Das Künstlerkollektiv YRD.Works kooperiert für seine jüngste Ausstellung mit dem Grafikdesigner Eike König. Sie haben die Offenbacher Kressmann-Halle in eine temporäre Pizzeria verwandelt – das SCHIRN MAG hat ihnen über die Schulter geschaut.

Der weiße Motorroller, mit dem später Pizzen ausgeliefert werden sollen, steht noch unberührt in der Kressmann-Halle, einem 2016 vom Künstlerkollektiv YRD.Works initiierten Ausstellungsraum im Offenbacher Hafenviertel. Ein verregneter Freitagabend am 13. April: Yacin Boudalfa, Ruben Fischer und David Bausch von YRD.Works haben zur Eröffnung ihrer Ausstellung „Why not: Not not? Intense Times“ geladen. Sie haben eine voll ausgestattete und funktionstüchtige Pizzabäckerei in den Ausstellungsraum eingebaut. Der Teig liegt schon bereit, Basilikum, Tomatenmark und weitere Zutaten warten auf ihren Einsatz.

Entstanden ist die Ausstellung in Kooperation mit Eike König vom Berliner Designbüro „Hort“. Seit 2011 ist König Professor für Illustration und Grafikdesign an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach. Boudalfa, Fischer und Bausch haben bei ihm studiert, später entwickelte sich daraus eine Freundschaft. In der Kressmann-Halle sind einige typographische Textarbeiten von Eike König zu sehen, die in klarer und zugleich ironischer Aufmachung unsere Gegenwart sezieren. Es ist indes keine klassische Ausstellung: Im Mittelpunkt steht eigentlich das Herstellen und Ausliefern von Pizza.

Einfach mal machen

Die dazugehörigen Kartons hat Eike König gestaltet, sie werden im Ausstellungsraum per Siebdruckverfahren hergestellt und nummeriert. So wird jede (eigenhändig von YRD.Works zubereitete) Pizza zu einer limitierten Edition, einem essbaren Kunstobjekt. Oder? Seit wann ist denn Pizzabacken Kunst? Neu ist ihre Idee nicht unbedingt. Auch der Aktions- und Performancekünstler Rirkrit Tiravanija (dessen Arbeit aktuell in der Ausstellung „Power to the People“ zu sehen ist) hat das Kochen im Kunstkontext als eine Form der relationalen Kunst etabliert – wie erst kürzlich in der Frankfurter Kleinmarkthalle gemeinsam mit Tobias Rehberger. Um hochtrabende kunsttheoretische Debatten scheint es YRD.Works und Eike König nicht zu gehen. Ihr Credo könnte eher lauten: Einfach machen, was Spaß macht.

Motorroller in der Kressmann-Halle, Foto: Eike König
Ausstellungsansicht Kressmann-Halle mit Siebdruckwerkstatt und Arbeit von Eike König, Foto: Eike König

„Wir fanden es spannend, eine Ausstellung zu konzipieren, die sich nicht nur auf den Ausstellungsort, die Kressmann-Halle, beschränkt, sondern den Weg bis in die Wohnungen der Kund/innen (bzw. Rezipient/innen) findet. Die Idee, mit Rollern durch die Stadt zu fahren und Dinge auszuliefern ist vielleicht auch so etwas wie eine Jugendfantasie und macht zumindest bei gutem Wetter einfach Spaß“, sagt Ruben Fischer. Das Pizzabacken haben sich Boudalfa, Fischer und Bausch selbst beigebracht – mithilfe von YouTube-Tutorials, Ratschlägen von befreundeten Köchen und „Learning by Doing“.

Für Irritation sorgen

Am Wochenende nach der Ausstellungseröffnung, den 14. April, geht es endlich los mit dem Backen und Ausliefern der Pizza in Offenbach. Über 60 Pizzen (der vier angebotenen Sorten) wurden an den zwei Tagen über die extra eingerichtete Telefonnummer bestellt, berichtet Ruben Fischer. Er fügt hinzu: „Die auffälligen Pizzakartons haben dazu geführt, dass Passanten unsere Kunden gefragt haben, wo man die Pizza bestellen könne und so an die Nummer kamen. Durch die architektonische Umgestaltung der Kressmann-Halle wurde auch schon viel Laufkundschaft aufmerksam. Die Kombination der ausgestellten Arbeiten von Eike König und der Pizzeria hat einige irritiert.“

Wir fanden es spannend, eine Ausstellung zu konzipieren, die sich nicht nur auf den Ausstellungsort beschränkt.

Ruben Fischer
Pizza von YRD.Works und Eike König, Foto: Gabriel Poblete

Wenige Tage später, am 18. April, folgt eine abendliche Veranstaltung, bei dem YRD.Works wieder in die Kressmann-Halle geladen haben. Sie backen Pizza und servieren kühle Getränke. Eike König ruft die Bestellnummern aus, und nach etwa drei Stunden sind die Pizzen fast ausverkauft. Während die Besucher draußen den Frühsommertag ausklingen lassen, herrschen drinnen Hitze und rege Betriebsamkeit. Der weiße Motorroller zeigt schon erste Gebrauchsspuren. Er wird noch einige Male zum Einsatz kommen, das steht fest.

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