Die Malerin Anna Nero holt 23 künstlerische Positionen aus Leipzig, Berlin, Bremen, Düsseldorf und Hamburg in die Frankfurter Ateliergemeinschaft Lange Straße 31, um die Vernetzung der Szenen voranzutreiben.

Blickt man von Leipzig aus nach Frankfurt, so sieht man vor allem Banken, einen internationalen Flughafen, vielleicht noch einige große Museen. „Von der Frankfurter Off-Szene kommt in Leipzig wenig an“, sagt Anna Nero. 1988 in Moskau geboren, wuchs sie in Frankfurt auf und studierte anschließend Kunst in Mainz und an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB). Seit 2015 lebt und arbeitet die Meisterschülerin von Heribert C. Ottersbach wieder vorwiegend in Frankfurt. Nero agiert seitdem als eine Art künstlerische Brücke zur angesagten sächsischen Metropole. In Leipzig blüht die junge Off-Szene nicht zuletzt dank niedriger Mieten. Gerade verlagere sich das Geschehen aus dem Westen der Stadt, wo beispielsweise die „Spinnerei“ zu den etablierten Orten zähle, in den Osten, berichtet Nero. 

Im Herbst 2016 organisierte Anna Nero in der Ateliergemeinschaft Lange Straße 31 eine Ausstellung der Leipziger Künstlergruppe „Neue Ratio“. Nun geht sie einen Schritt weiter und holt 23 künstlerische Positionen aus Leipzig, Berlin, Bremen, Düsseldorf und Hamburg in die bisweilen als Ausstellungsplattform agierende Ateliergemeinschaft. „Supervision“ heißt die Schau, die mit viel Malerei aufwartet. „Die Zusammensetzung basiert auf meinem persönlichen Umkreis und Freundeskreis“, bekennt Nero. Viele Künstler lernte sie an der Leipziger HGB kennen. Es geht ihr auch um die Vernetzung von Städten, die bisher nicht recht verbunden sind.

Ästhetik von Computerspielen

Anna Nero möchte „Positionen nach Frankfurt bringen, die man hier eher weniger kennt und/oder zu Gesicht bekommt“. So zum Beispiel der 1988 in Zürich geborene Künstler Manuel Stehli, der bei Annette Schröter in Leipzig studierte. Stehlis Malerei ist auf den ersten Blick gegenständlich. Man erblickt Figuren und Landschaftsausschnitte. Einem an Computerspielen früherer Jahre geschulten Blick entgeht nicht, wie sehr Stehli die Ästhetik der dortigen 3D-Umgebungen zitiert. Die Figuren haben harte Kanten, wirken flach und ziemlich isoliert. Die Landschaften gleichen Pixelteppichen, die über digitale Polygonmodelle gelegt wurden.

Manuel Stehli, Ohne Titel, 170 x 220 cm, Öl auf Leinwand, 2015, courtesy the artist
Ellen Akimoto, 2016 into 2017, 180 x 150, Öl auf Leinwand, 2017, courtesy the artist

Die Malerin Ellen Akimoto wurde 1988 in Kalifornien geboren. Sie studierte zuletzt, ebenfalls bei Annette Schröter, in Leipzig, wo sie heute lebt. Akimotos figurative Gemälde wirken wie collagiert. Man sieht Menschen in Innen- und Außenräumen, deren Licht irgendwie kalifornisch anmutet und einen Moment lang an David Hockneys L.A.-Bilder der 1960er Jahre denken lässt. Akimotos malerisches Interesse gilt vor allem Mustern und Strukturen. Bildhauerisch arbeitet Peter Müller, 1981 im polnischen Ruda geboren. Er studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Tony Cragg. Müller fertigt abstrakte Skulpturen aus Stahl und Cortenstahl. Ihre dynamischen Formen erinnern an zeitgenössisches Produktdesign und experimentelle Architektur.

Mit viel Galgenhumor

Auch performative und konzeptuelle Positionen kommen in der Ausstellung nicht zu kurz. Der 1986 geborene Künstler Florian Hesselbarth studierte an der HGB Leipzig und lebt in Berlin. Er schreibt Geschichten über das typische Leben eines jungen Künstlers in der Hauptstadt, das zwischen Geldnöten, Party und Kunstausübung changiert. Am Eröffnungsabend um 21 Uhr sowie am Freitag um 19 Uhr wird Hesselbarth aus seinen Texten vorlesen. Gemeinsam mit der 1983 in Budapest geborenen, in Leipzig lebenden Künstlerin Orsi Horvath hat Anna Nero zudem eine Glückskeks-Edition entwickelt. In den Keksen, die am Eröffnungsabend verkauft werden, stecken motivierende Sentenzen für Künstler und Kreative. Mit viel Galgenhumor berichten sie von deren nicht gerade unbekümmertem, oft sogar frustrierendem Alltag. „After 5 years of psychotherapy, you will win the Artist's Prize“, sagt eine Glückskeksbotschaft zum Beispiel.

Peter Müller, Loop III, ca. 70 x 30 x 30 cm, 2016, courtesy the artist