Anlässlich der Ausstellung über die bedeutende finnische Künstlerin Helene Schjerfbeck (ab 2. Oktober 2014) stellt die Schirn Kunsthalle Frankfurt mit dem Digitorial ein neues digitales Vermittlungsformat vor. Ein Interview mit Direktor Max Hollein

Mit dem Digitorial starten die Schirn Kunsthalle Frankfurt, das Städel Museum und die Liebieghaus Skulpturensammlung ein völlig neues digitales Vermittlungsangebot: Auf einer responsiven Website werden wissenswerte Hintergründe, kunst- und kulturhistorischer Kontext sowie wesentliche Ausstellungsinhalte mit einem innovativen Storytelling für Besucher, die sich inhaltlich auf den Besuch vorbereiten wollen, leicht zugänglich aufbereitet. Das kostenlose digitale Format in deutscher und englischer Sprache ermöglicht es dem Publikum, sich bereits vor dem Besuch auf die Themen der Ausstellung einzustimmen. Hierfür präsentiert das Digitorial aufschlussreiche Informationen, übergreifende Zusammenhänge und Hintergrundgeschichten in neuartiger Visualität gebündelt auf einer Website. Die multimediale Verschränkung von Bild, Ton und Text schafft eine multiple Vernetzung der Inhalte und öffnet völlig neue Wege der Darstellung, Erzählung und Vermittlung von Kunst -- ob zu Hause, im Café oder auf dem Weg zur Ausstellung. Das erste Digitorial ist anlässlich der Ausstellung "Helene Schjerfbeck" entstanden, die ab dem 2. Oktober 2014 in der Schirn Kunsthalle Frankfurt gezeigt wird. Das Digitorial ist ab sofort unentgeltlich auf der Website www.schirn.de/schjerfbeck abrufbar.

Schirn Magazin: Was ist Ihr Anspruch an das neue Format des Digitorial?

Max Hollein: Wir wollen damit zuallererst einen Service bieten -- für unsere Besucher, vor allem für diejenigen, die sich schon vor dem Ausstellungsbesuch etwas vorbereiten wollen. So wie man sich ja auch auf andere Ereignisse inhaltlich einstimmt, sei es dass man für ein Fußballspiel die Aufstellung studiert und Interviews mit den Spielern und dem Trainer liest oder sich vor dem Opernbesuch die Handlung des Stücks über das Programmheft nochmals in Erinnerung ruft. Ob man nun vorab zu Hause auf der Couch, am PC oder Tablet mit dem Digitorial Wissenswertes über die Ausstellung und ihre Themen erfährt oder auf dem Smartphone während der Fahrt in der S-Bahn zu uns, ist natürlich jedem selbst überlassen. Es ist eine ideale Chance zur inhaltlichen Vorabbeschäftigung mit der Ausstellung, um auf diese Weise etwa auch Hintergründe über den kulturhistorischen Kontext zu erfahren. Angekommen in der Schirn können die Besucher dann einen noch interessanteren und aufschlussreicheren Ausstellungsrundgang erleben. Diese Erfahrung wollen wir mit dem zugleich leicht zugänglichen Digitorial für ausgewählte Ausstellungen sowohl in der Schirn, als auch im Städel Museum und der Liebieghaus Skulpturensammlung ermöglichen -- unentgeltlich, für alle die es interessiert. Es ist einfach sinnvoll, wenn man schon mit etwas Basiswissen in unsere Ausstellungen kommt, um dadurch vor Ort einen komplexeren, fundierteren und reicheren Kunstgenuss erleben zu können. Es ist jedoch natürlich nicht unbedingt notwendig. Und wenn man dann die Ausstellung gesehen hat und noch mehr wissen möchte, gibt es den Ausstellungskatalog oder das Begleitheft.

SM: Welchen Stellenwert haben Internet und andere technische Entwicklungen für Sie als Direktor eines Ausstellungshauses?

MH: Für uns sind das alles integrale Bestandteile unseres Ausstellungs- und Vermittlungsangebots. Wir nutzen die neuen technischen Möglichkeiten auf multiple und, wie wir hoffen, auf eine sehr anwenderorientierte Weise. Es entstehen dadurch nicht nur ganz neue Wege der Kommunikation mit unseren Besuchern, wie der Austausch auf den Social Media-Plattformen oder ganz neue und anders aufbereitete Informationen für unsere Besucher in Form von Apps oder Ausstellungsfilmen, sondern auch facettenreiche Einblicke, die wir unseren Besuchern und allen Kunstinteressierten weltweit, beispielsweise auf dem Schirn Magazin geben.

SM: Welche neuen Möglichkeiten für die Kunstvermittlung sehen Sie im digitalen Bereich?

MH: Die On Demand-Verfügbarkeit ist eine wichtige Möglichkeit für uns, unsere Bildungs- und Vermittlungsangebote viel diversifizierter anzubieten und somit alles in allem auch die Anforderungen unsererBesucher gezielter zu lesen und darauf eingehen zu können.

SM: Was hat Sie beim Lesen des Digitorial überrascht? Was haben Sie erfahren, was Sie noch nicht über Helene Schjerfbeck wussten?MH: Ich habe mich natürlich mit dem Werk dieser großen finnischen Künstlerin eingehend befasst, bevor wir die Entscheidung für diese Ausstellung getroffen haben und die Leihgeber davon überzeugen konnten, uns bei der Realisierung zu helfen. Aber dass Helene Schjerfbecks Bilder sogar die gegenwärtige Modeszene in Schweden inspiriert, wie im Digitorial vorgestellt, ist mir zum Beispiel neu. Es zeigt die Bedeutung und die Aktualität dieses kühnen Werkes.