Der Schweizer Künstler Daniele Buetti entwickelt erstmals, eigens für die SCHIRN, eine Soundinstallation zur hypnotischen "Farbreinigung". Ab 22. Mai in der Rotunde der SCHIRN.

Hypnose als künstlerische Aktion: Daniele Buetti (*1955) lädt die Besucher der Schirn Kunsthalle Frankfurt ab 22. Mai zur gemeinschaftlichen Meditationshypnose. Eigens für die öffentlich zugängliche Rotunde der Schirn hat der renommierte Schweizer Gegenwartskünstler erstmals eine Soundinstallation entwickelt: „It’s all in the mind“. Sie basiert auf einer Audioerfahrung (23 Minuten), in die das Publikum mittels Hypnose unmittelbar eingebunden wird. Im Zentrum der Installation steht eine sogenannte „Farbreinigung“, eine geführte Meditation, die auf Dr. Arno Müller, Professor a.D. für Psychologie an der Fachhochschule Frankfurt, zurückgeht. In der Rotunde der Schirn werden die Besucher, die entspannt auf Kissen liegen können, aufgefordert, sich die Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett zu vergegenwärtigen. Jede Farbe fungiert in dieser Zeremonie als Stellvertreter oder Ding. Das Bewusstmachen der Farben soll von belastenden Gefühlen und negativen Denkmustern befreien. Entscheidend ist die Wirkung, die der hypnotische Sprechakt des Professors – emphatisch und eindrücklich – im Körper der Zuhörer verursacht. Die „Farbreinigung“ soll jedem Einzelnen helfen, seine geistigen und seelischen Ressourcen im Zentrum der Schirn-Rotunde wieder aufzuladen. 

Indem Daniele Buetti die Hypnose in den öffentlichen Raum und in den Kontext eines Kunstwerks überführt, bricht er mit der Intimität, einer Grundvoraussetzung von Hypnosesitzungen. Der Künstler thematisiert zugleich die Faszination, die von hypnotischen Zuständen, bewusstseins¬erweiternden Riten, Esoterik und Spiritualität ausgeht. In Zeiten, in denen sich die Jugend auf sogenannten Holi-Festivals trifft, um Farbexplosionen zu feiern, weitet Daniele Buetti die Frage, wie Farben wirken und was sie bewirken können, künstlerisch aus. Die Besucher und Passanten nehmen nicht nur teil, sondern sind maßgeblicher Bestandteil der Kunstaktion, in der die hypnotische Erfahrung, die Besinnung auf das Innere und die Veränderung der menschlichen Psyche im Vordergrund stehen. Der Raum der Rotunde ist von allen sichtbaren Farben befreit. Ganz im Sinne des Titels vollziehen sich Farbsuggestion und „Farbreinigung“ in den Gedanken der Besucher. Die Grenzen zwischen Happening und ernsthafter Wissenschaft verschwimmen. Seine Installation okkupiert die schutzlose und unbeseelt wirkende Rotunde der Schirn und führt ihr eine neue Bedeutung zu, sie wird zum Ort der Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst.

Der 1955 in Fribourg geborene Daniele Buetti ist einer der wichtigsten Schweizer Gegenwartskünstler mit internationalem Renommee. Er lebt und arbeitet in Zürich, zudem hat er seit 2004 eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste, Kunstakademie Münster inne. Schon seine frühen, an die Züricher Dada-Bewegung erinnernden Aktionen mit dem Titel „Flügelkreuz“ zeugen von einer Form der Energie, die mithilfe künstlerischer Mittel übertragen werden kann. Buetti wurde zum Botschafter seiner selbst geschaffenen Marke „Flügelkreuz“, und er entfaltete es mit vielfältigem Inhalt, ob als Manifest („Das Flügelkreuz tragen [Dir zuliebe]“, 1990) oder als Label für ein Paar verkäufliche Socken („A Man Is His Job“, 1993/94).

Internationale Bekanntheit erlangte der Künstler in den 1990er-Jahren, als er Modefotos aus Werbe-, Mode- und Lifestylemagazinen durch Markennamen oder ornamentale Kritzeleien verfremdete („Looking for Love“ 1994–1998). Die jeweils auf der Rückseite vorgenommenen Eingriffe ließen die Gesichter und Körper der Models auf der Vorderseite vernarbt, verwundet, geschunden und verbrannt aussehen. Die zerstörten Ikonen des Schönheitswahns befinden sich nicht nur im Kanon der Gegenwartskunst, sie erzählen wie kaum andere Bilder von den glaubwürdigen und abhängig machenden Versprechungen einer konsum- und markenorientierten Gesellschaft. Buetti thematisiert die Oberflächlichkeit und Wirkungskraft der Werbeindustrie indem er sich ihrer Ästhetik bedient. Das Interesse an der Aura der Bilder und abgebildeter Personen wie auch seine Beschäftigung mit dem Auratischen in Religion oder Spiritualität sind in seinem gesamten Schaffen zu erkennen.

Ein wesentliches Merkmal von Buettis künstlerischem Werk sind ortsspezifische Performances und Installationen. In New York zeichnete er Passanten für einen Dollar Namen international bekannter Marken wie Apple, Ford, Chrysler, Dior oder Mc Donalds auf die nackte Haut („Good Fellows“, 1994). In Zürich ließ er ein ganzes Museum samt Infrastruktur räumen, verdunkelte Fenster, ließ Farbe, Dreck und Torf von den Wänden laufen und schuf so ein räumliches Gesamtkunstwerk, durch das der Besucher unter Einfluss raumfüllender Klänge schreiten konnte („Auf allen Knien“, 2003).