Offenbach lockt mit Kunst und Design: Im Hafen eröffnet am 1. Juli die neue „Kressmann-Halle“ mit einer Doppelausstellung, und nächstes Wochenende lädt die Hochschule für Gestaltung zum Rundgang.

Im Hintergrund zeichnen sich einschüchternde Neubauten ab, über den Köpfen donnern im Minutentakt Flugzeuge. Auf dem ehemaligen Hafengelände in Offenbach wird am 1. Juli ein neuer Ausstellungsort eröffnet. Die Künstlergruppe YRD.Works um David Bausch, Yacin Boudalfa und Ruben Fischer hat ein baufälliges Gebäude in monatelanger Arbeit saniert und umgebaut. Eine Fensterfront öffnet den Bau nach außen, drinnen herrscht „White Cube-Ästhetik“: ein neuer Estrichboden, weiße Wände, filigrane Neonlichtröhren.

In ihren bisherigen Projekten habe die Gruppe versucht, „Räume für soziale Begegnungen zu schaffen“, erzählt Ruben Fischer. YRD.Works errichteten und bespielten schon eine Saunabar, ein Fitnessstudio, einen Club und eine Bar. Der nun am Offenbacher Hafen entstandene Ausstellungsort  wurde nach dem langjährigen Vormieter benannt: „Kressmann-Halle“. Die Initiatoren möchten jungen Künstlern „eine Plattform“ und „professionelle Rahmenbedingungen“ bieten. Man könne als  Künstler nicht passiv verharren und darauf warten, entdeckt zu werden, betont Ruben Fischer.

Kein einfaches Unterfangen

Mindestens zwei Ausstellungen sind jährlich geplant. Es werden dabei zwei künstlerische Positionen gegenübergestellt. Damit Kontakte über Offenbach und Frankfurt hinaus entstehen, soll eine der Positionen von auswärts kommen. Die von Sophie Yerly kuratierte Eröffnungsausstellung  führt bis zum 23. Juli Arbeiten des in Offenbach und Berlin lebenden Künstlers David Schiesser und der Schweizer Künstlerin Dauphine Klein zusammen. Klein zeigt mehrere Projekte. Von Basel aus ließ sie 24 durchsichtige, mit Sand gefüllte Päckchen nach Offenbach schicken. Kein einfaches Unterfangen – nur wenige Päckchen fanden bisher ihren Weg in die Ausstellung.

Dauphine Klein, True, False and Slightly Better, Foto Eugen El

Die Künstlerin möchte damit stupide, sinnlose Arbeit thematisieren. „Don't Worry!“ prangt auf zwei aus massivem Metall aufwendig gefertigten, eigentlich unbenutzbaren Tischtennisschlägern. Die Rituale der Arbeitswelt und ihre zeitliche Struktur sind für Dauphine Klein von Interesse. David Schiesser zeigt neue Arbeiten auf Leinwand und skulpturale Installationen. Seinen figurativen Ansatz setzt Schiesser großformatig mit Kohle oder Pinsel um. „Es muss schnell passieren“, sagt der Künstler. Seine Arbeitsweise illustriert David Schiesser augenzwinkernd mit einer beweglichen, selbstgebauten Mauer. Jeder der etwa 30 Steine trägt die Aufschrift „Tempo“.

Die Bandbreite ist groß

Im Offenbacher Hafen soll in einigen Jahren ein Neubau der Hochschule für Gestaltung entstehen. Noch befindet sich der zentrale HfG-Campus in der Schlossstraße, zwischen Marktplatz und Mainunfer. Dort und in einem leerstehenden ehemaligen Bankgebäude, sowie im nicht mehr genutzten Bau einer Seifenfabrik zeigen die Studenten der beiden Fachbereiche Kunst und Design vom 8. bis zum 10. Juli ihre Arbeiten. Wie immer ist die Bandbreite der Medien und der Konzepte groß – zumal sich an der HfG die künstlerischen und gestalterische Disziplinen oft vermischen.

David Schiesser, Tempo, Foto Eugen El

Die Studenten von Prof. Peter Eckart haben in einem Semesterprojekt nach Design-Lösungen für Stadtmobiliar wie Brief- und Stromkästen, Infosäulen und Ampel-Schaltkästen geforscht. Hintergrund sei unter anderem der momentan laufende Ausbau des Glasfasernetzes, erzählt Jesko Haschke, der am Projekt mitgewirkt hat. Neue, größere Kästen werden nun überall im öffentlichen Raum aufgestellt. An der HfG sind diverse umsetzbare Entwürfe entstanden. Einige sind betont elegant, andere eher funktional und flexibel. Die Kabelspule wird vereinzelt als formales Element aufgegriffen. „'Schüler bemalen Stromkästen' ist für uns keine Lösung“, betont Haschke.

Bildhaft und symbolreich

Studenten im zweiten Semester des Design-Studiengangs haben mit einfachen Mitteln Spielzeug-Fluggeräte entworfen. Das Spektrum reicht von Propellern über überdimensionierte Papierflieger bis hin zu einem Paragleiter für Kinder. Fertige Produkte sucht man hier vergebens. Spielerischer Umgang mit dem Material steht im Vordergrund. Experimentell ist auch der Ansatz der Bühnenbildklasse von Prof. rosalie. Der private Briefwechsel zwischen den Dichtern Ingeborg Bachmann und Paul Celan bildet eine thematische Klammer der diesjährigen Ausstellung. In bildhaften und symbolreichen Installationen wird diese schwierige Beziehung inszeniert. 

HfG Design, Entwurf: Constanze Leuchtmann

Eine technisch versierte künstlerische Arbeit zeigt Maria Thrän in der Klasse für Elektronische Medien. Sie hat (in Fortsetzung ihres Projekts beim diesjährigen Festival der jungen Talente) eine Vorrichtung gebaut, die Schwingungen von aufgespannten Klaviersaiten audiovisuell erfahrbar macht. Als Gegengewichte für die Saiten hat Thrän drei schwere Betonsockel gebaut, die mit der Sichtbeton-Architektur des HfG-Westflügels korrespondieren. Vom Prinzip her funktioniere ihre Installation wie das „E-Bow“ bei einer E-Gitarre, erläutert Maria Thrän, deren Projekt von den Professoren Heiner Blum und Alexander Oppermann betreut wurde. 

HfG, Maria Thrän, Die Immaterialität der Oszillation, Foto Manoel Altenau