Federico Fellini setzte in 'La Dolce Vita' aufdringlichen Pressefotografen mit der Figur des Paparazzo ein Denkmal und etablierte so eine neue Bezeichnung für die Schnappschussjäger. Er war jedoch nicht der Erste, der sich filmisch der Problematik widmete.

Schon im Jahre 1940 hatte Tracy Lord (Katherine Hepburn) in George Cukors „The Philadelphia Story" nichts Gutes über die sogenannten Sensations-Reporter zu berichten: „Was für ein hässlicher Gedanke! Mit einem Fotoapparat in ein privates Haus zu kommen! [...] Ich soll begafft, entblößt, erniedrigt werden - zu 15 Cents pro Exemplar." Besagte Reporter nämlich werden in der klassischen Screwball-Komödie vom Klatsch-Blatt „Spy Magazine" beauftragt, um über die Hochzeit von Tracy Lord zu berichten. Was in „Philadelphia Story" nur als Ausgangspunkt für die genre-typischen Irrungen und Wirrungen sorgt, verrät dennoch schon einiges über den Ruf jener, die heute gemeinhin als Paparazzi bezeichnet werden.

Der Kampf eines Einzelnen gegen die Verleumdung

Mit dem Sensationsreporter Sid Hudgens, verkörpert von Danny DeVito im Kriminal-Thriller „L.A. Confidential", der im Hollywood der 1950er-Jahre spielt, können jene aus „The Philadelphia Story" jedoch nicht mithalten: Hier geht es nicht um romantische Hochzeits-Bilder oder Schnappschüsse aus privaten Wohnhäusern, sondern um Sex-Orgien, Drogenmissbrauch und Totschlag. Ebenjene "celebrity scandals" haben auch den amerikanischen Experimental-Filmer Kenneth Anger überaus interessiert, der mit dem 1965 herausgegebenen Band „Hollywood Babylon" so etwas wie die Bibel der Klatsch-Geschichten veröffentlicht. Ungeachtet dessen, dass Anger sich die meisten der geschilderten Skandale schlichtweg ausdachte, gehören diese auch heute noch zu den urbanen Legenden der Stars und Sternchen des alten Hollywood.

Doch nicht nur in Amerika nahm in der Mitte des 20. Jahrhunderts dergleichen Berichterstattung zu. Auch in Japan, bis 1951 noch von den Alliierten besetzt, war ein ähnlicher Trend zu beobachten. Akira Kurosawa, womöglich Japans bekanntester und einflussreichster Regisseur, motivierte dies 1950 zu „Skandal" (Origitnaltitel "Sukyandaru"). Der Film erzählt die Geschichte des Kampfes eines Einzelnen gegen die Verleumdung durch ein Klatsch-Magazin. Der rebellische Maler Ichiro Aoye (Toshirō Mifune) freundet sich in einem Hotel mit der bekannten Sängerin Miyako Saijo (Shirley Yamaguchi) an, die bereits zuvor das Interesse einiger Fotografen auf sich gezogen hat. Während sich der Maler und die Sängerin auf dem Balkon des Hotels miteinander unterhalten, schaffen es die Fotografen unbemerkt Aufnahmen der beiden zu machen. Diese werden kurz darauf im Magazin „Amour" unter der reißerischen Überschrift „Die Liebesgeschichte der Miyako Saijo" veröffentlicht. Verärgert über die Verleumdung und schockiert über den Eingriff in seine Privatsphäre, sucht der Maler den Verleger des Magazins auf, ein Gerangel findet statt. Es kommt wie es kommen muss, nun greifen auch andere Medien die Geschichte auf, und Aoye sieht sich gezwungen, gerichtlich gegen die Veröffentlichung vorzugehen.

Als es noch einfach war, einen klaren Standpunkt zu beziehen

Der Film ist explizit als Einspruch gegen die aufkommende Skandalisierung wie auch Verleumdung durch die Medien zu verstehen, wie auch Kurosawa selbst bestätige: "Eine einschlägige Massenpresse meinte, mit schamlos vulgären Artikeln die Neugier der Leser reizen und Skandale auslösen zu müssen. Dieser Tendenz musste Einhalt geboten werden, das gab den Anstoß zu meinem Film." Der klar ausgemachte Feind ist so auch verantwortlich für das Drama um die Figur des Rechtsanwaltes, der den Maler Saijo freiwillig vertritt. Dem Verleger der Zeitschrift Amour gelingt es, den tragischen Anwalt (Takashi Shimura) zu erpressen, was das Verfahren beinahe zum Kippen bringt. Die kriminelle Energie, die Kurosawa hier den Boulevard-Reportern zuschreibt, wirft sogleich die Frage nach der Verantwortung der Gesellschaft auf, die nach den Skandalen giert und so die Grundlage für die Berichterstattung stellt.

Rund 60 Jahre später ist die Thematik nach wie vor aktuell: 2004 sah sich der Europäische Gerichtshof im Rahmen des sog. „Caroline-Urteil" dazu gezwungen, die besondere Schutzwürdigkeit der Privatsphäre zu betonen und im Jahr 2006 trat in Kalifornien ein Gesetz in Kraft, welches die Freiheiten der Paparazzi stark einschränkte. Während auch seriöse Medien hierin die Einschränkung der Pressefreiheit befürchten und Paparazzi sich ihrer Arbeitsgrundlage entzogen sehen, gehen entsprechende Urteile den Gejagten natürlich nicht weit genug. Gleichzeitig treffen Celebrities jedoch auch immer wieder Absprachen mit Paparazzi für inszenierte Fotoreihen -- und Smartphones ermöglichen es heute Jedermann, zum Paparazzo zu werden. In Anbetracht dieser Entwicklungen wirken die Filme von Kurosawa oder Fellini beinahe wie eine Flaschenpost aus einer Zeit, als es noch einfacher war, einen klaren Standpunkt zu beziehen.