Im SCHIRN Café startet am 17. März die musikalische Reihe „Blue Notes“ im Rahmen der Miró-Ausstellung mit dem Daniel Stelter-Quartett.

Wie sehr die blauen Bilder Mirós – allen voran sein großes Triptychon "Bleu I, II, III" aus dem Jahr 1961 – zum freien Assoziieren einladen, haben Sie bei einem Ausstellungsbesuch vielleicht schon festgestellt. Wenn nicht, unbedingt ausprobieren! Die Farbe Blau kann so viel hervorrufen: Himmel, Weite, Unendlichkeit. Wasser – ob Karibische See oder Swimmingpool. Sie kann kalt und erfrischend sein oder nobel – als blaublütig gilt bis heute der Adel. Und dessen Pferde.

Wenn wir zur blauen Stunde bereits blau sind, wollen wir am nächsten Tag auch gerne blau machen. Wenn wir im Englischen jedoch „blue“ sind, möchten wir uns gemeinhin zwei Bier mehr als sonst gönnen, um unseren Blues zu ertränken. Blauäugig sollten wir dabei nicht sein, sonst sind die Augenringe am nächsten Morgen tiefblau.

Melancholie und Traurigkeit

Vor allem im Englischen entspringt der Formulierung „feeling blue“ fast schon eine ganze Welt. Wer sich „blue“ fühlt oder von sich behauptet „I've got the blues“, ist traurig, vielleicht sogar depressiv. Die Begrifflichkeiten mit eben diesen Konnotationen hatten sich Ende des 19. Jahrhunderts bereits etabliert, als in der afroamerikanischen Bevölkerung der USA die Bluesmusik entstand.

Auch oder gerade wegen seinem Ursprung (oft stark verallgemeinert: “Blues als die Musik der Sklaven“) hängen dieser Musik bis heute Melancholie und Traurigkeit an. Doch das inhaltliche Spektrum des Blues ist weitaus größer. Zwar handeln die Texte oft von Diskriminierung und Resignation, von unerwiderter Liebe und finanzieller Not, von Heimweh, Einsamkeit oder Untreue. Nicht selten von Religion und Politik und nicht selten von Sex. Die Musik aber ist tanzbar, die Hoffnung schwingt immer mit und nicht selten ist der Blues witzig.

Blue Notes wird ein Denkmal gesetzt

Mit dem Blues kamen die Blue Notes, deren Töne in besonderem Maße den Charakter der Bluesmelodien prägen. Bei den Blue Notes handelt es sich um eine Spiel- und Gesangstechnik, insbesondere um den Gebrauch der Intervalle kleine Terz, kleine Septime und verminderte Quinte. Diese werden in der Ausführung jedoch nicht klein bzw. vermindert gesungen. Sondern die Intonation liegt zwischen kleiner und großer Terz oder kleiner und großer Septime.

1939 wurde diesen Blue Notes ein Denkmal gesetzt. Alfred Lion (später stieß Francis Wolff dazu) gründete in New York das legendäre Plattenlabel "Blue Note Records", das insbesondere in den 1950er und -60er Jahren eines der renommiertesten Jazzlabels weltweit wurde. Unter anderem mit Veröffentlichungen von Miles Davis oder John Coltrane, die Karrieren von Horace Silver oder Herbie Hancock sind auch heute noch eng mit dem Label verbunden. 1965 verkauften Lion und Wolff Blue Note, in den folgenden 20 Jahren wurde es von Major Label zu Major Label weitergereicht, bis 1985 schließlich eine Neugründung unter dem Deckmantel von Capitol Records stattfand.

Kein Ton zu viel

Wenn es nun am 17. März „Blue Notes im Schirn Café“ heißt, ist dies definitiv keine Einladung zum Traurig- oder Melancholisch-sein. Ganz dem Herkunftsland Joan Mirós entsprechend werden Tapas serviert, dazu gibt es gut gelaunten Live-Jazz aus Frankfurt. Am ersten Abend dieser neuen Reihe mit dem Daniel Stelter Quartett.

Daniel Stelter, Copyright the artist

Das Quartett um den Jazzgitarristen Daniel Stelter (auch solo und als Komponist unterwegs) sowie Ulf Kleiner am Klavier, Tommy Baldu am Schlagzeug und Michael Paucker am Bass spielt seit 2008 zusammen und hat sich als deutsche Jazzformation bereits international einen Namen gemacht. Der Sound des Quartetts ist eine Mischung aus klassischer Gitarre, Spuren elektronischer Musik, coolen Beats und einer guten Prise Funk und Soul. Kein Ton zu viel, sehr zurückhaltend und minimalistisch im Klang. Miró hätte es wahrscheinlich gefallen. 2015 veröffentlichte das Quartett bereits seine dritte CD „Little Planets“ nach „Homebrew Songs“ (2009) und „Krikelkrakel“ (2012).

Miró und die Musik

Dass Miró der Musik sehr zugetan war, ja dass sie neben der Wand und der Poesie zu seinen Hauptinspirationsquellen gehörte, können wir im aktuellen SCHIRN Podcast nachhören. Dies zu wissen, öffnet uns – ähnlich wie die blaue Farbe – nicht nur Spielraum für Assoziationen, Miró gibt uns geradezu die Legitimation, seine Bilder musikalisch zu lesen. Die SCHIRN hat am 17. März bis 22 Uhr geöffnet, vielleicht lauschen sie erst dem Daniel Stelter Quartett und suchen dann in der Ausstellung nach der Miró'schen Entsprechung.

Ob allerdings das große Triptychon dem leicht-lockeren Jazz des Daniel Stelter Quartetts entspricht, möchte ich an dieser Stelle bezweifeln. Es sieht doch eher nach einem melancholischen Blues, einer Cellosonate Bachs oder einer Stockhausen-Komposition aus. Mein Tipp: die Leihgabe aus dem Guggenheim, "Malerei (Peinture)" aus dem Jahr 1953. Oder was meinen Sie?