Ein Stand-up-Comedian, auch ein erfolgreicher, steht natürlich nicht immer. Manchmal sitzt er auch – zum Beispiel am Schreibtisch. Der von Bruno Banarby befindet sich in den Räumen der Frankfurter Agentur Hood Comedy. Dort haben wir ihn besucht.
Als Orientierungshilfe streckt Bruno Banarby seinen Kopf aus dem Fenster eines riesigen Gebäudes im Rödelheimer Industriegebiet. Mit dem Handy am Ohr erklärt er uns den Weg. „Wenn ihr mit dem Auto da seid, stellt euch einfach auf den Parkplatz neben den Smart.“ Der Eingang zum Büro der Agentur Hood Comedy ist nicht leicht zu finden. Mit dem Tonstudio des Rappers Jamin und dem Modelabel Perplex teilt sich Hood Comedy einen geräumigen Workspace. Letzteres erklärt dann auch die Kleiderstangen voller Streetwear im Konferenzraum, in dem wir sitzen. Die loftartigen Räume haben hohe Fenster, durch die viel Licht fällt. Gleich nebenan befindet sich eine Firma, die auf Videoproduktionen spezialisiert ist. Banarby hat dort vor ein paar Jahren während seines Studiums ein Praktikum gemacht.
„Ich komme eigentlich vom Film“, erzählt Banarby bei einer Tasse Kaffee. Nach dem Abi studierte er an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden vier Semester lang das Fach „Media: Conception & Production“. Mit aufwendig inszenierten Sketchen trotz null Euro Budget machte er sich auf YouTube einen Namen. Als er von der Mainzer Eventagentur ESVUM (die Abkürzung steht für „Ein Stück von uns Mainz“) als Stand-up-Act zu einem Talentslam eingeladen wurde und merkte, wie viel Spaß ihm das macht, entwickelte er sein neu entdecktes Talent immer weiter. Inzwischen ist er bei bekannten Formaten wie Nightwash aufgetreten. 2022 hat er das Projekt Open Mic von M&M‘s gewonnen, das von Enissa Amani gehostet wurde. „Früher hatte ich bis zu vier Jobs gleichzeitig und trotzdem Schulden, weil ich viel Geld in mein Video-Equipment investiert habe. Mittlerweile kann ich von meiner Comedy gut leben.“
„Ich Sag Euch Ehrlich“
Auf der Bühne verkörpert Banarby keine Kunstfigur, schlüpft in keine Rolle. Passenderweise heißt seine abendfüllende Show, mit der er seit vergangenem Jahr auf Tour ist, dann auch „Ich Sag Euch Ehrlich.“ In seinem Programm erzählt er zum Beispiel von verwöhnten Hunden, die einen eigenen Netflix-Account besitzen oder macht unmissverständlich klar, warum er in seinem Freundeskreis unter gar keinen Umständen mehr als Umzugshelfer bereitsteht. „Die Zumutungen des Alltags: Das ist mein Thema“, sagt Banarby. „Meine Storys sind echt – 80 Prozent erlebt und höchstens 20 Prozent erfunden, damit es lustiger wirkt.“
Meine Storys sind echt – 80 Prozent erlebt und höchstens 20 Prozent erfunden, damit es lustiger wirkt.
Sein Stil ist stark von US-Comedy geprägt. Aufgewachsen ist Banarby mit TV-Formaten wie „Def Comedy Jam“. Inspiriert haben ihn Comedians wie Dave Chappelle, Steve Harvey und Sebastian Maniscalco. „Ihren Stil habe ich genau angekuckt. Ich wollte wissen: Was macht die Guten gut. Comedy hat am Ende auch viel mit Handwerk zu tun.“ Deutscher Humor komme oft aus einer etwas steifen Kabarett-Tradition, erklärt Banarby. „Hier musst du erst einmal beweisen, dass du lustig bist. In Amerika hingegen ist bereits ein Vibe im Raum, bevor jemand überhaupt die Bühne betritt. Es gibt Musik vom DJ, das finde ich cool.“
Eine seiner Stärken ist die sogenannte Crowdwork – also das Vorgeplänkel mit dem Publikum, bevor die eigentliche Show beginnt. Dass sich auf seinen Social-Media-Kanälen so viele Crowdwork-Videos finden, hat aber auch ganz pragmatische Gründe, wie Banarby zugibt: „Ich möchte von meinem Programm im Netz nicht zu viel preisgeben. Die Leute sollen ja noch Lust haben, meine Shows zu besuchen. Deinen Lieblingssong kannst du immer wieder hören. Bei einem guten Gag ist das anders. Der ist beim zweiten Mal Hören längst nicht mehr so lustig. Und neue Gags zu schreiben, ist richtige Arbeit.“ Nächstes Jahr geht Banarbys aktuelle Tour mit einer Show im Offenbacher Capitol zu Ende. Dort soll dann auch das komplette Programm mitgefilmt und hochgeladen werden.
Zusammen mit seinem Kumpel Halid Rizvanovic hat Banarby Hood Comedy gegründet. Jede Woche veranstalten die beiden Open-Mic-Abende in verschiedenen Locations im Rhein-Main-Gebiet – in Frankfurt etwa im Club Karlson und der Bar Noah. „Für Comedians gibt es nichts Wichtigeres, als regelmäßig aufzutreten. Um neue Nummern zu testen, eignen sich ganz besonders die kleinen Bühnen. Dort kannst du nichts verstecken.“ Newcomer*innen, die sich vor kleinem Publikum bewährt haben, bekommen die Chance, beim „Hood Comedy Showcase“ aufzutreten – einer großen Show, die jeden zweiten Monat über die Bühne geht. Dort sind auch regelmäßig namhafte Comedians zu Gast. Die nächste Ausgabe findet am 29. Dezember in der Frankfurter Batschkapp statt.
Auf der Bühne und auf den Ohren
Banarby und Rizvanovic produzieren auch einen gemeinsamen Podcast mit dem Titel „Pass Auf Wie Ihr Redet“. Jeden Mittwoch gibt es eine neue Folge. „Während der Corona-Zeit haben wir jedes Wochenende lange Telefongespräche geführt, um uns besser kennenzulernen, damit wir auf der Bühne gut harmonieren. Dabei haben wir über alles Mögliche geredet. Irgendwann haben wir gesagt, lass uns das doch jetzt einfach öffentlich tun und einen Podcast daraus machen.“
Bevor wir gehen, schauen wir noch einmal kurz im Büro von Banarby und Rizvanovic vorbei. Die beiden Schreibtische stehen sich direkt gegenüber. Auf einem Sofa liegt ein Basketball, der an Banarbys imposante Sportkarriere erinnert. Als Jugendlicher spielte er für Top-Vereine wie Eintracht Frankfurt, Skyliners Frankfurt und White Wings Hanau. Sein Traum war es damals, NBA-Profi zu werden. Am Abend hat Banarby noch eine Veranstaltung in der Bar Rot & Vogel im Frankfurter Nordend. Einen Tag später reist er nach Berlin, wo er gleich eine ganze Reihe von Auftritten absolviert. Er ist gut im Geschäft. In Frankfurt wird er hin und wieder von Fremden auf der Straße erkannt. „Manchmal kommt es vor, dass mich im Vorbeigehen jemand kurz antippt und sagt: Du bist lustig! Das gefällt mir.“ Banarby begleitet uns nach draußen. Zum Abschied sagt er: „Wenn ihr mal lachen wollt, ihr wisst, wo ihr mich findet.“