Es gibt viel zu entdecken bei einem Rundgang zum Saisonstart der Frankfurter Galerien – das SCHIRN MAGAZIN hat sich einige Rosinen rausgepickt.

Sich abends von Galerie zu Galerie treiben lassen – das geht in Frankfurt am Wochenende vom 9. bis 11. September besonders gut. Denn dann findet zum 22. Mal der Saisonstart der Frankfurter Galerien statt. Weil man bei so vielen Angeboten leicht den Überblick verliert, hier ein paar Tipps, wo man die Reste des spektakulärsten Kunstwerks 2016 sehen kann, welche jungen Galerien man besuchen kann, was es abseits der offiziellen Wege zu sehen gibt und wo man am besten hinterher  einen Drink nimmt.

ALP GALLERIES, CHRISTO: NACHLESE.

Das Kunstereignis 2016, an das sich die meisten erinnern werden, ist wahrscheinlich nicht die Berlin Biennale oder die Manifesta, sondern Christos überdimensionierte Installation “The Floating Piers” auf dem Lago d’Iseo. “Fragt sich nur, wer das wieder wegräumt”, hieß es in den Feuilletons. Die Riesenbrücke aus Pontons über den norditalienischen See musste wegen des großen Besucherandrangs geschlossen werden. Wer Reste davon sehen möchte, muss nicht weiter als bis nach Rödelheim fahren. Denn die Alp Galleries zeigen dort die Nachlese des megalomanen Projekts, zusammen mit einigen Skizzen und Studien vergangener Projekte.

Christo, The Floating Piers, 2016, Image via ilpost.it

GALERIE HEIKE STRELOW, IL-JIN ATEM CHOI: ARE YOU A GINGER?

Der Weg ins Ostend lohnt sich, denn das Atelier Frankfurt ist ein Zentrum der Kunstszene. Das ehemalige Getränkelager beherbergt Ateliers, Probebühnen für Theater und Tänzer. Außerdem dort: die Galerie Heike Strelow. Da gibt es Malerei und Skulpturen von Il-Jin Atem Choi zu sehen. Der 1981 geborene Künstler war früher im Graffiti-Untergrund unterwegs. Mittlerweile ist er mit seinen Malereien in Frankfurt längst kein Unbekannter mehr. Trotzdem gibt es hier ein paar neue Seiten von Atem Chois Werk zu entdecken. Wer herausbekommen will, was Ingwer – ginger – mit dem Philosophen Gilles Deleuze und den Gemälden und Plastiken von Atem Choi zu tun hat, ist bei Atem Chois erster Soloausstellung genau richtig.

Il-Jin Atem Choi, Installationsansicht, 2016, Image via frankfurt-saisonstart.de

KAI MIDDENDORFF GALERIE, BERNHARD SCHREINER: VOIDS

Wo das Frankfurter Bahnhofsviertel noch nicht ganz domestiziert ist, findet man in der Remise in einem Hinterhof der Niddastraße die Kai Middendorff Galerie, einen der spannendsten Frankfurter Räume für Video- und Konzeptkunst. “VOID” – Leere – heißt die Schau von Bernhard Schreiner. Die Arbeit “Materialized blank (54 units)” aus flachen Betonquadern sieht erstmal aus wie Minimal Art – bis auf die Flecken. Die rätselhaften Objekte sind nämlich Abgüsse von Pizzakartons. Daneben gibt es noch andere Arbeiten über Leere zu sehen – und zu hören, denn Schreiner macht auch raumfüllende Klanginstallationen. Wen das allein noch nicht in die Niddastraße lockt, der sollte die Pizza bei 7 Bello um die Ecke probieren.

Bernhard Schreiner bei Kai Middendorf, Image via www.kaimiddendorff.com

PHILIPP PFLUG CONTEMPORARY, JAGODA BEDNARSKY

In bester Lage, nämlich in der Ladenzeile aus der Nachkriegszeit an der Berliner Straße, liegt die Galerie von Philipp Pflug. Die meisten seiner Künstler sind wie der Galerist in der zweiten Hälfte der 1980er geboren. So auch die Jagoda Bednarsky. In den Gemälden der ehemaligen Städelschülerin kann man sich verlieren, denn sie schichtet ornamentale Linien, egal, ob auf die große Leinwand oder auf Bucheinbände. Das kommt an, denn die Liste mit Einzelausstellungen der jungen Künstlerin ist lang. Für die aktuelle Schau nimmt sie sich auch gegenständlicher Malerei an. Dabei sind ihre Bilder vor allem eins: betörend schön.

Jagoda Bednarsky bei Philipp Pflug Contemporary

PARKHAUS WK 16, JULIAN HEUSER

Einen Schönheitspreis gewinnt die Architektur des Parkhauses an der Walter Kolb-Straße 16 bestimmt nicht. Muss sie auch nicht, denn Parkhäuser sind nicht bekannt für ansprechende Architektur. Drinnen passieren dafür umso interessante Dinge. Der Projektraum im Erdgeschoss zeigt nämlich Malerei, Fotografie und vieles, was sich zwischen den Gattungen abspielt. Julian Heusers großformatige Gemälde sind grell und bunt, und sie haben viel vom Oberflächenfetisch der neueren digitalen Kunst gelernt. Und sie zitieren frech die klassischen Avantgarden, mal gegenständlich, mal ungegenständlich, aber meistens ziemlich witzig. Die Ausstellung hat schon vor dem eigentlichen Saisonstart eröffnet, deshalb können die Öffnungszeiten abweichen.

Julian Heuser bei Parkhaus WK 16

MONA LISA

Der Lieblingsbar der Frankfurter Kunstwelt liegt indes woanders – nämlich zu Fuß gut erreichbar zwischen MMK, SCHIRN und der Fahrgasse. Dass das Mona Lisa zum Treffpunkt von Kuratoren, Künstler und Studierenden geworden ist, liegt aber wahrscheinlich nicht nur daran, sondern auch an der familiären Atmosphäre und am plüschigen Interieur. Wer also nach dem Galerierundgang die Eindrücke verarbeiten möchte oder mit den Akteuren der Szene ins Gespräch kommen möchte, ist hier genau richtig. Natürlich kann man den Abend auch hier beginnen.

Image via monalisa-home.de

ÖFFNUNGSZEITEN DER TEILNEHMENDEN GALERIEN:

Freitag, 09. September, 18-22 Uhr
Samstag, 10. September, 11-18 Uhr
Sonntag, 11. September, 11-18 Uhr

Mehr Informationen zu allen teilnehmenden Galerien auf frankfurt-saisonstart.de