Line Krom stellt mit ihrer Ausstellung in Frankfurt die Frage, ob der leidige Sparzwang im Kulturbereich nicht auch zu einem kreativen Mehrwert führen kann.

Im kleinen Ausstellungsraum Becker im idyllischen Frankfurter Stadtteil Oberrad ist derzeit die Ausstellung „Cutting Back to look better“ von Line Krom zu sehen. Die Frankfurter Künstlerin studierte am Wimbledon College of Art in London, an der Universität der Künste in Berlin und an der Frankfurter Goethe-Universität, ihre Arbeiten wurden bereits in New York, London und Los Angeles gezeigt.

Ausgangs- und Angelpunkt ihrer Ausstellung „Cutting Back to look better“ sind Überlegungen zum Sparen im Kunstbetrieb: „Mich interessiert, welche Auswirkungen gegenwärtige soziale und wirtschaftliche Bedingungen auf die Ästhetik haben, beziehungsweise wie sie sich ästhetisch manifestieren.“ Die Ausstellung in Frankfurt ist Auftakt für eine ästhetische Forschung mit dem Arbeitstitel „Metric as Souvereign“, die in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Projekträumen stattfinden wird.

Beflügelt Sparen etwa die Kreativität?

Line Krom untersucht, welche Auswirkungen budgetäre Sparmaßnahmen auf die Trägerstrukturen von Kunst haben. Experimentell sollen verschiedene Fragen durchdekliniert werden, etwa: „Führt Sparen zum Verlust von Freiheit oder gerade zu einem Aushandeln neuer Freiräume?“

Line Krom, Cutting Back to Look Better, Installationsansicht, Foto Thomas Braunsberger 2017

Der Ausstellungsraum Becker: Ein Raum, etwa doppelt so groß wie eine Telefonzelle, erinnert ästhetisch an die gläsernen Schaufenster der 1950er- und 1960er-Jahre, wie sie manche der Galerien in der Frankfurter Innenstadt noch haben. Ralf Becker, der Betreiber dieses Offspace, Kunstliebhaber und gelernter Schreiner, baute ihn sich in die eigene Wohnung, um seine erworbenen Kunstwerke in einem angemessenen Rahmen betrachten zu können. Im Gespräch mit befreundeten Künstlern entstand schließlich die Idee, diesen Raum auch anderen zu öffnen und so fand dort im Februar 2013 die erste Ausstellung statt. Ein unmittelbarer, direkter Umgang mit Kunst und Ästhetik stehen im Mittelpunkt des kleinen, privaten Salons, in dem Ralf Becker zwei Ausstellungen pro Jahr realisiert.

Kann Sparen ästhetisch sein?

Die Schau „Cutting Back to look better“ nimmt Keilrahmen, wie man sie günstig im Fachgeschäft kaufen kann, zum Ausgangspunkt. Keilrahmen dienen dazu, Leinwände aufzuspannen auf denen Gemälde gemalt werden. Somit sind sie Trägermaterial der Kunst und stehen symbolhaft für die Rahmenbedingungen – die Träger, Menschen, Institutionen und Orte –, die Kunst überhaupt erst ermöglichen.

Line Krom, Cutting Back to Look Better, Installationsansicht, Foto Thomas Braunsberger 2017
Line Krom, Cutting Back to Look Better, Installationsansicht, Foto Thomas Braunsberger 2017

Was geschieht nun, wenn gespart wird? Die Künstlerin gab als Sparziel 75 % an. Ein Schreiner – Ausstellungsmacher Ralf Becker selbst, den Krom kurzerhand als Aktivisten gewann – setzte die vorgegebene Sparmaßnahme um. Zwischen 25 und 73 % der Rahmen wurden weggehobelt. Je mehr also gespart wurde, desto mehr Späne wurden freigesetzt. Gezeigt werden nun die unterschiedlich geformten Späne, mithin die Opfer des Rotstifts, nicht die bearbeiteten Rahmen selbst, über die Krom eine Leinwand gespannt hat. Ein Keilrahmen im Originalzustand hängt zudem im Galerieraum und stellt lautlos die Frage, was ästhetisch nun eigentlich interessanter ist.

Frankfurter Salonkultur

Jeden Montag ab 20 Uhr ist die Ausstellung geöffnet (bei telefonischer Anmeldung auch zu anderen Zeiten), ab 20:30 Uhr findet eine Gesprächsreihe statt, in der die Künstlerin Frankfurter Kunstraumbetreiber(innen) befragt, ob und wie sich das Sparen ganz konkret auf ihre Arbeit und die Kunst auswirkt. Den Auftakt der Gesprächsreihe machte Ralf Becker selber, dann war Dr. Carsten Siebert, Kurator des Kunstraum Riedbergs zu Gast. Es folgen unter anderen Harald Etzemüller vom Ausstellungsraum Eulengasse und Cornelia Kube-Druener und Wolfgang Klee vom Kulturraum Klosterpresse.

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Line Krom, Cutting Back to Look Better, Installationsansicht, Foto Thomas Braunsberger 2017