Die Gruppenausstellung "XOXOXO" in der Offenbacher Ateliergemeinschaft "Station" ist eine kleine Reise wert.

Sind es Stelen? Oder vielleicht Baumstümpfe? Es könnten auch phallische Symbole, Artefakte einer   untergegangenen Kultur sein. Nicht nur auf den ersten Blick sind Sonja Yakovlevas Arbeiten schwer einzuordnen. Ausgangspunkt für die Objekte sind Nylonstrümpfe, die die frischgebackene HfG-Absolventin mit Beton ausgegossen hat. Tatsächlich kann man bei näherer Betrachtung Reststücke und erkennbare Spuren der Strümpfe entdecken. Einige Objekte sind zudem lackiert. „Ich habe viel experimentiert“, erzählt die Künstlerin.

Sonja Yakovlevas herrlich bedeutungsoffene Objekte sind Teil der Gruppenausstellung „XOXOXO“ in den Räumen der Offenbacher Ateliergemeinschaft „Station“. Seit 2011 arbeiten Künstler und Gestalter, Studierende und Absolventen der HfG und der Städelschule in ehemals leerstehenden Ladenräumen unweit des Offenbacher Hauptbahnhofs. Mehrmals jährlich organisieren sie Ausstellungen, an denen oft auch Gastkünstler teilnehmen. So waren zuletzt Arbeiten von Studierenden der Berliner Kunsthochschulen UdK und Weißensee zu sehen. Gelegentlich finden auch Konzerte statt.

Sonja Yakovleva, Nylondestruenten, Foto: Schirn Kunsthalle Frankfurt, Eugen El, 2016

Die aktuelle Schau umfasst acht Positionen. Ein einheitliches Thema gebe es nicht, betont Sonja Yakovleva. Im großzügig verglasten Eingangsraum werden neben Yakovlevas „Nylondestruenten“ auch malerische Arbeiten von Tom Król präsentiert. Król, der an der HfG studiert, freut sich über die Möglichkeit, in der „Station“ auszustellen: „Die Eröffnungen hier sind gut besucht. Sie haben Happening-Charakter. Dafür nehmen auch Frankfurter die Reise in die Nachbarstadt auf sich.“

Ein Spiel mit Räumlichkeit

Auf seinen Leinwänden sind grafische Zeichen, verfremdete figurative Fragmente zu sehen. Król malt in mehreren sich überlappenden Schichten. Die Formen bezieht er aus dem eigenen Fundus an Zeichnungen, Fotos und Internet-Fundstücken. Sie werden bearbeitet und miteinander kombiniert. „Ich plane die Bilder nicht. Es passiert viel durch Zufall“, sagt Król. Die Arbeiten sind in Schwarz und Weiß gehalten. „Vielleicht, weil ich ursprünglich von der Zeichnung komme“, erklärt der Künstler.

Ausstellungsansicht XOXOXO, vorne: Sonja Yakovleva, hinten: Tom Król, Foto: Schirn Kunsthalle Frankfurt, Eugen El, 2016

Wuchernde organische Strukturen bevölkern die Blätter der HfG-Studentin Hye Won Kim. Manchmal sind die filigran gezeichneten Strukturen kreisförmig eingefasst, auf einigen Blättern dürfen sie sich in die Fläche ausbreiten. Kim spielt mit Räumlichkeit, indem sie ein halbtransparentes Blatt über ein anderes hängt. Kims Werkreihe „into the brain“ demonstriert eine beeindruckende Detailverliebtheit. Eine Skulptur von Simon Henrich vervollständigt den Raum.

Eine stim­mige Präsen­ta­tion voller Expe­ri­men­tier­freude

Die Malerei der Städelabsolventin Edith Deyerling erscheint auf den ersten Blick spontan und intuitiv. Ihre Leinwände zeigen Versatzstücke figurativer Motive, aber auch abstrakte malerische Gesten und geometrische Strukturen. Deyerling verwendet ungewöhnlich knallige Farben. Ihre Bilder sind unterschwellig narrativ aufgeladen. Die Titel sind lakonisch: „Denkpause“ und „Erkenntnis“. Einen Kontrast setzt im gleichen Raum Tino Palm. In seinen malerischen Arbeiten verbindet der HfG-Absolvent kunsthistorische Zitate mit Bildern aus Medien und Popkultur. Das auf Jeansstoff ausgeführte Bild „Frank Stella“ lässt an die Stempelfunktion gängiger Bildbearbeitungsprogramme denken.

Hye Won Kim, Into the Brain, Foto: Schirn Kunsthalle Frankfurt, Eugen El, 2016

Für die Ausstellung „XOXOXO“ hat sich eine heterogene Gruppe zusammengefunden. Die Künstler der „Station“ und ihre Gäste überzeugen dennoch durch eine stimmige Präsentation voller Experimentierfreude. Bei der Vorbesichtigung sind Yakovleva, Król, Kim und Henrich sichtlich gut aufgelegt. Mit Felix Imiola, dem Mitbegründer der „Station“, werden noch die bis zur Eröffnung anstehenden Schritte besprochen. Tom Król bringt die Stimmung auf den Punkt: „Ich freue mich auf Samstag.“

Tino Palm, Frühling in Schweden, Guy Fawkes, Foto: Schirn Kunsthalle Frankfurt, Eugen El, 2016