happenings, wie etwa "Station to Station", ein über 6400 km Road Trip per Zug von New York nach San Francisco.

Aitkens kaleidoskopisches Universum wird sich in der Schirn auf mehr als 1400 m² Ausstellungsfläche entfalten. In atmosphärischen Räumen werden die Kunstwerke "SONG 1" (2012/2015), "Black Mirror" (2011), "migration (empire)" (2008) und "diamond sea" (1997) mit korrespondierenden Skulpturen, wie beispielsweise "Sunset (black and white)" (2011) und "Listening" (2011), gezeigt. Die Arbeit "Sonic Fountain II" (2013/2015) wird die öffentliche und frei zugängliche Rotunde im Außenraum der Schirn in einen akustisch-sphärischen Ort verwandeln. Doug Aitken nimmt den Betrachter seiner Film- und Soundarbeiten mit auf eine synästhetische Reise um die Welt und zu sich selbst. Er stellt existenzielle Fragen des Lebens, liefert jedoch keine einfachen Antworten. Stattdessen bringt der Künstler eine fast naive Begeisterung für das Menschsein und das gemeinschaftliche Zusammenwirken zum Ausdruck. Seine Themenwelt kreist fortwährend um die menschliche Zivilisation: die Entfremdung des Einzelnen und die Vereinzelung in der Masse, der Umgang des Menschen mit Natur und Technik sowie die Auswirkungen dieser Faktoren auf das Zusammenleben, auf die menschlichen Beziehungen an sich.

Der Ausstellungsrundgang beginnt im Außenraum. In der Schirn-Rotunde findet sich die Arbeit "Sonic Fountain II", eine ortsspezifisch erweiterte Version einer Arbeit aus dem Jahr 2013. Sie bildet den Auftakt und liefert zugleich den Soundtrack der Ausstellung. Wasser tropft und strahlt in ein aus Sand und Schotter gebildetes, mit milchiger Flüssigkeit gefülltes Bassin. Eine musikalische Komposition aus flüssigen Geräuschen, die durch die gefäßförmige Architektur der Rotunde akustisch verdichtet wird.Die erste Arbeit im Inneren der Schirn ist die Mehrkanal-Videoinstallation "SONG 1" von 2012/2015. Ursprünglich für die Fassade des Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington D.C. entwickelt, wird die Arbeit nun erstmals im Innenraum auf von der Decke herabhängende zylindrische Leinwände doppelseitig projiziert. „SONG 1" richtet den Blick auf das nächtliche Treiben in einer US-amerikanischen Großstadt. Bilder des gewöhnlichen Alltags bestehend aus Arbeit, endlosen Autofahrten und der Suche nach menschlichem Kontakt, Anschluss und Nähe werden an unterschiedlichen Schauplätzen wie einer Fabrik, einem Schnellrestaurant oder Parkplätzen sichtbar. Das musikalische Leitmotiv des Films ist das Lied "I Only Have Eyes For You" (1934, Dames). Aitken lässt verschiedene Protagonisten, darunter Tilda #Swinton und #Beck, Interpretationen des Liedes singen und bestimmt so den Rhythmus und die Atmosphäre der einzelnen Bilder.

In der zweiten großen Videoinstallation "Black Mirror" von 2011 thematisiert Aitken das nomadische Reisen einer jungen Frau, die gefangen ist in einem Kreislauf der Errungenschaften und Gegebenheiten der modernen Zivilisation -- Flughafen, Hotel, Internet, Highway, Smartphone, Tabletten. Aitken lässt offen, wo sie herkommt, wer sie ist und warum sie reist. Getrieben und angetrieben in einer ständigen Gegenwart ist die Darstellerin, gespielt von der US-amerikanischen Schauspielerin Chloë Sevigny, unentwegt von Ort zu Ort in Bewegung, um ihrer selbst willen. Dabei erscheint es der Reisenden häufig so, als schaue sie sich von außen selbst zu, und die Orte und Landschaften ziehen wie ein Film an ihr vorbei. Die Bewegung -- eindrucksvoll von Aitkens Kamera wiedergegeben -- ist das eigentliche Thema der Reise und ihr einziges Ziel.In der darauffolgenden Arbeit "migration (empire)" von 2008 zeichnet Aitken das Porträt der örtlichen Verlagerung weiter. Er beschreibt den Zustand, überall, aber letztlich nirgendwo zu sein, indem er die Handlung in Motel-Zimmer außerhalb der Metropolen verlegt. Auf drei großen hintereinander aufgestellten Billboardscreens wird die Arbeit in der Schirn präsentiert. In dieser Reihe erinnern sie an Werbetafeln an einer Straße. Aitkens Kamera führt nach und nach in einzelne Zimmer, in denen Tiere auftauchen: Ein Pferd steht auf einem abgewetzten Teppich, seine Hufe wirbeln Staub auf; ein Biber badet in einer Wanne, Hasen lümmeln sich auf Betten. Eine narrative Handlung ist nicht erkennbar, vielmehr thematisiert Aitken das Sehen an sich und die Denkmuster, die das visuelle Entdecken ein- und begrenzen.

Der Ausstellungsparcours endet mit einem im Œuvre des Künstlers zentralen Werk, "diamond sea" aus dem Jahr 1997 -- seine erste Mehrkanal-Videoinstallation und seine erste architektonische Arbeit. Für das Landschaftspanorama verbrachte Aitken Monate in der Wüste Namib im Südwesten Afrikas. Er setzt die einst hochgesicherten und heute zerfallenden Anlagen der Diamanten-Minen mit der unverwechselbaren Natur in Beziehung. Wie Aitken selbst sagt, zeigt er eine "stille, fast halluzinatorische Phantomwelt". Bilder der kargen und unwirtlichen Anlage treffen auf poetische Bilder der Wüste und des Meeres. In "diamond sea" tritt der Künstler bewusst als Autor zurück, um der Rezeption, der körperlichen und geistigen Erfahrung des Werkes Raum zu geben.Zwischen den vier großen Videoinstallationen findet sich eine konzentrierte Auswahl an Skulpturen des kalifornischen Künstlers, wie "Speed" von 2012 oder "1968 (broken)" aus dem Jahr 2011. Aus unterschiedlichen Materialien gefertigt erinnern sie an leuchtende Werbeschilder, an laute und aggressive urbane Zeichen der Gegenwart. Aitkens Skulpturen schließen an die Themen seiner filmischen Arbeiten an und betonen den interaktiven Charakter seiner Installationen.

Doug Aitken (*1968, Redondo Beach, Kalifornien) studierte von 1987 bis 1991 am Art Center College of Design, Pasadena, wo er seinen Bachelor of Fine Arts erhielt, und von 1986 bis 1987 am Marymount College, Palos Verdes in Kalifornien. Aitken arbeitet genreübergreifend mit anderen Künstlern, Schauspielern und Musikern zusammen. Das Spektrum seines künstlerischen Schaffens umfasst Film, Musik, Architektur, Performance und Happening sowie Skulptur. Aitken hat bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten. 1999 wurde er mit dem International Prize, dem Goldenen Löwen der #Biennale di Venezia, ausgezeichnet.