In seinen Auftritten inszeniert sich Terence Koh öffentlichkeitswirksam und zusammen mit Stars wie Lady GaGa. Die Show-Welt ist für den erfolgreichen Künstler eine souverän genutzte Bühne.

Was haben falsche Diamanten, das männliche Genital und das Klavier von Lady Gaga gemeinsam? Die Antwort: Sie finden sich alle im künstlerischen Werk von Terence Koh wieder. Seine Ingredienzen wählt der Meister mehr als sorgfältig aus. Das Showbizz spielt dabei eine mindestens ebenso wichtige Rolle wie die schwule Underground-Szene, Punk und Porno ergänzen das schräge Themenrepertoire. Sehr viel schlichter hingegen seine bevorzugte Farbwahl: Schwarz und Weiß.

In der aktuellen SCHIRN Ausstellung Geheimgesellschaften ist Terence Koh mit zwei Werken vertreten. Hinter „Untitled 8 (grease switchblade)“ verbirgt sich ein Springmesser, weiß bemalt und mit falschen Diamanten beklebt, aufgebahrt in einer Vitrine. Auf dem Lambda-Print „Mein tod mein tod“ präsentiert sich der Künstler in einem bizarren Selbstporträt: Eine Büste mit seinem Gesicht, über und über mit Zuckerguss, Sternchen und glitzernden Kugeln versehen, hängt kopfüber an der Wand. Der Titel setzt die Fotografie in einen äußerst morbiden Kontext. Terence Kohs Schaffen ist geprägt von Gegensätzen: Eine klare Formensprache mit schlichten Farben auf der einen, opulente Materialien und glitzernde Oberfläche auf der anderen Seite. Dabei haftet vielen Werken der Hang zum Düsteren, Abtrünnigen an – nicht umsonst wird Koh gern in einem Atemzug mit der New Gothic Art genannt, einer Kunstrichtung, die Ende der 1990er-Jahre mit der Ausstellung „Gothic“ des Institute of Contemporary Art in Boston ihren Anfang nahm. Zu dieser teilweise sehr düsteren und atmosphärischen Stilrichtung wird unter anderem auch die isländische Künstlerin Gabríela Friðriksdóttir gezählt, auf deren Ausstellung man ab dem 29. September 2011 in der SCHIRN Kunsthalle gespannt sein darf.

Geboren wurde Terence Koh 1977 in Peking, aufgewachsen ist er in der kanadischen Provinz Ontario. Der enorme Schaffensdrang des jungen Künstlers bahnt sich schon weit vor seiner Karriere im Kunstbetrieb einen Weg: Selbstgemachte Fanzines und Bücher gelten als Vorläufer der heute aufwändigen Installationen und Performances, mit denen Koh seinen Ruf als Künstler von internationalem Rang festigen konnte. Bereits 2003, im Alter von 25 Jahren, gestaltete er neben Gruppenausstellungen in Tokyo und New York seine erste Einzelausstellung in der Galerie Peres Projects Los Angeles, die Terence Koh bis heute vertritt. Glamour und Underground, Dekadenz und Verfall sind die Gegenpole, zwischen denen sich der Künstler bewegt. Mal taucht er einen opulenten Kronleuchter in mattes Schwarz – erst in der Werkbeschreibung zu „These Decades That We Never Sleep, Black Light“ wird der Betrachter auf weitere Bestandteile wie Blut und Exkremente des Künstlers aufmerksam. Ein anderes Mal wird Koh´s Körper selbst Thema seines Schaffens: So zum Beispiel in der Performance „Captain Buddha“, die der Künstler 2008 in der SCHIRN präsentierte: Eine mystische, fast verwunschene Performance, in der Koh eine Auswahl von fünfzehn weißen Bronzeobjekten mit einer Art marmornem Zauberstab berührte, oder in der aktuellen SCHIRN Ausstellung mit der Fotografie „Mein tod mein tod“ von 2005.

„I want to be the most popular artist in the world.“ Falsche Bescheidenheit hat bei Terence Koh keine Chance. Er weiß, wie man die Aufmerksamkeit des Publikums für sich gewinnt. Mal tituliert sich der Künstler als asianpunkboy, mal als Kohbunny, wie aktuell auf seiner eigenen Homepage zu sehen. Die Namensgebung spiegelt all jene Facetten wider, mit denen Koh sich so gern in Zusammenhang bringen lässt: Punk und Porno, Glamour und Underground gehen scheinbar nahtlos in Werk und Person über. Kunstfigur oder nicht – diese Frage scheint Terence Koh wenig zu interessieren. In diesem Punkt zieht er gleich mit seiner Auftraggeberin Lady GaGa, die das verführerische Spiel mit der Oberflächlichkeit ebenfalls im Schlaf beherrscht. Neben ihrem Hang zum schönen Schein mit opulenten Auftritten verbindet die beiden auch das Interesse an klassischen Geschlechterrollen und deren Aufhebung. Terence Koh ist der Art Star, auf den die Kunstwelt so lange gewartet hat (und der diese Rolle nur zu gern bedient) – Lady GaGa der Popstar, der so viel mehr zu bieten hat als gefällige Melodien. Eine künstlerische Liaison, die für beide Seiten äußerst inspirierend scheint: In der „Terence Koh Show“, einer Reihe von Videoclips, die Koh auf Youtube veröffentlichte, hatte die Sängerin einen Auftritt als Perlenzählerin. 2010 schließlich kreierte der Künstler Lady GaGas Klavier, an dem sie 2010 bei den Grammy Awards performte.

Aus seiner Liebe zur glitzernden Show-Welt macht Terence Koh keinen Hehl – ganz im Gegenteil. Nur zu gern lässt er sich mit angesagten Mode-Designern, Stars und Sternchen ablichten. Mindestens ebenso virtuos aber bewegt sich Koh auf dem internationalen Kunst-Parkett; lädt Freunde und Kollegen wie den bekannten Schweizer Kurator und Kritiker Hans Ulrich Obrist oder die New Yorker Performance-Künstlerin Marina Abramovic in seine „Terrence Koh Show“. Eine weitere schillernde Facette seiner künstlerischen Persönlichkeit bilden Trashkultur und Porno, denen Koh einen gebührenden Platz auf seiner eigenen Homepage einräumt. Kurze Videoclips vom küssenden Künstler sind hier ebenso zu finden wie Schnappschuss-Fotografien männlicher Genitalien, aber auch unschuldige Zeichnungen, Skizzen, kurz notierte Sätze. Im Gegensatz zu anderen Kollegen, die ihre Webpräsenz gern für eine umfassende, gut sortierte Werkschau nutzen, ist sie Terence Koh selbst Plattform des künstlerischen Selbstverständnisses. Eine gefühlte Nähe zur Person kann dabei durchaus geplant sein – was sich hinter der schillernden Oberfläche verbirgt, bleibt dennoch Geheimnis des Künstlers.