Acht junge Positionen aus der Städelschule und der Kunsthochschule Mainz sind vom 1. bis zum 3. Juli in einer Villa in Frankfurt-Sachsenhausen zu sehen.

Idyllisch liegt die Villa in der Metzlerstraße 21 im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen – neben dem Metzlerpark und dem Museum Angewandte Kunst. Im ersten Stock steht die Villa derzeit leer, vorher war dort eine Anwaltskanzlei. Nun werden in den Räumen zwei Ausstellungen stattfinden – am Wochenende vom 1. bis zum 3. Juli und im November. Initiiert wurden sie vom Kollektiv PASSE-AVANT, hinter dem Carina Bukuts und Sonia Knop stehen, Studentinnen der Goethe-Universität. Acht vielversprechende Positionen umfasst die erste Schau, die „Chambers A User’s Manual – Chapter I“ heißt.

Die Kuratorinnen Carina Bukuts und Sonia Knop vom Kollek­tiv PASSE-AVANT, Foto: Neven Allgeier

Der Titel verweist auf „Life a User's Manual” (dt. „Das Leben Gebrauchsanweisung“), einen Roman des französischen Schriftstellers Georges Perec (1936-1982). In 99 Kapiteln beschreibt Perec minutiös ein Haus, dessen Räume und Bewohner. Der Roman ist systematisch durchkonstruiert, und er muss nicht linear vom ersten Kapitel an gelesen werden. Für die teilnehmenden Künstler, die meisten Studenten oder Absolventen der Städelschule, ist Perecs Roman ein „Materialpool“, sagt Sonia Knop. Da die Ausstellung nur für kurze Zeit zu sehen ist und einige Performances und Filmscreenings umfasst, sprechen Bukuts und Knop von einem „Festival“.

Das Haus als Körper

In Zusammenarbeit mit Amy Ball realisiert Filippa Pettersson am Eröffnungsabend sowie am 2. Juli eine ortsbezogene Performance. „Die Infrastruktur des Hauses“ werde dabei ebenso zum Einsatz kommen wie die „Infrastruktur des Körpers“, sagt Pettersson. An Georges Perec findet sie vor allem dessen „neue Strategien des Blicks auf Räume“ interessant. So werde sie zusammen mit Amy Ball versuchen, „das Haus als einen Körper zu sehen und ihn auch so zu behandeln“. Im Herbst 2015 zeigten Pettersson und Ball eine audiovisuelle Performance in den Berliner KW Kunst-Werken, bei der sie den Raum und das Gebäude mithilfe skulpturaler Eingriffe einbezogen. Auch in ihrer Arbeit in der Metzlerstraße werden Skulpturen eine Rolle spielen.

Arbeit von Manuel Lorz, Copyright the artist

Leda Bourgogne changiert zwischen Malerei, Zeichnung und literarischem Schreiben. „Die beiden Arbeitsweisen funktionieren gut zusammen“, sagt die 1989 geborene Künstlerin. Am 3. Juli wird Bourgogne im Rahmen einer Lecture-Performance aus eigenen Texten lesen. Dabei werde sie zwar ihre Erfahrungen aus der Lektüre von Georges Perec einbeziehen, erzählt Bourgogne. Es wird aber nicht ausschließlich um Perec gehen: „Ich mag es nicht, über etwas zu arbeiten“. Zudem zeigt Leda Bourgogne Samtgemälde, die sich installativ auf den Raum beziehen. Die Künstler mit den Räumlichkeiten und den darin noch vorhandenen Relikten der früheren Nutzung spielerisch umgehen zu lassen, ist erklärtes Ziel der beiden Initiatorinnen.

Grenzen und Rätsel

In seiner künstlerischen Praxis arbeitet Ivan Murzin seit einiger Zeit mit fiktiven Figuren, die allesamt Akteure der Kunstwelt sind. Mit der Villa in der Metzlerstraße assoziiert Murzin den Typus des Kunstsammlers. Auch in Perecs Buch sieht er Parallelen zu den Figuren des Sammlers und des Künstlers, zumal Bartlebooth, der Protagonist des Romans, künstlerisch aktiv ist. Ein fiktiver Sammler, dessen Sammlung mit der geheimnisvollen Insel zusammenhängt, steht im Zentrum von Murzins neuer Arbeit. „Ich setze meine Beschäftigung mit Grenzen und visuellen Rätseln fort“, erzählt der Künstler, der seit 2013 an der Städelschule bei Judith Hopf studiert.

Arbeit von Leda Bourgogne, Copyright the artist
Arbeit von Ivan Murzin, Copyright the artist

Der Beitrag der Mainzer Künstlerin Eleni Wittbrodt umfasst Zeichnungen und eine Sound-Arbeit, für die sie eine Person bei Cello-Rhythmusübungen aufgenommen hat. Dabei ist es ihr wichtig, „visuell nicht extrem in den Raum einzugreifen“. Wittbrodt hat schon viele Texte von Georges Perec gelesen. In ihren Augen ist der Autor „besessen von Strukturierung und Organisation“. Darüber hinaus sind Clémentine Coupau, Jack Heard und Luzie Meyer mit Installationen, Filme und Lecture-Performances in der Ausstellung vertreten.

Weitere Räume der Villa

Zur Eröffnung erscheint ein Booklet, das weniger Katalog denn ein Künstlerbuch ist. Die darin enthaltenen Text- und Bildbeiträge kann man schon fast als eigenständige Werke betrachten. Die erste Präsentation in der Metzlerstraße 21 sehen Carina Bukuts und Sonia Knop indes als einen bewusst fragmentarisch gehaltenen „Teaser“. Bis zur nächsten Ausstellung im November, die „Chambers A User’s Manual – Chapter II“ heißen wird, können die Künstler ihre Ideen und Konzepte weiterentwickeln und ausarbeiten. Dann werden auch weitere Räume der Villa bespielt werden können.

Arbeit von Eleni Wittbrodt, Copyright the artist, Foto: Eugen El
Arbeit von Clémentine Coupau, Copyright the artist