Der US-amerikanische Künstler Peter Halley kreiert eine mehrteilige Installation seines Gesamtwerks in der Rotunde der SCHIRN.

Vom 12. Mai bis 21. August 2016 präsentiert die SCHIRN die Installation The Schirn Ring des US-amerikanischen Künstlers Peter Halley (*1953). Ausgehend von den räumlichen Gegebenheiten der Rotunde hat Halley eine mehrteilige Installation entwickelt, die im Außenraum beginnt und sich im Inneren über beide Etagen der Rotunde sowie einen angrenzenden Ausstellungsraum erstreckt. Auf einer Fläche von rund 450 m² entwirft Halley eine räumlich komplexe, codierte Installation mit sowohl aktuellen als auch älteren Elementen seines Werkes.

Heute, da unser Leben von Algorithmen der Digitalindustrie geprägt wird, stehen wir mitten in einer Halley’schen Komposition.

Max Hollein, Direktor und Kurator

Halley erlangte bereits in den 1980er-Jahren große Bekanntheit mit seinen neonfarbenen, geometrischen Gemälden. Er insistierte, dass Geometrie stets an die gesellschaftliche Wirklichkeit gebunden ist und stellte damit bisherige Annahmen über die abstrakte Kunst infrage. Seit Mitte der 1990er-Jahre schafft er zudem ortsgebundene Installationen für Kunstgalerien und den öffentlichen Raum in Europa, Amerika und Asien. Peter Halleys Installationen gründen stets in seinem Verständnis des kulturellen und architektonischen Kontexts, in dem sie entstehen. 

Die Rotunde als Teilchenbeschleuniger 

So ging auch der Entwicklung von The Schirn Ring eine intensive konzeptionelle und architektonische Auseinandersetzung mit der Rotunde der Schirn voraus: Halley versteht die Rotunde als transitorischen Ort – als Ausstellungsfläche der Schirn, als städtebauliches Bindeglied zwischen Dom und Römer, aber auch als allgemeinen, öffentlichen Raum, der in seiner Form an die nahegelegene historische, neoklassizistische Paulskirche erinnert. Hiervon ausgehend, erforschte Halley analoge Elemente in den Architekturen der Schirn-Rotunde und des CERN Large Hadron Collider (LHC) in Genf. Dies bildet zusammen mit seiner Vorstellung der Rotunde als großen Teilchenbeschleuniger voll explosiver Energie, durchflutet von gelbem Licht, die inhaltliche Basis der Installation.

Peter Halley at Xippas Geneva Opening, 2015 © Photo: Guillaume Collignon

Max Hollein, Kurator der Ausstellung und Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt: „Peter Halley war schon vor 30 Jahren seiner Zeit weit voraus: Seine geometrischen Gemälde mit der ihnen eigenen Ikonografie von Prisons, Cells und Conduits manifestierten die Logik, Abhängigkeitsverhältnisse und Organisationsformen des sozialen Raums. Seine Arbeiten haben eine starke seismografische Qualität: In seinen geometrisch-abstrakten Bildern und seinen ortspezifischen Installationen wirft er einen analytischen und kritischen Blick auf die Raum-, Kommunikations- und Organisationsstrukturen, die den Lebensalltag der Menschen dominieren. Heute, da unser Leben von Algorithmen der Digitalindustrie und von oberflächlichen Reizen der Medienwelt geprägt und verändert wird, stehen wir mitten in einer Halley’schen Komposition.“ 

Eine immersive Installation 

Anknüpfend an die Idee des Teilchenbeschleunigers, lädt Halley die gesamte Fläche der äußeren Schirn-Rotunde energetisch auf: Das einfallende Tageslicht wird mittels einer transparenten runden Platte von 14 Meter Durchmesser gefiltert, sodass der gesamte Raum mit künstlich gelbem Licht gefüllt wird. Der Boden ist zudem gelb gestrichen. Die umlaufenden Fenster sind über zwei Geschosse mit einem Raster aus drei Meter hohen, reflektierenden Digitaldrucken von Halleys halbabstrakten Explosion-Motiven verkleidet, die sich über zwei Zeilen 28 Mal wiederholen.

