Am 27.03. präsentiert die SCHIRN im Double Feature „Statues Also Die“ von Sascha Pohle und den französischen Essayfilm „Les Statues Meurent Aussi“ von Alain Resnais und Chris Marker.

Dem polyglotten Zeitgenossen mögen die beiden identischen Filmtitel des aktuellen Double Features aufgefallen sein und die Frage nach einem Zufall in den Sinn schießen. Dass es sich hierbei jedoch um keinen Zufall handelt, wird bei der Beschäftigung mit Sascha Pohle schnell klar. Der 1972 geborene Künstler, der bis 2002 an der Städel-Schule in Frankfurt am Main studierte, beschäftigte sich in den letzten Jahren in mehrerer seiner Arbeiten ausführlich mit Zitaten, Kopien, Imitationen und der Thematik des Doppelgängers. In dem 2007 erschienen Film „The Mad Masters“ spürte der Künstler so der Celebrity-Lookalike-Kultur in den USA nach, in „Refraiming the Artist“ von 2010 hingegen ließ er im chinesischen Dafen die Kopierer von Ölgemälden Filmszenen aus Künstlerportraits nachspielen. 

Fetischisierte Objekte

Während Sascha Pohle häufig das Medium Video nutzt, versteht er sich dennoch selbst nicht als Videokünstler. Die Arbeit „German Indian“ zum Beispiel, welche zwischen 2005 und 2010 entstand, ist eine Mixed Media Installation. In der Arbeit widmet sich der Künstler dem Phänomen der Hobbyindianer, welche sich z.B. in der DDR eigens in „Kulturgruppen zur Pflege des indianischen Brauchtums“ organisierten und als Hobbyisten auch heutzutage noch in ganz Deutschland existieren. Die Installation, bestehend aus Video sowie bearbeiteten Zeichnungen, Fotos & Filmmaterial und Artefakten des Hobbyindianers Gerhard Fischer aus Riesa, befasst sich mit der Frage nach dem Verhältnis von Original und Kopie. Gezeigt wird die Sehnsucht des Imitierenden, die schließlich darin mündet, dass dieser selbst indigene Indianer über ihre Kultur aufklären kann. Dabei geht es Sascha Pohle nie darum die Kopie bzw. Imitation als dilettantisch oder lächerlich zu entblößen, sondern thematisiert, was Authentizität meint und ob jene auch der Kopie innewohnen kann.

„Statues Also Die“ von Sascha Pohle wiederum führt das Zitat direkt im Titel. Dieser verweist auf „Les Statues Meurent Aussi“, zu Englisch eben „Statues Also Die“, von Alain Resnais und Chris Marker. Der 1953 entstandene Essayfilm stellt afrikanische Kunst und Kultur in den Mittelpunkt, zeigt deren Veränderung im Rahmen der Kolonialisierung und hinterfragt grundsätzlich den „weißen“, europäischen Blickwinkel. Die Auftragsarbeit war ursprünglich nicht Anti-Kolonialistisch konzipiert, sondern sollte, Alain Resnais zufolge, lediglich Afrikanische Kunst zeigen. Dass diese jedoch nicht im Pariser Louvre sondern im ethnologischen „Musée de l’Homme“ in Paris ausgestellt wurde, veranlasste die Künstler zu einem kritischeren Standpunkt, welcher schließlich dazu führte, dass ein Teils des Films in Frankreich für etliche Jahre zensiert wurde. 

Wenn Statuen sterben, werden sie Kunst

Wiederholt werden im Film minutenlang expressiv ausgeleuchtete Statuen, Skulpturen und Masken in beeindruckenden Aufnahmen festgehalten. Der Off-Kommentar und die Musik verstummen in diesen Momenten und verstärken somit den Bann, der von den Bildern ausgeht. Diese eindrucksvollen Aufnahmen faszinierten Sascha Pohle ebenso wie der schon im Titel des Films thematisierte „Tod der Statuen“. In „Statues Also Die“ filmt der Künstler, unterteilt in fünf Kapitel, Verpackungsmaterial von hauptsächlich elektronischen Geräten ab. Umgeben nur vom schwarzen Nichts verleihen die an den Resnais/Marker-Film erinnernden Aufnahmen dem toten Verpackungsmüll die Anmut von Statuen und erscheinen dem Betrachter im Verlauf des Films immer mehr als fetischisierte Objekte.

Das Verpackungsmaterial, welches nach dem Auspacken des Produkts seines Zwecks beraubt ist und in der Regel weggeworfen wird, erfährt hier eine Art Belebung in einem zweckfremden Zusammenhang. Hiermit berührt die Arbeit die Frage, ab wann Kunsthandwerk oder Alltagsobjekte zur Kunst transzendieren und in welcher Weise dies geschieht. Diese wird ebenfalls im Resnais/Marker-Film aufgeworfen und verweist auf eine kunst-philosophische Problematik, die in „Les Statues Meurent Aussi“ selbst beantwortet zu werden scheint: „Wenn Menschen sterben, gehen sie in die Geschichte ein. Wenn Statuen sterben, werden sie Kunst. Diese Botanik des Todes nennen wir Kultur.“