Eine Konferenz im Mousonturm wird sich drei Tage lang mit dem Männlichkeitsbild im Hip-Hop auseinandersetzen. Der klassische Gangsta-Rapper wird langsam von Alternativen abgelöst.

„Butzbach, Erwachsenen Vollzug/ Mutter ist im Knast heute zu Besuch/ Ihr Kopftuch erkenn ich schon vom Fenster/ Sem'hemme yimma, dein Sohn ist ein Gangster“. Übergroße Kleidung, Bitches und Blingbling: Im Internet findet man detaillierte Anleitungen, was es braucht, um sich als Gangsta-Rapper zu inszenieren. Auch in den Zeilen des Frankfurter Rap-Duos Celo & Abdi wird das schnell klar.

Calo, Credit Celo

Die dreitägige Konferenz "Sex, Money & Respect. Männlichkeit zwischen Gangsta- und Queerrap" im Mousonturm will dieser Inszenierung auf den Grund gehen. Das Männerbild im Gangsta-Rap ist geprägt von der Heroisierung des Kleinkriminellen, dem omnipotenten Körper des Mannes und der Dominanz gegenüber Frauen. Die Konferenz nimmt dieses Männlichkeitskonstrukt genauer unter die Lupe und untersucht, inwiefern es sich auch in einem traditionellen bürgerlichen Kontext wiederfindet.

Homophob und sexistisch

Prägte das Bild des Gangstas den Hip-Hop der letzten Jahrzehnte stark, so kommt jetzt eine neue, spannende Strömung, die diese Vormachtstellung der Männlichkeit unterwandert oder sich abgrenzt. Queerrap findet zurzeit noch hauptsächlich in den USA oder Großbritannien statt. Eine Ausnahme ist die Berliner Rapperin Sookee. Sie eckt mit ihren feministischen Texten und Positionen gegen Sexismus, Homophobie, Rassismus und Antisemitismus in dieser sehr testosterongeprägten Szene an. „Hip Hop kann immer nur so homophob und sexistisch sein wie die Gesellschaft, in der er stattfindet“, sagt sie und wird diese Position in einem Streitgespräch mit dem Rapper Celo verteidigen müssen. Ganz im Stile von Battle-Rap treffen Sookee und Celo, aufeinander.

Sookee, Credit Eylul Aslan

Es geht um unterschiedliche Sichtweisen auf Rap und Gender. Sookee steht für sexuelle Diversität sowie gegen eine normative „Übermaskulinität“, die Heterosexualität als Maßstab setzt. Celo & Abdi vertreten hingegen, zumindest in ihrer Musik, eine maskuline, heterosexuelle Dominanz. Ihre Texte handeln vom Kleinkriminellen-Milieu und beschreiben darin etwa Drogendeals oder Produktionsprozesse zur Rauschgiftherstellung. Interessant ist bei ihnen die Sprache in der gerappt wird: es werden zahlreiche Lehnwörter aus Fremdsprachen, vorzugsweise aus dem Arabischen, Kurdischen, Bosnischen, Türkischen, Französischen, Albanischen oder Spanischen benutzt. Der Vortrag „Vom Gastarbeiter zum Gangsta-Rapper“ greift genau das auf. Dann sprechen Murat Güngör, Kurator der Konferenz, und Hannes Loh, Autor und Rapper, über die Zusammenhänge zwischen Rap und Migration.

Cartoonhafte Selbstdarstellung

Die Queerrap-Szene in Deutschland noch relativ klein. Zwar weichen Cloud-Rapper wie Yung Hurn oder RIN die harten Beats des Gangsta-Raps auf, doch Sookee steht mit ihrer klaren Positionierung allein auf weiter Flur. Also lässt Kurator Markus Gardian den spannenden Künstler Ski Mask the Slump God aus Florida einfliegen. Der Rapper inszeniert sich höchst originell: In seinen Musikvideos überschreibt er die Realität mit cartoonhafter Selbstdarstellung. Morbidität und popkulturelle Referenzen verschwimmen, kreative Lyrics treffen auf harte Trap Beats. Dazu rappt Stokeley Clevon Goulbourne in einem schnellen, verspielten und unkonventionellen Flow.

Tricia Rose

Für den theoretischen Überbau soll eine der bedeutendsten Hip-Hop-Theoretikerinnen, Tricia Rose, mit ihrem Vortrag „(Hyper)Masculinitiy and Blackness in U.S. Hip-Hop“ sorgen. Das Männlichkeitskonstrukt spiegelt sich nicht nur in der Sprache, sondern auch in Codes, visuellen Zeichen des Raps. Austragungsort ist der Körper, der sich zur Homosexualität und Weiblichkeit abgrenzt. Rose will die historischen und aktuellen Stränge schwarzer Männlichkeit im amerikanischen Rap nachzeichnen und Perspektiven der Selbstbehauptung aufzeigen.

Genderkonstruktionen im Breakdance

Und auch im Breakdance verhandeln die Akteure Rollenbilder. Frieda Frost und Michael Rappe sprechen über Genderinszenierung im Breakdance. Frost ist B-Girl und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tanz und Bewegungskultur an der Sporthochschule Köln. Rappe ist Professor für Geschichte und Theorie der Populären Musik an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Die beiden diskutieren die ästhetischen Formen des Aushandelns von Genderkonstruktionen im Breakdance.

Frieda Frost, Image via friedafrost.blogspot.de

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