Für die beiden die Rotunde umlaufenden Galerien hat der Künstler zwei weitere immersive Installationen konzipiert. In der Galerie im ersten Geschoss überzieht Halley die Wände vom Boden bis zur Decke mit einem digitalen Print, der nur mit Schwarzlicht beleuchtet wird. In zart strahlenden weißen Linien auf dunkelblauem Grund reproduziert Halley seine computer-gezeichneten Studien für seine Prison Gemälde, die die Wand in endloser Wiederholung in ein leuchtendes Raster transformieren.

Darstellungen aus der Teilchenphysik

Die Besucher folgen einem in sich abgeschlossenen Ring, aus dem sie nicht hinaus in den offenen Raum blicken können. Das Gefühl von Desorientierung wird durch das Schwarzlicht bewusst verstärkt. Über die gesamte Wand des Umgangs im zweiten Geschoss präsentiert Halley wiederum auf gelbem Hintergrund eine Montage aus Zeichnungen, die aus seinen Skizzenbüchern der 1980er-Jahren stammen, welche in der Schirn erstmals öffentlich gezeigt werden. Ergänzt werden sie durch Diagramme aus dem Large Hadron Collider und andere schematische Darstellungen aus dem Bereich der Teilchenphysik.

Peter Halley, Explosion, 2016 © Peter Halley Image courtesy of Peter Halley Studio

Die versammelten Zeichnungen, Diagramme, Pläne geben einen differenzierten Einblick in Halleys komplexen Schaffensprozess, seine spezifische Motivik und deren Entwicklung. Diese Arbeiten dienen dem Künstler bis heute sowohl als direkte Vorstudien zu seinen Gemälden als auch als Referenzmaterial für seine Digitaldrucke, Installationskonzepte und theoretischen Essays. The Schirn Ring führt in einen letzten Ausstellungsraum, den die Besucher durch eine Tür im Umgang des zweiten Geschosses betreten.

Die Syntax früher Videospiele

Sein richtungsweisendes Gemälde Rectangular Prison with Smokestack aus dem Jahr 1987 steht hier im Mittelpunkt. Es wird flankiert von zwei wandgroßen Kurvendiagrammen aus den späten 1990er-Jahren, die Halleys frühes Interesse an Algorithmen belegen. Diesem von geometrischen Strukturen und Formen beherrschten Ensemble setzt der Künstler die Videoarbeit Exploding Cell (1983) entgegen. In der Syntax früher Videospiele füllt sich eine von Halleys Cells mit rot glühendem Gas und explodiert. Mit dieser frühen Videoarbeit verweist Halley zurück auf das Thema der Explosion, welches die Rotunde beherrscht, womit sich der Kreis seiner Installation konzeptionell schließt.

Peter Halley, Rectangular Prison with Smokestack, 1987, Städel Museum © Image courtesy of Peter Halley Studio

Der Künstler und Kunsttheoretiker Peter Halley lebt und arbeitet seit mehr als 35 Jahren in New York City. Von 1996 bis 2005 war er Herausgeber des index, einem Magazin, in dem die vielfältige Kulturszene der Stadt abgebildet wurde. Halleys Atelier wurde zu einem Treffpunkt für Künstler, Autoren, Fotografen und Kreative unterschiedlicher Bereiche. Von 2002 bis 2011 leitete er zudem das MFA Painting Program an der Yale University School of Art. Halley studierte Kunstgeschichte in Yale (Abschluss 1975) und Fine Arts an der University of New Orleans (Abschluss 1978).

Peter Halley. The Schirn Ring © Schirn Kunsthalle Frankfurt, 2016, Photo: Norbert Miguletz