Noch bis zum 31. Mai im Deutschen Filmmuseum: Die Sonderausstellung „Filmtheater – Kinofotografien von Yves Marchand und Romain Meffre“ verrät, was aus den großen Lichtspielhäusern des letzten Jahrhunderts geworden ist.

Das Kino wurde von den großen Filmtheoretikern immer wieder als Fenster oder Rahmen beschrieben -- als Fenster in eine scheinbar tatsächlich existierende Welt, wie sie beispielsweise die italienischen Neorealisten beschrieben, oder als Rahmen, der uns Einblicke in die konstruierte Welt des Regisseurs erlaubt. Die Frage nach dem tatsächlichen Raum, aus dem heraus wir entweder in den sinnbildlichen Rahmen oder durch das Fenster schauen, ist hiermit jedoch noch gar nicht berührt.

Während das typische Kino, in dem man heute entweder Arthouse-Filme oder Blockbuster zu sehen gewohnt ist, mal gemütlich-klein, mal ausladend-groß, in erster Linie jedoch zweckdienlich und minimalistisch eingerichtet ist, hinterlassen Bilder von Lichtspielhäusern aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einen ganz anderen Eindruck. Die großen US-amerikanischen Filmtheater jener Zeit waren überbordende, prunkvolle Bauwerke, schmuckvoll verziert und erinnern eher an barocke Paläste denn an Räumlichkeiten, in denen "nur" Filme gezeigt werden.

Seit 2005 schon spüren die Pariser Fotografen Yves Marchand und Romain Meffre in ihrer Serie "Theaters" genau jene alten US-Filmtheater auf und halten sie mit ihrer Großbildkamera fest. Die Bilder beeindrucken durch ihren unglaublichen Detailreichtum, die sie auch der Langzeitbelichtung verdanken -- bis zu einer Stunde ließen die Fotografen das Filmmaterial mitunter belichten. Insgesamt 30 jener Abzüge werden seit Ende letzten Jahres in der aktuellen Sonderausstellung "Filmtheater -- Kinofotografien von Yves Marchand & Romain Meffre" im Deutschen Filmmuseum präsentiert. Sie geben den Blick frei auf mitunter baufällige, ausgelebte und vergessene Bauwerke, deren Patina noch auf den Glanz alter Tage verweist. Andere Filmpaläste wiederum beherbergen nun Sporthallen, Fitnesscenter und Supermarkthallen oder wurden kurzerhand zu Garagen degradiert. Das nahezu Royale und Opulente der ursprünglichen Architektur ist noch deutlich erkennbar und ruft Assoziationen an sakrale Bauwerke wach, die ihrerseits immer öfter zu Wohnungen oder Restaurants umfunktioniert werden oder noch auf ihre Umnutzung warten.

Auch in Deutschland hat das große Kinosterben die einst so enorme Filmtheater-Landschaft deutlich minimiert: Wie die begleitende Ausstellung im Foyer zeigt, existierten im Frankfurt der 1950er-Jahre etwa 85 Kinos, von denen heute nur noch 14 Spielstätten übrig geblieben sind. In Zusammenarbeit mit den Frankfurter Stadtevents werden noch bis Juni Stadtführungen angeboten, die Einblick in die Frankfurter Kinogeschichte geben. Dass Filme im Gesellschaftsraum Kino vielleicht doch eine andere Wirkung entfalten als beim allabendlichen häuslichen Auf-den-Bildschirm-Starren, also das Eintreten in die Welt des Films eben doch das Austreten aus der eigenen, privaten Begrenztheit bedeuten könnte, davon darauf verweisen nicht nur die von Yves Marchand und Romain Meffre ausgestellten Bilder, sondern das bezeugt auch die Entstehung von neuen Programm- oder Event-Kinos – ganz gleich, wie diese im ästhetischen Vergleich mit den alten Prachtbauten auch abschneiden mögen.