Der brasilianische Graffitikünstler SPETO übersetzt mit seinem Graffiti an der Frankfurter Matthäuskirche eine in São Paulo alltägliche Problematik in eine skurrile Bildgeschichte: ein Motorradkurier wird zum Todesboten.

Speto (São Paulo) erzählt in seinen Wandmalereien Geschichten, die sich inhaltlich und formal an die nordbrasilianische Tradition der „Literatura de Cordel" anlehnen. Diese mit Holzschnitten illustrierten mystischen Geschichten entstanden im 17. Jahrhundert in einem Klima der kulturellen Durchmischung, bedingt durch die europäischen Einwanderer und den Handel mit afrikanischen Sklaven. Sie vereinen indigene Legenden, christliche Motive und afrikanische Kultur, die collagenhaft zusammengeführt werden und in einfacher Sprache geschrieben sind. Die Literatura de Cordel wurde durch das Aufgreifen zeitgeschichtlicher Geschehnisse auch als Kommunikationsmedium genutzt und ist in dieser Funktion dem heutigen brasilianischen Graffiti sehr ähnlich. Ausgangspunkt seines Bildes an der Fassade der Frankfurter Matthäuskirche ist eine von Speto selbstgeschriebene Cordel Dichtung über einen skurrilen Tag eines "motoboys". Die "paulista" (Einwohner São Paulos) bezeichnen mit dem Begriff die auf 150.000 geschätzten Motorradkuriere, die bei ihren täglichen Fahrten durch die verkehrsdichte Stadt zahlreich ums Leben kommen. Speto übersetzt die alltägliche Problematik in eine skurrile Bildgeschichte, in der der Kurier zum Todesboten selbst wird.