Die junge Künstlerin Haris Epaminonda präsentiert sieben Filme in der Schirn. Und lädt den Besucher ein, seinen Gedanken und Assoziationen freien Lauf zu lassen.

Haris Epaminonda, geboren 1980, zählt zu den jungen aufstrebenden Künstlerinnen – ihr Weg weist bereits beeindruckende Stationen auf: Sie bespielte den Pavillon ihres Heimatlandes Zypern auf der Biennale in Venedig, war auf der Berlinale zu sehen und in der Level 2 Gallery der Tate Modern in London. Auch in bedeutenden Gruppenausstellungen war Epaminonda vertreten, so beispielsweise im New Museum in New York. Die junge Künstlerin stach mit ihren Arbeiten hervor – und Kuratorin Katharina Dohm, die aufmerksam Weg und Werk von Epaminonda verfolgte, fühlte sich in ihrem Wunsch bestätigt, eine Ausstellung in der Schirn zu verwirklichen. Nach der Ausstellung in Frankfurt werden Epaminondas Arbeiten Ende 2011 in New York und 2012 im Kunsthaus Basel zu sehen sein.

Die sieben Filme, die in der Schirn zu sehen sind, haben eine außergewöhnliche Wirkung auf den Betrachter. Der Grund für die Ruhe, die den Betrachter in der Ausstellung erfasst, ist allerdings nicht nur in den Filmen selbst zu suchen. Die labyrinthische Ausstellungsarchitektur und die musikalische Untermalung sind ebenso wichtige Bestandteile der Gesamtwirkung. Die Künstlerin hat in Zusammenarbeit mit Kuratorin Katharina Dohm den zur Verfügung stehenden Ausstellungsraum umfassend neu gestaltet. So betritt der Besucher eine Welt, in der jedes noch so kleine Detail den Vorstellungen der Künstlerin entspricht.

Einzig und alleine die Videoprojektionen durchbrechen die nahezu totale Dunkelheit, durch die sich der Besucher bewegt. Die in der Ausstellung allgegenwärtige Musik wurde von dem französisch-britischen Experimentalduo „Part Wild Horses Mane On Both Sides“ in enger Kooperation mit der Künstlerin speziell für dieses Projekt komponiert. Auch die Anordnung der Videoprojektionen innerhalb des dunklen Labyrinths ist von Epaminonda exakt durchdacht. Gegenüberstellungen, Blickachsen und Filmmotive entsprechen einem übergeordneten Konzept und fordern den Betrachter auf, Zusammenhänge zu entwickeln. Durch den großen Einfluss der Künstlerin auf jedes Detail der Präsentation entsteht die Wirkung einer Rauminstallation, in der auch abseits der eigentlichen Filme jeder Bestandteil einen Beitrag zu der konzentrierten und harmonischen Atmosphäre leistet.

Die Filme konfrontieren den Betrachter mit einer diffusen Vergangenheit, denn die Ästhetik der Projektionen ist von der Super-8-Kamera geprägt, mit der Epaminonda die Aufnahmen gemacht hat. Es sind collagenhafte Filme, die in ruhiger und poetischer Weise eine Vielfalt an Motiven zeigen: antik anmutende Skulpturen, japanische Vasen, Sonnenuntergänge, Wasserfälle und klassische Architekturen. Die Farbe und die grobe Körnung der Filme erinnern zwangsläufig an die 1960er- und 70er-Jahre – doch die Aufnahmen sind keineswegs historisch, sondern vor kurzer Zeit entstanden. Die Motive selbst verweigern sich jeglicher zeitlicher Einordnung – einzig der Betrachter selbst versucht, geographische und zeitliche Einordnungen vorzunehmen. Dabei fließt unterbewusst ebenso viel subjektive Information des Betrachters in die Rezeption der Filme ein, wie die Filme selbst bereit sind anzubieten. Und immer wieder brechen die Filme mit der Erwartung des Zuschauers – mit Schnitten und Motiven, die den zuvor erkannten Zusammenhang sprengen.

Die Filme von Epaminonda verlangen Aufmerksamkeit – durch die langsame Erzählweise, aber auch durch Zusammenhänge, die nicht im Vorbeigehen zu entschlüsseln sind. Doch auch ohne den Schlüssel zu Epaminondas Filmen bleibt eines nach dem Besuch der Ausstellung bestehen: Die fast meditative Ruhe, mit der sich die Filme, der Raum und die Musik über die Gedanken des Besuchers legen.