Max Hollein erzählt die Geschichte der SCHIRN: Im dritten und letzten Beitrag erläutert er, wie die SCHIRN mit Ausstellungen von zeitgenössischer Künstlern die aktuellen Debatten in der Kunstszene beeinflusst.

Gerade in den letzten 20 Jahren hat sich die Ausstellungstätigkeit international sehr entwickelt: Es gibt immer mehr Ausstellungen und dadurch auch immer mehr institutionelle Bittsteller, die sich stets an dieselben Museen und Privatsammlungen wenden, um die notwendigen Leihgaben für ihre Projekte zu erhalten.

Die große Zahl der hochkarätigen Leihgaben, welche die SCHIRN für ihre Ausstellungen erhält, ohne dass sie als Kunsthalle dazu imstande wäre, eine Gegenleihgabe in Aussicht zu stellen, sind ein deutliches Zeichen der außerordentlichen Anerkennung und des hohen Vertrauens zahlreicher Institutionen und Privatsammler in die SCHIRN. Es ist deren Großzügigkeit und Unterstützung, die unsere Arbeit möglich macht, die aus einer Idee, aus einem Konzept nach mehrjähriger Vorbereitungszeit eine reale Ausstellung werden lässt.

KÜNSTLER ENTWICKELN PROJEKTE EIGENS FÜR DIE SCHIRN

Im Rahmen der Ausstellungen und Projekte der SCHIRN wurden in den vergangenen Jahren jedoch nicht nur Werke privater und institutioneller Leihgeber aus dem In- und Ausland präsentiert. Viele Arbeiten entstanden auch in direkter Zusammenarbeit mit den Künstlern und wurden eigens für die SCHIRN produziert. Oft ließen sich Künstler von den spezifischen örtlichen Gegebenheiten inspirieren.

Jan de Cock, „Denkmal 7“, 2005. © Jan De Cock

Der wichtige belgische Künstler Jan De Cock, 2005 noch ein Newcomer der Kunstszene, hatte für die SCHIRN seine erste monumentale Arbeit in Deutschland geschaffen: „Denkmal 7" fügte der äußeren Struktur der SCHIRN in Form einer Verbauung neue Elemente hinzu und provozierte den Betrachter, Allzubekanntes und deshalb oft kaum mehr Wahrgenommenes durch den Filter seiner massiven Eingriffe neu zu sehen.

Die türkische Künstlerin Ayqe Erkmen befasste sich ebenfalls mit den architektonischen Strukturen der SCHIRN und ersetzte für ihre Installation durchnässt das Pflaster der Rotunde durch sich ausbreitende schmutzige Wasserpfützen und lehmige Inseln.

In gleißendem Weiß gehalten hingegen war die Ausstellung des chinesisch-kanadischen Shootingstars der internationalen Kunstszene Terence Koh. Unter dem Titel „Captain Buddha" wurde der Besucher anhand von weißen Objekten eingeladen, den Künstler auf eine Reise zu begleiten, die ihn auf der Suche nach sich selbst durch die ganze Welt ins Nirwana führen sollte und doch im Nichts endete.

Terence Koh, „Captain Buddha“, 2008. Foto: Hans-Georg Gaul

Zeitgenössische Kunst wurde in der SCHIRN in jüngster Vergangenheit jedoch nicht nur anhand von Einzelpositionen, sondern vor allem auch im Rahmen von Themenausstellungen zur Diskussion gestellt. So widmete sich die Ausstellung „Die Jugend von heute" der aktuellen künstlerischen Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Lebenswelten junger Menschen.

Das Projekt „Playing the City" bespielte anhand von über 20 Aktionen und Performances den öffentlichen Raum quer durch Frankfurt. Die Ausstellung „Op Art" bot einen opulenten visuellen Parcours durch die künstlerische Beschäftigung mit visueller Wahrnehmung, optischen Effekten und Täuschungen, während die Ausstellung „Nichts" anhand von Installationen, Bildern und Skulpturen Erfahrungen von Leere und Stille transformierte.

Ausstellungsansicht von „Op Art“, 2007. Foto: Norbert Miguletz

VERNETZUNG UND FREUNDE

Nichtsdestotrotz kann ein Programm von dieser Fülle, Qualität und Ausstrahlung nicht mehr ohne die Unterstützung von Partnern aus der Wirtschaft, gemeinnützigen Stiftungen und jedes einzelnen Mitglieds des Vereins der Freunde der SCHIRN KUNSTHALLE realisiert werden. Es sind die Sponsoren und Förderer, die gerade im Fall der SCHIRN gezeigt haben, dass ihnen ein solches Programm wichtig ist -- wichtig, dass es in Frankfurt stattfindet und dass es Auswirkungen weit über die Stadt hinaus zeigt; wichtig, dass es eine Plattform dafür bietet, sich als Good Corporate Citizen über eine Förderung unserer Tätigkeit in die Gemeinschaft einzubringen.

Eine solche Vernetzung und Unterstützungsbasis entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern ist das Resultat einer langjährigen Arbeit, an der viele Förderer und Freunde beteiligt gewesen sind -- vor allem auch der Vorstand, das Kuratorium und die fördernden Mitglieder des Vereins Freunde der SCHIRN. Ohne ihre tatkräftige Hilfe und Vermittlungsarbeit wäre die SCHIRN nicht das, was sie heute ist.

Auch mit neuen Allianzen, mit einer Personalunion des Direktors der SCHIRN, des Städel Museums und der Liebieghaus Skulpturensammlung, mit neuen Partnern und Unterstützern ist eines gewahrt geblieben: die Eigenständigkeit des Programms der SCHIRN KUNSTHALLE und die spezifische Handschrift ihrer Ausstellungen. Das ist die Basis für eine interessante Zukunft der SCHIRN KUNSTHALLE und besonders für ein einzigartiges Ausstellungserlebnis ihrer Besucher.