Die 46. Art Cologne erstrahlt zu neuem Glanz. Die Namen der Künstler und Aussteller auf der wohl wichtigsten deutschen Kunstmesse sprechen für sich. Ein Besuch in Köln.

Wie ein kostbarer alter Ring blieb die Art Cologne in manchen Jahren versteckt in der Schublade liegen, um jetzt – zur richtigen Zeit – in neuem Glanz zu erstrahlen. Mittlerweile jährt sich die Art Cologne zum 46. mal, ihr Profil hat sie dabei eindeutig abgesteckt. Messechef Daniel Hug sagt im Interview mit Christoph Driessen (DPA): „Es ist eine internationale Messe mit Schwerpunkt Deutschland. Weil der deutsche Kunstmarkt groß ist. Es gibt hier viele Kunst-Zentren, nicht nur Berlin.“ Das macht klar: in Berlin tummeln sich zwar viele Galerien, doch eine vergleichbare Messe gibt es dort seit dem Untergang des Art Forums nicht mehr. Ungefähr 30 Berliner Galerien kommen deshalb auch vom 18. bis zum 22. April 2012 nach Köln.

Ein Auszug aus der Liste der Aussteller spricht für sich: Buchholz, Crone, EIGEN + ART, Klosterfelde und Sprüth Magers. Den internationalen Schwung bringt als Neuheit in diesem Jahr die NADA aus dem USA mit. Direkt in die Hallen integriert, agiert die kleinere Messe autonom und fährt ihr eigenes Programm. Daniel Hug ist begeistert: „Mit der NADA werden junge Galerien nach Köln kommen und unseren Sammlern und Besuchern ganz neue Einblicke in die aktuelle Kunstszene bieten. Zugleich beleben wir so die lange Tradition einer engen Verbindung zwischen New York und Köln.“ Die Art Cologne bietet also einen umfassenden Einblick in die nationale und internationale Kunstszene – es lohnt sich genauer hinzuschauen.

Frankfurt in Köln

Am Stand der Galerie Buchmann sind digital entfremdete Prints von Frankfurter Fachwerkhäusern zu sehen. Die schwarz-weißen Drucke mit vertikalen Verzerrlinien wurden von der Künstlerin Bettina Pousttchi produziert. Im Zuge ihrer Auftragsarbeit für die SCHIRN fotografierte sie die Häuser „Schwarzer Stern“ und „Wertheym“ auf dem Frankfurter Römer und bearbeitete die Bilder digital soweit, bis sie nur noch ornamentale Strukturen darstellen. Die Arbeit „Framework“ verkleidet gerade die Rotunde und den Ostflügel der SCHIRN Kunsthalle.

Fotografische Drucke und Skulpturen, die sie parallel produzierte, sind in Köln zu sehen. Kleine Prints hängen an der Wand, auf dem Boden zerfließen schwarz-glitzernde Straßenpfosten in weiche Formen, im Zentrum steht ihr wohl bisher aufsehenerregendstes Werk: eine gerahmte Fotografie zeigt die von ihr gestaltete Außenfassade der Temporären Kunsthalle in Berlin. Pousttchi verbindet Architektur, Fotografie und Vergänglichkeit. Als aufgespannter Druck lässt sich ein Auszug aus ihrem SCHIRN Projekt für den öffentlichen Raum auf der Messe ergattern, bevor auch dieses Projekt irgendwann zu Ende geht.

Die Ehre den Verstorbenen

Dieter Roth (1930-1998) ist in diesem Jahr der Eingangsbereich der Messehalle gewidmet. In Zusammenarbeit mit seiner Galerie Hauser & Wirth wurden zwei riesige, skulpturale Objekte vor den Türen der Messehalle installiert. Bei den Arbeiten handelt es sich um 60 Quadratmeter große Fußböden aus dem Studio von Dieter und Björn Roth in Bali (Island). Der Künstler selbst transformierte sie zu frei stehenden, vertikalen Objekten, die an abstrakte Gemälde oder Skulpturen erinnern.

In Spuren zeigt sich hier sein gesamtes Schaffen. Farbe, Leim, Lack und Überreste seiner Arbeitsprozesse überlagern einander und dokumentieren rund 20 Jahre seines Schaffens. 2010 nahm Dieter Roth an der Gruppenausstellung „Zelluloid. Film ohne Kamera“ in der SCHIRN teil und zeigte eine ganz andere Arbeit. In Schwarzfilm gekratzte Buchstabenfolgen laufen zügig hintereinander ab.

Einzelne Bilder reihen sich aneinander, wirken bewegt und lassen sich dennoch nicht entschlüsseln. Dieter Roth ist einer der wenigen Künstler, die zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren unbeeindruckt von allen Trends an eigenständigen Projekten arbeiteten.

Im Inneren

In den Hallen übertrumpft ein Galeriestand den nächsten. Michael Riedel, ab Juni mit der Einzelausstellung „Kunste zur Text“ in der SCHIRN zu sehen, stellt bei David Zwirner gleich mehrere Neuproduktionen vor. In Form von Siebdrucken auf Wabenplatten führt er seine Reihe der Poster- und Powerpoint-Paintings fort.

Die Leinwandarbeit „Parabel“ von Neo Rauch aus dem Jahr 2008 hat David Zwirner auch wieder dabei. Vor vier Monaten war sie bereits auf der Art Basel in Miami, USA zu sehen. Vielleicht findet das Bild eines Malers, der mit einem Seil an seine Staffelei gefesselt ist und dem darüber hinaus die Guillotine im Hintergrund gefährlich nah rückt, nun in Köln einen würdigen Sammler?